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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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erstaunlich fesch aussah   – aber keine Krawatte, bemerkte ich, und sein Haar war so kammresistent wie eine Feldhecke. Oxley Thames, Vater Themses klügster Sohn, Erster Ratgeber, Medienexperte und Mann fürs Grobe. Er warf mir einen schiefen Blick zu, als er sich auf den angebotenen Stuhl rechts vom Schreibtisch setzte. Hinter ihm trat eine attraktive Frau mit makellosem hellem Teint, scharfer Nase und mandelförmigen Augen ein. Ihr schwarzer Chanel-Rock war das Äquivalent eines Autos, das in 3,8   Sekunden von null auf hundert kommt. Lady Ty, Mama Themses Lieblingstochter und Oxfordabsolventin mit dem Ehrgeiz, alle Fäden in der Hand zu halten. Sie schien erfreut, mich zu sehen, was kein gutes Zeichen war. Als sie sich neben Oxley setzte, erkannte ich, dass der Anschiss noch nicht vorbei war. Jetzt kam Phase Nr.   2: Es geht ans Eingemachte.
    »Ich glaube, Sie kennen Oxley und Lady Tyburn«, sagte der Commissioner. »Die beiden möchten im Auftrag ihrer ›Vorgesetzten‹ deren Position im Hinblick auf AshThames klarstellen.« Er fragte die beiden, wer anfangen wolle.
    Ty sah ihn an. »Ich habe eine Frage an Constable Grant. Darf ich?«
    Der Commissioner deutete durch eine Geste an, dass sie freie Hand hatte.
    »Ist Ihnen«, fragte sie, »zu irgendeinem Zeitpunkt der Gedanke gekommen, was mit meiner Schwester passiert wäre, wenn Ash gestorben wäre?«
    »Nein, Ma’am«, sagte ich. Und das stimmte. Ich hatte keinen Moment an so was gedacht, und als mir der Gedanke jetzt verspätet kam, löste er größtes Unbehagen bei mir aus.
    »Ein interessantes Bekenntnis angesichts dessen, dass Sie geholfen haben, die Vereinbarung auszuarbeiten. War Ihnen möglicherweise nicht in vollem Ausmaß bewusst, was ein Austausch von Geiseln bedeutet? Oder war Ihnen nur entfallen, dass das Leben meiner Schwester verwirkt gewesen wäre, wenn Ash in unserer Obhut den Tod gefunden hätte? Sie wissen, was das Wort
verwirkt
bedeutet, ja?«
    Mir wurde eiskalt. Ich hatte weder daran gedacht, als ich Ash für den Überwachungsjob rekrutiert hatte, noch, als ich mit ihm die Themse hinuntertrieb. Wäre er gestorben, dann hätte Beverley Brook, Lady Tys Schwester, der sichere Tod erwartet. Mit anderen Worten: Ich hätte in dieser Nacht beinahe zwei Leute umgebracht.
    Ich warf einen Blick zu Nightingale. Er bedeutete mir mit gerunzelter Stirn zu antworten.
    »Ja, ich weiß, was das Wort
verwirkt
bedeutet«, sagte ich. »Zu meiner Verteidigung möchte ich sagen, dass ich nie gedacht hätte, dass Ash sich in Gefahr begibt. Ichdachte, er wäre so vernünftig und verlässlich wie all seine Brüder.«
    Oxley schnaubte und erntete einen bösen Blick von Lady Ty.
    »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er so tapfer oder geistesgegenwärtig wäre.« Jetzt bekam ich einen Blick von Oxley, der besagte, dass man es mit dem Honig-ums-Maul-Schmieren auch zu weit treiben konnte. Aber es war Lady Ty, mit der man sich nicht anlegen sollte, denn die wartete einfach ab, bis man mit dem Herumzappeln fertig war, und schlug dann zu.
    »Mir ist zwar durchaus bewusst, welche Rolle Inspector Nightingale und Constable Grant dabei spielten, die Rahmenbedingungen für eine Aussöhnung auszuarbeiten«, sagte Lady Ty, »aber im Licht der jüngsten Ereignisse hielte ich es für angezeigt, wenn sie in den diplomatischen Angelegenheiten des Flusses ihre Eigeninitiative ein wenig drosseln würden.«
    Fast hätte ich applaudiert. Der Commissioner nickte, was bewies, dass das ein abgekartetes Spiel war   – wahrscheinlich mit der Polizeibehörde des Großraums London und dem Bürgermeisteramt. Sicher hatte er das Gefühl, schon genug am Hals zu haben, ohne dass wir ihm noch mehr aufbürdeten. Er wandte sich an Oxley und fragte, ob er noch etwas hinzuzufügen habe.
    »Ash ist ein junger Bursche«, sagte Oxley. »Und man weiß ja, wie junge Leute sind. Trotzdem denke ich, es würde nicht schaden, wenn Constable Grant im Umgang mit ihm etwas mehr Verantwortungsgefühl zeigen würde.«
    Wir warteten einen Augenblick, ob noch mehr kommen würde, aber Oxley schwieg mit ausdruckslosem Gesicht.Lady Ty sah nicht begeistert aus, also war das Spiel vielleicht doch nicht so abgekartet, wie sie es gern gehabt hätte. Ich schenkte ihr mein vieldeutiges Kleinejungengrinsen, mit dem ich meine Mum zur Weißglut getrieben hatte, seit ich acht Jahre alt war. Ihre Lippen wurden schmal, aber offenbar war sie aus härterem Stoff gemacht als meine Mum.
    »Das hört sich vernünftig an«, sagte

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