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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Imbissstube. Ihm schoss flüchtig durch den Kopf, dass sein römisches Kollar -das er ja zur Zeit nicht trug -ihm jetzt vielleicht als eine Art Schutzschild hätte dienen können. Andererseits würden aber verkommene Subjekte wie diese einen Priester höchstwahrscheinlich genauso hemmungslos umbringen wie einen Polizisten. In seiner normalen Straßenkleidung war er jedenfalls der gleichen Gefahr ausgesetzt, wie jeder andere es an seiner Stelle gewesen wäre, aber das war ihm vollkommen egal. Er kochte vor Wut. Wut, weil Gott nicht existierte, oder weil er falls er doch existieren sollte - sich um nichts kümmerte.
    Im Hintergrund der kleinen Imbissstube befand sich eine Theke, dahinter ein Grill und andere Geräte. Vor der Theke gab es fünf kleine Tische und zehn Stühle; die meisten davon waren umgekippt. Auf dem Boden lagen Servietten, Ketchup-und Senfbehälter, Ein- und Fünfdollarscheine -und Winton Tolk in einer großen Blutlache.
    Ohne nachzusehen, ob sich hinter den umgestürzten Tischen ein weiterer Gangster versteckt hielt, kniete Brendan neben dem Polizisten nieder. Winton war zweimal in die Brust getroffen worden. Nicht von der Schrotflinte. Vermutlich mit dem Revolver des weißen Räubers. Die Verletzungen waren grauenvoll, und Brendan begriff sogleich, dass eine Arterienpresse oder sonstige Erste-Hilfe-Maßnahmen in diesem Fall nichts ausrichten konnten. Wintons Brust war blutüberströmt, und Blut sickerte auch aus seinem Mund. Die Blutlache, in der er lag, war so groß, dass er darin zu schwimmen schien. Er lag mit geschlossenen Augen regungslos da, bewusstlos oder tot.
    »Winton?« rief Brendan.
    Der Polizist zeigte keinerlei Reaktion. Nicht einmal seine Lider zuckten.
    Erfüllt von wilder Rage wie damals, als er den Messkelch gegen die Wand geschleudert hatte, legte Brendan Cronin behutsam beide Hände auf Wintons Hals und tastete nach den Halsschlagadern. Er konnte keinen Pulsschlag feststellen, und vor seinem geistigen Auge tauchten wieder die Fotos von Raynella und den Kindern der Tolks auf, und sein Groll über die Gleichgültigkeit des Universums erreichte den Siedepunkt.
    »Er darf nicht sterben!« sagte Brendan zornig vor sich hin. »Er darf nicht sterben!«
    Plötzlich glaubte er, unter seinen Fingerspitzen einen kaum merklichen Puls zu spüren. Er bewegte seine Hände ein wenig, suchte eine Bestätigung dafür, dass Tolk noch am Leben war. Er fand sie: Der Pulsschlag war geringfügig stärker geworden, wenngleich immer noch sehr unregelmäßig.
    »Ist er tot?« Brendan blickte hoch und sah einen Mann hinter der Theke hervorkommen, einen Spanier in weißer Schürze, den Besitzer oder einen Angestellten. Auch eine Frau, ebenfalls in weißer Schürze, tauchte hinter der Theke auf.
    Aus der Ferne waren Sirenen zu hören.
    Winton Tolks Puls schien sich unter Brendans Händen zu stabilisieren, was aber gewiss nur eine Sinnestäuschung war. Winton hatte zuviel Blut verloren, als dass plötzlich eine Besserung seines Zustandes möglich gewesen wäre. Bis die Notärzte mit ihren lebenserhaltenden Geräten eintreffen würden, konnten seine Überlebenschancen sich nur immer weiter verschlechtern, und selbst die intensivste medizinische Versorgung dürfte kaum viel ausrichten können.
    Die Sirenen waren nur noch etwa zwei Blocks entfernt.
    Durch die zersplitterten Fenster wurde Schnee in die Imbissstube geweht.
    Die Angestellten trauten sich etwas näher heran.
    Mit tiefem Grauen, aber gleichzeitig immer noch erfüllt von rasendem Zorn über die launische Brutalität des Schicksals, ließ Brendan seine Hände zu den schrecklichen Wunden in Wintons Brust hinabgleiten. Als er sah, wie das Blut zwischen seinen Fingern hindurchsickerte, trat ein Gefühl grenzenloser Hilflosigkeit und Ohnmacht an die Stelle der Wut, und er begann zu weinen.
    Winton Tolk würgte. Hustete. Schlug seine Augen auf. Sein Atem ging schwach und röchelnd, und er gab ein leises Stöhnen von sich.
    Zutiefst erstaunt, fühlte Brendan ihm wieder den Puls am Hals. Er war schwach, aber bei weitem nicht mehr so schwach wie zuvor und fast regelmäßig.
    Mit lauter Stimme, um die kreischenden Sirenen zu übertönen, die nun schon ganz nahe waren, rief Brendan: »Winton? Winton, hören Sie mich?«
    Der Polizist schien ihn nicht zu erkennen; offensichtlich wusste er nicht einmal, wo er war. Er hustete wieder und würgte noch stärker.
    Brendan hob Tolks Kopf rasch etwas an und drehte ihn zur Seite, damit Blut und Schleim leichter aus seinem

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