Schwarzer Mond: Roman
wieder zwei neue Scheinwerfer näherten. »Aber eins von beidem wird innerhalb der nächsten zehn Minuten bestimmt hier aufkreuzen.«
»Sie wissen, was Sie ihnen zu sagen haben?«
»Jawohl, Sir. Ein LKW auf dem Weg nach Shenkfield hat ein kleines Leck bekommen. Er transportiert sowohl harmlose als auch giftige Stoffe, deshalb ...«
»Colonel!« Lieutenant Horner eilte aus dem Wagoneer auf seinen Vorgesetzten zu. Er war so dick vermummt, dass er unförmig wirkte. »Meldung von Sergeant Fixx aus Shenkfield, Sir. Etwas stimmt im Motel nicht. Er hat seit einer Viertelstunde keine Stimme mehr gehört. Nur ein sehr laut eingestelltes Radio. Er glaubt, dass niemand mehr dort ist.«
»Sind sie wieder in die verdammte Imbissstube gegangen?«
»Nein, Sir. Fixx glaubt, sie seien - weg, Sir.«
»Weg? Wohin?« fragte Leland, ohne eine Antwort abzuwarten. Mit laut klopfendem Herzen rannte er zum Jeep.
Sie hieß Talia Ervy, und sie sah wie Marie Dressler aus, die in den herrlichen alten Filmen mit Wallace Beery die Tugboat Annie gespielt hatte. Talia war sogar noch kräftiger als die alles andere als zierliche Dressler; sie hatte grobe Knochen, ein breites Gesicht, einen großen Mund und ein energisches Kinn. Aber sie kam Parker Faine wunderschön vor, denn sie war bereit, ihn und Vater Wycazik vom Flughafen zum Tranquility Motel zu bringen, und das sogar kostenlos.
»Es macht mir wirklich nichts aus«, sagte sie, und auch ihre Sprechweise ähnelte ein wenig der von Marie Dressler. »Ich hatte ohnehin nichts Besonderes vor, wollte nur nach Hause fahren und mir irgendwas zum Abendessen kochen. Ich bin eine miserable Köchin, und auf diese Weise bleibt mir die Tortur noch etwas erspart. Wenn ich an meinen Braten denke, muss ich gestehen, dass Sie mir direkt einen großen Gefallen erweisen.«
Talia fuhr einen zehn Jahre alten Cadillac, eine riesige Kiste, die mit Winterreifen und Schneeketten ausgerüstet war. Sie behauptete, dieses Auto würde sie bei jedem Wetter überallhin bringen.
Parker nahm auf dem Beifahrersitz Platz, Vater Wycazik im Fond.
Sie waren etwa einen Kilometer gefahren, als im Radio die Meldung über die Sperrung der I-80 westlich von Elko wegen einer eventuellen Giftpanne durchgegeben wurde.
»Diese verfluchten hirnlosen Idioten!« schimpfte Talia laut. »Man sollte doch wirklich meinen, dass sie mit diesem gefährlichen Zeug so behutsam umgehen müssten wie mit Babies in Glaswiegen, aber die Schweinerei passiert jetzt schon zum zweitenmal innerhalb von zwei Jahren!«
Weder Parker noch Vater Wycazik brachten ein Wort heraus. Sie wussten beide, dass ihre schlimmsten Befürchtungen in bezug auf ihre Freunde sich nunmehr bestätigten.
»Nun, meine Herren, was machen wir jetzt?«
»Gibt es hier jemanden, der Wagen vermietet?« fragte Parker. »Wir brauchen einen mit Vierradantrieb, einen Jeep oder so was.«
»Es gibt einen Jeephändler«, erwiderte Talia.
»Könnten Sie uns hinbringen?«
»Mein guter alter Schlitten und ich, wir können Sie, wie gesagt, überallhin bringen, und wenn es noch so große Flocken schneien sollte!«
Der Verkäufer im Autohaus, Felix Schellenhof, war weder so lebensfroh noch so entgegenkommend wie Talia. Er trug einen grauen Anzug, eine graue Krawatte und eine hellgraues Hemd, und er redete auch mit einer gleichsam grauen -eintönigen Stimme.
Nein, erklärte er Parker, sie vermieteten keine Fahrzeuge.
O ja, sie hätten welche zu verkaufen.
Nein, in zwanzig Minuten lasse sich kein Geschäft abwickeln. Sogar mit einem Scheck ginge es nicht so schnell, weil Parker nicht in diesem Staat lebe.
»Keine Schecks«, sagte Parker.
Schellenhofs graue Augen leuchteten bei der Aussicht auf Bargeld etwas auf. Als Parker aber sagte: »Ich bezahle mit meiner American Express Gold Card«, wirkte er nur noch leicht amüsiert. Sie akzeptierten American Express als Zahlungsmittel für Zubehör und Reparaturen, aber einen ganzen Wagen mit einer Plastikkarte bezahlen zu wollen -das sei hier noch nie vorgekommen.
»Für diese Karte ist, was den Betrag angeht, nach oben keine Grenze gesetzt«, wandte Parker ein. »Hören Sie, ich habe in einer Pariser Galerie einmal zufällig ein herrliches Ölgemälde von Dali gefunden, und sie haben dort meine American Express Gold Card ohne weiteres akzeptiert.«
Schellenhof versuchte daraufhin nur, ihn auf diplomatische Weise abzuwimmeln.
»Um Himmels willen, Mann, bewegen Sie endlich mal Ihren lahmen Arsch!« brüllte Vater Wycazik mit zornrotem Kopf
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