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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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so, als wären Sie der reinste Dr. Jekyll und Mr. Hyde - oder vielmehr Mrs. Hyde -, und das sind Sie ganz bestimmt nicht. Bisher haben Sie noch niemanden mit einem Stock totgeschlagen - oder, Mrs. Hyde?«
    Ginger schüttelte lachend den Kopf. »Sie sind einfach großartig, Rita.«
    »Also abgemacht. Sie wären für diese Organisation so sehr von Nutzen.«
    Für Rita waren Gingers Probleme eine neue Aufgabe, der sie sich mit ihrer üblichen Tatkraft widmete. Sie hatte -bildlich gesprochen -die Ärmel hochgekrempelt, fest entschlossen, der jungen Frau bei der Bewältigung ihrer Krise bis hin zur völligen Genesung behilflich zu sein, und nichts auf der Welt würde sie davon abhalten können. Ginger war gerührt über Ritas Fürsorge und zutiefst deprimiert, dass sie dieser Fürsorge bedurfte.
    Ihr Mercedes war der dritte Wagen in der Schlange, als sie an einer Verkehrsampel anhalten mussten. Sie waren auf allen Seiten von anderen PKWs, von LKWs, Bussen, Taxis und Lieferwagen eingekeilt. Obwohl der Verkehrslärm durch die Scheiben etwas gedämpft wurde, ging ein besonders dröhnendes Motorengeräusch Ginger auf die Nerven, und sie warf einen Blick aus dem Seitenfenster, um den Störenfried auszumachen. Es handelte sich um ein schweres Motorrad. Der Fahrer drehte gerade in diesem Moment den Kopf in ihre Richtung, aber sie konnte sein Gesicht nicht sehen. Er trug einen Helm mit dunkel getöntem Visier, das ihm bis zum Kinn reichte.
    Zum erstenmal seit zehn Tagen hüllte der Nebel der Amnesie Ginger ein, diesmal noch viel schneller als beim Anblick der schwarzen Handschuhe, des Ophthalmoskops und des strudelnden Wassers im Ablauf. Sie sah das glänzende Visier, das alle Konturen verbarg, und ihr blieb vor Schreck fast das Herz stehen. Sie schnappte entsetzt nach Luft und wurde von einer riesigen Panikwelle hinweggeschwemmt.
    Als erstes nahm Ginger das Hupen wahr. PKW-Hupen, Bushupen, LKW-Hupen. Manche kamen ihr wie hohes Quieken von Tieren vor, andere wiederum erschienen ihr tief und bedrohlich.
    Sie heulten, bellten, brüllten, blökten, kreischten.
    Ginger schlug ihre Augen auf. Sie konnte wieder klar sehen.
    Sie war immer noch im Auto. Die Kreuzung lag immer noch vor ihnen, obwohl offensichtlich einige Minuten vergangen waren und die Wagen vor ihnen weitergefahren waren. Mit laufendem Motor, den Schalthebel im Leerlauf, stand der Mercedes etwa drei Meter näher am Zebrastreifen und ragte dabei etwas in die Nebenfahrbahn hinein, was die Ursache für  das Hupkonzert war.
    Ginger hörte sich wimmern.
    Rita Hannaby hatte sich weit über die Konsole zwischen Fahrer-und Beifahrersitz gebeugt und hielt Gingers Hände fest umklammert -mit eisernem Griff. »Ginger? Sind Sie wieder bei sich? Ist alles in Ordnung? Ginger?«
    Blut. Nach den grellen Hupen, nach Ritas Stimme nahm Ginger das Blut wahr. Rote Flecken auf ihren lindgrünen Rock. Ein dunkler Fleck auf dem Ärmel ihrer Kostümjacke. Und ihre Hände waren blutig, auch Ritas Hände.
    »O mein Gott!« flüsterte Ginger.
    »Ginger, hören Sie mich? Sind Sie bei Bewusstsein? Ginger?«
    Einer von Ritas manikürten Nägeln war abgebrochen; nur ein gesplittertes Stück ragte ausgezackt über dem Nagelbett hervor.
    Tiefe Kratzer auf ihren Fingern; Handrücken und Handflächen bluteten stark, und soweit Ginger es beurteilen konnte, stammten auch die Flecken auf ihrem Rock und Jackett von Ritas Blut, nicht von ihrem eigenen. Auch die Ärmelaufschläge von Ritas grauem Kostüm waren blutverschmiert. »Ginger, so sagen Sie doch etwas!«
    Immer noch dröhnten die Hupen.
    Ginger blickte hoch und sah, dass Ritas perfekt frisierte Haare völlig in Unordnung waren. Eine fünf Zentimeter lange Kratzwunde war auf ihrer linken Wange zu sehen, und Blut vermischt mit ihrem Make-up - lief das Kinn hinab.
    »Sie sind wieder da!« stellte Rita erleichtert fest und ließ Gingers Hände los.
    »Was habe ich nur getan?«
    »Nichts Schlimmes. Es sind nur Kratzer, weiter nichts. Sie hatten einen Anfall, gerieten in Panik, wollten aus dem Auto springen. Ich musste Sie daran hindern. Sie hätten draußen überfahren werden können.«
    Ein Autofahrer, der um den Mercedes herumfahren musste, brüllte ihnen wütend etwas zu.
    »Ich habe Sie verletzt«, murmelte Ginger. Der Gedanke, dasssie gewalttätig geworden war, verursachte ihr Übelkeit.
    Andere Autofahrer hupten mit wachsender Ungeduld, aber Rita ignorierte sie. Sie nahm wieder Gingers Hände, diesmal nicht, um sie festzuhalten, sondern um die junge

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