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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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ich, als ich auf sein Bein trat. Auf ein Opfer zu treten ist so etwa die scheußlichste Art, es zu entdecken   – hastig tat ich einen Sprung zurück.
    Stiernacken lag halb vergraben unter einem Haufen Papiere und Hochglanzzeitschriften. Zu sehen war nur das Bein, auf das ich getreten war, und genug von seinem Gesicht, um ihn einwandfrei zu identifizieren.
    »Oh je«, sagte Guleed, als sie ihn sah. »Ist er tot?«
    Vorsichtig, um den Tatort nicht zu verfälschen, kniete ich mich hin und fühlte dort, wo bei einem normalen Menschen der Hals gewesen wäre, nach einem Puls. Er hatte keinen. Während Guleed Stephanopoulos anrief, zogich Handschuhe an und sah nach, ob es eine offensichtliche Todesursache gab. Es gab zwei: Einschusslöcher in der Brust. Wegen des schwarzen T-Shirts sah man sie kaum; sie befanden sich gleich nach dem Z und dem zweiten P von ZEPPELIN.   Am Rand der Löcher fiel mir etwas auf, was womöglich Pulververbrennungen waren, wie sie bei Schüssen aus sehr kurzer Distanz vorkommen. Aber wie viel Ahnung hatte ich schon   – das war schließlich mein erstes Schussopfer.
    Guleed meinte, unsere erste Pflicht sei, das Büro zu verlassen, um nicht weiter am Tatort herumzupfuschen. Da sie ordentliches Mitglied einer Mordkommission war, gehorchte ich ihr.
    »Wir sollten auch oben nachschauen«, sagte sie. »Falls sich im Haus noch Verdächtige aufhalten.«
    »Nur wir zu zweit?«
    Guleed biss sich auf die Unterlippe. »Gutes Argument. Bleiben wir lieber, wo wir sind, und verhindern, dass jemand den Tatort betritt oder verlässt.«
    »Und wenn es hinten eine Feuerleiter gibt?«
    »Können Sie eigentlich nie den Mund halten? Okay. Sie sichern die Feuerleiter, ich bleibe hier und bewache den Tatort.«
    »Ich allein?«, fragte ich. »Und wenn keine Feuerleiter da ist?«
    »Oh Mann, Sie wollen mich verarschen.«
    »Ja«, gab ich zu.
    Ihr Airwave rülpste. Es war Stephanopoulos. »Ja, Boss?«, meldete sie sich.
    »Ich bin jetzt in der Greek Street«, sagte Stephanopoulos. »Also, nur eine Leiche?«
    »Bisher ja«, murmelte ich.
    »Bisher ja«, sagte Guleed ins Airwave.
    »Richten Sie Grant aus, er hat ab jetzt Hausverbot in Westminster. Ich weiß was Besseres mit meiner Zeit anzufangen, als ständig Überstunden anzusammeln. Wo im Haus sind Sie?«
    »Wir sind im Flur im ersten Stock.«
    »Warum bewacht keiner von Ihnen die Feuerleiter?«, fragte sie zurück. »Falls es eine gibt.«
    Zwischen Guleed und mir entspann sich eine von diesen stummen Zeichensprache-Diskussionen, die man führt, wenn man verhindern will, dass derjenige am anderen Ende der Leitung das Problem mitbekommt. Ich hatte gerade überdeutlich »Ich gehe« mit den Lippen geformt, als unten die Haustür aufgestoßen wurde.
    »Geben Sie sich keine Mühe«, sagte Stephanopoulos. »Bin sowieso schon da.«
    Sie kam die Treppe heraufgestapft, drängte sich an uns vorbei und betrachtete das Zimmer von der Türschwelle aus.
    »Wie heißt er?«, fragte sie.
    Ich musste ihr gestehen, dass ich ihn nur als Tony kannte, dass er für Alexander Smith als Mann fürs Grobe arbeitete und einen Stiernacken hatte. Subtile Anzeichen an ihrem Verhalten verrieten mir, dass sie von meinen Arbeitsmethoden nicht beeindruckt war. »Sie Idiot, Peter, man fragt da doch sofort nach dem vollen Namen. Man muss alles, alles festhalten, Peter, alles und jedes.«
    Hinter mir hörte ich, wie Guleed
nicht
kicherte. Stephanopoulos hörte es auch. »Sie«   – sie stieß mir den Zeigefinger gegen die Brust   – »fahren sofort ins Revier nach WestEnd Central und fragen Smith, wie der Kerl hieß und was er über ihn wusste.«
    »Soll ich ihm sagen, dass er tot ist?«
    Stephanopoulos klang plötzlich sehr müde. »Peter. Sobald Smith hört, was hier gelaufen ist, kriegen wir kein verdammtes Wort mehr aus ihm raus. Und ich kann’s ihm nicht mal verübeln.«
    »Okay, Boss.«
    Guleed fragte, ob sie mitfahren solle.
    »Himmel, nein«, wehrte Stephanopoulos ab. »Sonst steckt er Sie noch mit irgendwelchen schlechten Angewohnheiten an.« Wieder sah sie mich an. »Was tun Sie noch hier?«
     
    Die Leute behaupten immer wieder, dass man sich völlig ungehindert in einer Polizeistation bewegen kann, sobald man am Sicherheitsbereich am Eingang vorbei ist, man müsse nur mit einem Clipboard in der Hand zielstrebig ausschreiten. Aus zwei Gründen rate ich davon ab, das auszuprobieren: Erstens gibt es in Polizeistationen nichts zu holen, was man nicht auf anderem Weg leichter kriegen könnte,

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