Schwarzer Mond: Roman
gewalttätigen Mann erforderlich machte. Er hatte beschlossen, Falkirk mit der Kühle und dem widerwilligen Respekt zu behandeln, die ein Paranoiker mit der eisernen Selbstdisziplin des Colonels noch am ehesten verstehen würde. Ein kameradschaftlicher Umgangston oder Schmeicheleien wären bei einem solchen Mann völlig verkehrt gewesen, weil er dann sofort geargwöhnt hätte, man hätte etwas zu verbergen. Höfliche Arroganz war das bestmögliche Verhalten ihm gegenüber.
Aber jetzt befand sich Miles völlig in Falkirks Gewalt; er war tief unter der Erde eingesperrt und den krankhaft verzerrten Ansichten des Colonels über Schuld und Unschuld gnadenlos ausgesetzt. Miles war zutiefst beunruhigt.
Der Armeepsychologe, der die Beurteilung geschrieben hatte, war offensichtlich kein erstklassiger Fachmann gewesen; aber obwohl er den Colonel für hervorragend geeignet für die DERO-Elitetruppe eingeschätzt hatte, waren ihm doch gewisse Eigenheiten Falkirks aufgefallen, die Miles - der auch zwischen den Zeilen zu lesen verstand - verstörten.
Erstens: Leland Falkirks Angst und Abscheu vor jeder Art von Religion. Weil aber die Liebe zu Gott und zum Vaterland für eine militärische Karriere von großem Vorteil waren, versuchte Falkirk seine antireligiösen Ressentiments zu verbergen, die vermutlich von einer schwierigen Kindheit in einer Familie von Fanatikern herrührten.
Miles Bennell war sich bewusst, dass dieser Aspekt von Falkirks Charakter besonders problematisch war, denn ihr Forschungsprojekt hatte eine Vielzahl mystischer Aspekte, und diese religiösen Assoziationen würden beim Colonel unweigerlich negative Reaktionen auslösen.
Zweitens: Leland Falkirk hatte eine Obsession für Kontrolle.
Er musste seine ganze Umgebung beherrschen. Dieses krankhafte Bedürfnis, die Außenwelt unter seine Kontrolle zu bekommen, war eine Übertragung seines ständigen inneren Kampfes, seine eigenen Wutanfälle und paranoiden Ängste unter Kontrolle zu halten.
Miles Bennell erschauerte, wenn er an die ständige kolossale Nervenanspannung dachte, die für den Colonel mit seinem gegenwärtigen Auftrag verbunden sein musste, denn das, was hier in Thunder Hill verborgen war, ließ sich niemals unter Kontrolle bringen. Diese Erkenntnis konnte bei Falkirk zu einem harmlosen Nervenzusammenbruch führen - oder aber zu einem explosionsartigen Ausbruch psychotischen Zornes.
Drittens: Leland Falkirk litt unter leichter, aber chronischer Klaustrophobie, die sich an unterirdischen Orten am stärksten bemerkbar machte. Diese Angst hatte ihren Ursprung vermutlich in seiner Kindheit, als seine Eltern ihm ständig gedroht hatten, er würde eines Tages unweigerlich in der Hölle landen.
Falkirk, der sich unter der Erde unbehaglich fühlte, würde natürlich automatisch jedem misstrauen, der längere Zeit an einem Ort wie Thunder Hill leben konnte. Rückblickend wurde es Miles erschreckend klar, dass das wachsende paranoide Misstrauen des Colonels gegen alle, die an diesem Projekt mitarbeiteten, von Anfang an abzusehen gewesen war.
Viertens - und das war am schlimmsten: Leland Falkirk war ein Masochist. Er stellte seine physische Widerstandskraft und seine Fähigkeiten, Schmerzen zu ertragen, immer wieder auf die Probe, unter dem Vorwand, diese Prüfsteine seien zur Aufrechterhaltung des hohen Grades von Fitness und Reaktionsvermögen erforderlich, die von einem DERO-Offizier verlangt würden. Sein schmutziges kleines Geheimnis, das er sogar vor sich selbst zu verbergen suchte, war aber, dass er die Leiden genoss.
Dieser Aspekt von Falkirks Charakter beunruhigte Miles am allermeisten. Weil der Colonel Schmerzen liebte, würde es ihm nichts ausmachen, zusammen mit allen anderen in Thunder Hill zu leiden, falls er zu dem Schluss kam, dass dieses Leiden für die Erlösung der Welt notwendig war. Möglicherweise würde er die Aussicht auf den Tod geradezu genießen.
Miles Bennell saß ratlos im Dunkeln.
Aber es war nicht einmal sein eigener Tod oder der Tod seiner Kollegen, der ihn am meisten ängstigte. Viel schlimmer war die Befürchtung, dass Falkirk nicht nur alle am Projekt Beteiligten vernichten würde, sondern auch das Projekt selbst. Wenn er das täte, brächte er die Menschheit um die bedeutendste Nachricht der gesamten Geschichte. Und er würde die Menschheit auch um die beste -und vielleicht einzige -Chance für Frieden, Unsterblichkeit und Transzendenz bringen.
Leland Falkirk stand in der Küche der Blocks und blickte auf das
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