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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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sie verlor, war sie unwiderruflich weg.
    Ich stopfte mir im Laufen den Taser in die Jackentasche und fingerte nach dem Airwave. Nach ein paar vergeblichen Versuchen, es anzuschalten, erinnerte ich mich, dass ich vergessen hatte, die Akkus wieder einzusetzen. Dann ging der Bleichen Lady die Rennstrecke aus   – die Savile Row endete abrupt in der Vigo Street. Sie hastete nach links in Richtung Regent Street und Soho. Während ich ihr um die Ecke folgte, glitt mir das Airwave aus der Hand und schlitterte unter ein geparktes Auto.
    Die Vigo Street ist eigentlich nur eine bessere Gasse   – ein schmales, von Cafés und Bistros gesäumtes Sträßchen, das die Savile Row mit der Regent Street verbindet. Um diese Uhrzeit schlossen die Restaurants gerade, und die Bleiche Lady flitzte im Slalom um die Nachtschwärmer herum, wahrscheinlich deshalb, weil es sie noch mehr aufgehalten hätte, sie über den Haufen zu rennen. Es gelang mir, mein Handy aus der Tasche zu zerren. Wie jeder Polizist unter vierzig habe ich die Durchwahl zum internen Polizeinotruf per Kurzwahltaste gespeichert   – da wird man ohne das ganze »Um was für eine Art von Notfall handelt es sich?«-Brimborium direkt in die Zentrale geschaltet.
    Wenn man im starken Regen auf einer schmalen Straße hinter einer Verdächtigen herrennt, ist es praktisch unmöglich, einen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung zu hören, daher wartete ich einfach ein paar Sekunden und keuchte dann atemlos meinen Namen, meine Position und die Beschreibung meiner Zielperson heraus. Eine fliehende Zielperson im Auge zu behalten ist nicht so leicht, stellte ich fest, wenn man erstens telefoniert und diese zweitens gerade über eine Hauptverkehrsstraße stürmt, ohne auf Grün zu warten.
    Auf der Regent Street wälzte sich ein langsam fließender Strom aus nassem Metall dahin, trotzdem dachte ich, sie würde es tatsächlich schaffen, aber da kam mir dieser Typ im weißen Ford Transit zu Hilfe und erwischte sie mit seiner Motorhaube. Mit einem dünnen Wutschrei prallte sie gegen den Kofferraum des Citroën davor und machte sich taumelnd in Richtung der Einmündung Glasshouse Street davon.
    Zum Glück für mich kam der chromblitzende Strom auf dem Riff potenzieller Versicherungsforderungen zum Halten, und als ich ihr über die Straße folgte, stand bereits alles still. Ich war jetzt nur noch knapp fünf Meter hinter ihr, also zog ich den Taser heraus und versuchte mich zu erinnern, wie groß seine wirksame Höchstschussweite war. Mir wurde jetzt auch klar, wohin sie unterwegs war. Zwanzig Meter weiter zweigte die Brewer Street von der Glasshouse Street ab. Die Lady war auf dem Weg zurück in den Club.
    Und dann hängte sie mich einfach ab. Ich bin jung, ich bin einigermaßen fit, und in der Schule bin ich regelmäßig Langstrecken gelaufen. Aber sie ließ mich stehen wie denKlassenkloß beim Schulsporttag. An der Ecke Glasshouse-Brewer musste ich anhalten, stützte die Hände auf die Knie und rang nach Luft. Die Hardcore-Raucher auf dem Bürgersteig vor dem Glassblower Pub johlten mir spöttisch zu. Ihr Arschlöcher, dachte ich. Euch möchte ich mal sehen, wie
ihr
versucht sie einzuholen.
    In der Ferne waren Sirenen zu hören, und als ich aufsah, kam sie mir wieder entgegengerannt. Hinter ihr tanzten die Blaulichter von mindestens zwei Einsatzwagen. Als sie sah, dass ich auf sie wartete, warf sie mir einen Blick zu   – weder hasserfüllt noch ängstlich, sondern irgendwie überdrüssig und angeekelt. Als wäre ich ein besonders penetranter Gestank. Ich war leicht beleidigt, deshalb schoss ich ihr mit dem Taser in die Brust.
    Die Metropolitan Police benutzt das Modell X26 einer Firma mit dem kreativen Namen Taser International Company. Es feuert mit Hilfe einer komprimierten Stickstoffladung zwei Metallstifte in die verdächtige Person ab, die dieser sodann einen Fünfzigtausend-Volt-Schlag versetzen. Die Folge ist ein Ausfall der neuromuskulären Vorgänge, und die Person stürzt zu Boden. Daher war ich ein wenig enttäuscht, als sie nur grunzte, blinzelte und sich die Stifte wieder aus der Brust zog. Sie funkelte mich an, ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück, und sie wirbelte auf dem Absatz herum und preschte los, die Glasshouse Street hinunter, mitten durch die Raucher hindurch, die links und rechts zu Boden gingen wie Kegel auf der Bowlingbahn.
    Ich ließ den Taser fallen und sprintete los. Auch wenn meine Schuhe auf der nassen Straße etwas rutschten, glaube

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