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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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die Leiche. »Eindeutig erschossen von einem unbekanntenSchützen, Sergeant.« Er schwenkte die Spitze in Richtung der anderen Straßenseite. »Ich würde sagen, die Schüsse wurden vom obersten Stock oder Dach dieses Gebäudes dort abgegeben.«
    Stephanopoulos machte sich nicht einmal die Mühe, hinzuschauen. »Irgendeine Ahnung, wer er ist?«
    »Leider nein. Aber ich bezweifle, dass er Freunde oder Familie hat.«
    Mit anderen Worten, niemand würde die Todesursache anzweifeln oder Anspruch auf die Leiche erheben. Ich tippte darauf, das bedeutete, dass er größtenteils in Dr.   Walids Kühltruhe landen würde.
    Es dauerte eine Stunde, bis ich von dem Dach runterdurfte, und wieder musste ich die oberste Schicht meiner Kleidung der Spurensicherung spenden, die, wie ich ausrechnete, inzwischen die Mehrzahl meiner Schuhe besaß. Nightingale und ich mussten unsere Hände auf Pulverspuren überprüfen lassen und wurden dann zu verschiedenen Autos geleitet, um unsere Aussagen zu machen. Es war drei Uhr morgens, als Stephanopoulos uns endlich entließ. Zu dieser Zeit hatte selbst Soho die Nase voll von dieser Nacht.
    Caffrey und die Fallschirmjäger hatten sich in eine Seitenstraße verkrochen. Ich hatte richtig vermutet: Es war ein weißer Ford Transit mit Nummernschildern, denen man schon von Weitem ansah, dass sie gefälscht waren.
    »Ach, wir haben keine Lust, die City-Maut zu zahlen«, erklärte Caffrey, als ich mich danach erkundigte. »Aber der Van ist absolut sauber. Gehört meinem Schwager.« Gemeinsam kratzten die Militärs aus ihren Beständen eine schwarze Jeans, ein graues Kapuzenshirt mit der AufschriftAGRO und ein Paar unspektakuläre Turnschuhe für mich zusammen, so dass ich aus dem Plastikoverall steigen konnte, mit dem die Spurensicherung mich ausgestattet hatte. Die Jeans rochen ein bisschen nach Waffenöl. Ich hatte den starken Verdacht, dass die Klamotten als Füllmaterial für die Waffentaschen gedient hatten, um das Klappern des Metalls zu dämpfen.
    Nightingale wartete geduldig im Nieselregen, während ich mich umzog. Bevor ich mich zu ihm gesellen konnte, legte mir Caffrey die Hand auf den Arm. »Wir wollen hier weg sein, bevor es hell wird.«
    »Keine Sorge«, sagte ich. »Wird nicht lange dauern.«
    Im Licht der Natriumdampflampen war Nightingale hager und bleich; er hatte Schatten unter den Augen, und obwohl er versuchte, es zu unterdrücken, sah ich, wie ihn gelegentlich ein Schauer überlief. Sein Gesicht war ausdruckslos.
    »Möchten Sie anfangen, Sir?«, fragte ich.
    Er nickte, aber erst musterte er mich sehr lange und kühl. Schließlich seufzte er. »Als ich Sie als Lehrling annahm, dachte ich, ich könnte Sie davor bewahren, gewisse Entscheidungen treffen zu müssen. Mir ist jetzt klar, dass ich mir da etwas vorgemacht habe, und dafür möchte ich mich entschuldigen. Nichtsdestoweniger   – was zum Teufel haben Sie sich bloß gedacht?«
    »Ich habe versucht, als vereidigter Polizeibeamter meine Pflicht gemäß dem Menschenrechtsgesetz zu tun. Genauer gesagt, gemäß Artikel zwei, in dem es heißt, dass jede Gewaltanwendung der letzte Ausweg sein muss und jeder arme Idiot, den wir umlegen, uns keine andere Möglichkeit gelassen haben darf.«
    »Vorausgesetzt, Sie erweitern die Definition von Mensch auf Vampire und Chimären«, sagte Nightingale.
    »Dann brauchen wir eben einen Präzedenzfall vor Gericht oder, noch besser, bitten wir das Parlament, das Gesetz eindeutig zu formulieren. Aber selbst haben wir da gar nichts zu entscheiden   – oder, Sir? Wir sind nur der ausführende Arm.«
    »Würden Sie sich auch nur halb so sehr für diese Wesen einsetzen, wenn sie weniger hübsch wären, Peter? Da draußen gibt es einige sehr hässliche Kreaturen, die sprechen und denken können. Ich frage mich, ob Sie denen auch so bereitwillig zu Hilfe eilen würden.«
    »Vielleicht nicht«, gab ich zu. »Aber das hieße nicht, dass ich unrecht habe. Sondern nur, dass ich oberflächlich bin.«
    »Nach meiner Schätzung haben Simone und ihre Schwestern seit 1941 fast zweihundertundzwanzig Menschen getötet oder schwer geschädigt. Auch für die galten die Menschenrechte.«
    »Ich will doch nur sagen, dass wir uns nicht einfach über Gesetze hinwegsetzen können.«
    »Na gut«, sagte Nightingale. »Angenommen, wir verhaften sie und versuchen, wie auch immer, ihnen irgendwas nachzuweisen   …«
    »Grob fahrlässige Tötung, Sir«, schlug ich vor. »Ich denke, man hätte annehmen dürfen, dass sie

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