Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
vierzig Prozent, zahlte alle Schulden ab und ließ die Kirche reparieren. Nach fünf Jahren war auch das Pfarrhaus von Grund auf renoviert. Nach sieben Jahren hatte die Zahl der Gottesdienstbesucher sich verdoppelt, und der Grundstein für eine Schule war gelegt worden. In Anerkennung von Vater Wycaziks unermüdlichen Einsatz zum Wohle der heiligen Kirche verlieh der Kardinal in der letzten Woche seines Lebens Stefan das begehrte Amt eines ständigen Vorstehers, was ihm auf Lebenszeit die Stelle als Pfarrer garantierte, nachdem es sein persönliches Verdienst gewesen war, diese Gemeinde sowohl vor dem geistlichen als auch vor dem finanziellen Ruin bewahrt zu haben.
    Aufgrund seines eigenen felsenfesten Glaubens fiel es Vater Wycazik sehr schwer nachzuvollziehen, wie Brendan Cronin bei der Frühmesse am vergangenen Sonntag seinen Glauben so total hatte verlieren können, dass er sich dazu hinreißen ließ, in seiner Rage und Verzweiflung den Kelch über den Altar hinweg zu schleudern, und das vor den Augen von fast hundert Gläubigen. Du lieber Gott! Aber immerhin war es noch ein wahres Glück, dass es nicht bei einer der drei späteren - besser besuchten Messen passiert war.
    Als Brendan Cronin vor etwa anderthalb Jahren der Pfarrei St. Bette zugeteilt worden war, hatte Vater Wycazik anfangs große Vorurteile gegen ihn gehegt.
    Zum einen hatte Cronin am North American College in Rom studiert, der angesehensten theologischen Ausbildungsstätte der Welt. Aber obwohl es als große Ehre galt, dort zugelassen zu werden, und obwohl die Absolventen als Creme der Priesterschaft angesehen wurden, waren sie häufig verwöhnte Jüngelchen mit einer viel zu hohen Meinung von sich selbst und einer ausgeprägten Abneigung gegen jede Art von praktischer Arbeit.
    Kindern Katechismusunterricht zu erteilen, empfanden sie als unter ihrer Würde, als Vergeudung ihrer hohen Geistesgaben.
    Und schier unzumutbar fanden sie es, nach der glanzvollen Zeit in Rom Häftlinge im Gefängnis besuchen zu müssen.
    Hinzu kam auch noch, dass Vater Cronin fett war. Nun ja, fett war etwas übertrieben, aber er hatte beträchtliches Übergewicht, und das weiche, runde Gesicht mit den grünen Augen erweckte auf den ersten Blick den Eindruck, als sei der Mann faul und träge. Vater Wycazik selbst war ein grobknochiger Pole, in dessen Familie es keinen dicken Mann gab. Die Wycaziks stammten von polnischen Bergleuten ab, die um die Jahrhundertwende in die USA emigriert waren und dort in Stahlwerken, Steinbrüchen und im Baugewerbe anstrengende körperliche Arbeit verrichtet hatten, um ihre großen Familien ernähren zu können, und die deshalb auch nie Fett angesetzt hatten. Stefan hatte unterbewusst ihre Einstellung übernommen, dass ein richtiger Mann kräftig, aber schlank sein musste, mit breiten Schultern und von harter Arbeit gestählten Muskeln.
    Zu Vater Wycaziks großer Überraschung hatte Brendan Cronin sich jedoch als richtiges Arbeitspferd erwiesen. Er war trotz seines Romaufenthalts nicht elitär geprägt und kein bisschen eingebildet. Er war klug, gutmütig und amüsant, und er war mit freudigem Eifer bei der Sache, ob es nun darum ging, Häftlinge zu besuchen, Kinder zu unterrichten oder Geldmittel aufzutreiben. Er war der beste Kaplan, den Vater Wycazik in all den 18 Jahren gehabt hatte.
    Gerade deshalb war Brendans Wutausbruch vom Sonntag - und der Glaubensverlust, der zu dieser Katastrophe geführt hatte - für Stefan Wycazik so unverständlich und bestürzend.
    Andererseits reizte ihn aber die Herausforderung, Brendan Cronin wieder in die Herde zurückzubringen. Er hatte seine kirchliche Laufbahn als starke rechte Hand für Priester begonnen, die irgendwelche Probleme hatten, und nun fiel ihm diese Rolle wieder einmal zu, und das erinnerte ihn an seine Jugend und erfüllte ihn mit ungeheurer Tatkraft.
    Er trank gerade wieder einen Schluck Kaffee, als es an der Bürotür klopfte. Er warf einen Blick auf die Kaminuhr aus Goldbronze mit Mahagoniintarsien und einem erstklassigen Schweizer Uhrwerk. Dieses Geschenk eines Gemeindemitglieds war der einzige elegante Gegenstand in einem Raum, der ansonsten rein zweckmäßig eingerichtet war, mit Möbeln, die nicht zueinander passten, und mit einem fadenscheinigen imitierten Perserteppich. Auf der Uhr war es halb neun, und Stefan rief: »Kommen Sie herein, Brendan.«
    Vater Brendan Cronin sah, als er das Pfarrbüro betrat, noch genauso verstört aus wie am Sonntag, Montag, Dienstag und Mittwoch, als

Weitere Kostenlose Bücher