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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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toten braunen Grasbüscheln ein unheimliches Aussehen.
    Dom Corvaisis war nicht direkt zum Motel gefahren, sondern hatte Ginger zu jener besonderen Stelle etwa 200 Meter südlich der Interstate 80 geführt. Die Pflanzen rauschten und knisterten im Wind. Das Eis auf Gras und Beifuss schimmerte fast schwarz.
    Der Schriftsteller stand schweigend ein Stück von ihr entfernt da, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben. Er hatte ihr erklärt, dass er ihre Reaktion auf diesen Ort nicht beeinflussen, ihre ersten Gefühle nicht durch eine Beschreibung seiner eigenen in irgendeiner Weise beeinträchtigen wolle.
    Ginger ging langsam hin und her, wobei sie sich etwas töricht vorkam, so als beteiligte sie sich an einem unausgegorenen Experiment zum Thema >psychisches Wahrnehmungsvermögen< und suchte nach hellseherischen Vibrationen. Aber das änderte sich schlagartig, als sie tatsächlich Vibrationen spürte. Ein sonderbares Unbehagen stieg in ihr auf, und sie bemerkte, dass sie sich unwillkürlich von allen besonders dunklen Vertiefungen fernhielt, so als lauerte dort etwas Bedrohliches. Ihr Herz pochte laut. Aus Unbehagen wurde Angst, und nun wurde ihr Herzschlag immer schneller.
    »Es ist in mir. Es ist in mir.«
    Sie drehte sich rasch nach der Stimme um. Es war Doms Stimme, aber sie war nicht von ihm gekommen. Die Worte waren hinter ihr gesprochen worden. Aber dort war niemand, nur trockener Beifuss und ein dünner Schneefleck, der inmitten der Schatten leuchtete.
    »Was ist los?« fragte Dom und ging auf sie zu.
    Sie hatte sich geirrt. Doms andere Stimme - die gespenstisch klingende Stimme - war nicht von hinten an ihr Ohr gedrungen. Es war eine Stimme in ihr gewesen. Sie hörte jenen anderen Dom wieder, und sie begriff, dass sie ein Erinnerungsfragment hörte, ein Echo aus der Vergangenheit, etwas, das er an jenem Freitagabend, an jenem 6. Juli, zu ihr gesagt hatte - vielleicht, als sie beide auf dieser Stelle gestanden hatten. Der Erinnerungsfetzen war nicht mit irgendwelchen Bildern oder Gerüchen verbunden, denn er gehörte zu den Ereignissen, die hinter der Asrael-Blockierung eingeschlossen waren. Da waren nur jene vier eindringlichen Worte, zweimal hintereinander gesagt: »Es ist in mir. Es ist in mir.«
    Ihre Angst wurde plötzlich übermächtig. Die Landschaft um sie herum schien eine namenlose, aber monströse Bedrohung darzustellen. Sie ging rasch auf den Highway zu, und Dom fragte, was los sei, und sie lief noch schneller und konnte ihm nicht antworten, weil ihr Mund und ihre Kehle mit einer Paste aus Angst verstopft waren. Er rief ihren Namen, und sie begann zu rennen.
    Sie konnte erst wieder sprechen, als sie im Chevrolet saßen, die Türen geschlossen waren, der Motor lief und die Heizung warme Luft in ihr eisiges Gesicht blies. Mit zitternder Stimme erzählte sie Dom von der anonymen Bedrohung, die sie auf jenem ganz gewöhnlich aussehenden Stück Land verspürt hatte.
    Und sie erzählte ihm auch von der Erinnerung an seine eindringliche Stimme, an jene vier Worte.
    »Es ist in mir«, murmelte er nachdenklich. »Sind Sie sicher, dass ich das an jenem Abend zu Ihnen gesagt habe?«
    »Ja.« Ein Schauer überlief sie.
    »Es ist in mir. Was in aller Welt kann ich damit nur gemeint haben?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Ginger. »Aber ich bekomme davon eine Gänsehaut.«
    Nach kurzem Schweigen murmelte Dom: »Ja, ich auch.«
    An diesem Abend hatte Ginger Weiss im Motel fast das Gefühl, als wäre sie auf einem Familienfest wie etwa Thanksgiving.
    Trotz der schwierigen und gefährlichen Situation waren alle gut gelaunt, denn wie in einer richtigen Familie stärkten sie sich gegenseitig. Sie bereiteten zu sechst in der Küche das Abendessen zu, und dabei lernte Ginger die anderen näher kennen und fühlte, wie die Freundschaftsbande zwischen ihnen und ihr stärker wurden.
    Ned Sarver übernahm als professioneller Koch die Zubereitung des Hauptgerichts - im Rohr gebratene Hühnerbrüste in würziger Tomatensauce mit Sauerrahm.
    Anfangs hielt Ginger Ned für einen mürrischen, unfreundlichen Kerl, aber sie änderte rasch ihre Meinung. Schweigsamkeit konnte mitunter Ausdruck einer ausgeglichenen Persönlichkeit sein, die nicht ständig bestätigt zu werden brauchte, und genau das war bei Ned Sarver der Fall. Außerdem musste Ginger einen Mann einfach gern haben, der seine Frau so sehr liebte wie Ned seine Sandy - eine Liebe, die aus jedem seiner Worte und jedem seiner Blicke sprach.
    Sandy, die einzige von

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