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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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waren offenbar große Befürworterinnen der langfristigen Vorratshaltung gefährlicher Chemikalien   – ich fand Paracetamol und verschreibungspflichtige Schlaftabletten mit Verfallsdatum von vor zehn Jahren.
    »Wühlst du in meinen Sachen?«, rief Simone aus der Küche.
    Ich fragte sie, wie sie und ihre Schwestern es mit einem so kleinen Bad aushielten.
    »Wir waren alle im Internat, Liebster«, gab sie zurück. »Wer das überlebt, kommt überall zurecht.«
    Als ich herauskam, fragte sie mich, ob ich einen Tee wolle. Ich sagte natürlich nicht nein, und wir richteten uns auf einem Tablett einen perfekten englischen Tee mit Brombeermarmelade und dick mit Butter bestrichenen Crumpets auf blau-goldenem Wedgwood-Geschirr.
    Ich genoss es, sie anzuschauen, wie sie nackt mit aufgestütztem Arm auf dem Bett lag wie der Nationalgalerie entsprungen, eine Teetasse in der einen Hand und ein Crumpet in der anderen. Ungeachtet des schönen Sommers, den wir dieses Jahr gehabt hatten, war ihre Haut sehr blass, fast durchsichtig. Als ich meine Hand von ihrem Schenkel hob, blieb ein roter Abdruck zurück.
    »Ja«, sagte sie. »Manche Leute werden eben nicht so leicht braun, danke, dass du mich daran erinnerst.«
    Um mich zu entschuldigen, küsste ich die Stelle und dann, als kleine Einladung, noch die Rundung ihres Bauches. Sie kicherte und schob mich weg. »Nicht! Ich bin kitzlig. Trink erst deinen Tee, du Wilder. Hast du keine Manieren?«
    Ich nahm die Tasse und nippte am Tee. Er schmeckte ungewohnt, exotisch. Bestimmt eine Luxusmischung aus einem weiteren Fortnum-&-Mason-Korb. Sie schob mir ein Stückchen Crumpet in den Mund. Ich fragte, warum sie keinen Fernseher hatte.
    »Als wir klein waren, hatten wir auch keinen Fernseher.Daher haben wir es uns nie angewöhnt. Irgendwo haben wir ein Radio. Wir hören immer
The Archers
. Wir haben noch keine Episode verpasst.« Sie betrachtete mich über den Rand ihrer Tasse hinweg. »Du bist kein
Archers -Fan
, was?«
    »Nicht so richtig.«
    Sie trank ihren Tee aus. »Wir müssen dir ziemlich merkwürdig vorkommen. Wohnen in wüstem Chaos in einer Einzimmerwohnung, ohne Fernseher, mitten zwischen den Grapschlokalen von Soho.« Sie stellte ihre Tasse und das Tablett auf den Boden neben dem Bett und nahm mir dann meine leere Tasse ab.
    »Ich denke, du machst dir zu viele Gedanken darum, was ich denken könnte«, sagte ich.
    Simone stellte auch meine Tasse auf den Boden und küsste mich aufs Knie. »Tu ich das?«
    »Ich würde sagen, ja«, sagte ich und musste ein Kieksen unterdrücken, als sie sich vom Knie aus immer weiter nach oben küsste.
    Zwei Stunden später warf sie mich auf nettestmögliche Weise aus dem Bett. »Meine Schwestern kommen bald heim. Wir haben Regeln. Nach zehn Uhr abends keine Männer mehr im Bett.«
    »Es gab schon andere?«, fragte ich, auf der Suche nach meinen Boxershorts.
    »Natürlich nicht. Du bist mein erster.« Sie zog sich wahllos Klamotten über, die sie vom Boden aufsammelte, darunter einen Satinslip, der ihr passte wie eine zweite Haut. Zuzusehen, wie sie ihn anzog, war fast so erotisch wie das Gegenteil es wäre. Sie bemerkte, wie mein Atem sich beschleunigte, und schwenkte den Zeigefinger. »Ohnein. Wenn wir jetzt wieder anfangen, hören wir nie mehr auf.«
    Damit hätte ich zwar leben können, aber ein Gentleman weiß, wann es angezeigt ist, ehrenhaft zu kapitulieren und das Feld zu räumen. Allerdings nicht ohne noch eine kleine Knutscherei im Türrahmen.
    Den Duft von Geißblatt in der Nase, schlenderte ich durch Soho zurück und half laut späteren Berichten den Kollegen von Charing Cross und West End Central, zwei Prügeleien zu beenden   – eine zwischen Ehegatten und eine bei einer Junggesellinnenparty, die in einem versuchten sexuellen Übergriff auf einen männlichen Stripper geendet hatte. Aber ich erinnere mich an nichts davon.
     
    Scindere
übt man, indem man einen Apfel mit
Impello
schweben lässt und sich dann bemüht, ihn an einer Stelle zu fixieren, während der Lehrer versucht, ihn mit einem Kricketschläger wegzuschlagen. Am nächsten Morgen nahm ich drei Stück auf einmal, und sie wackelten nicht einmal, als Nightingale auf sie eindrosch. Natürlich schlug er sie zu Brei, aber selbst der blieb in der Luft hängen wie ein Missgeschick in der Küche einer Raumstation.
    Als Nightingale mir die
Forma
erstmals gezeigt hatte, hatte ich ihn gefragt, wie lange die Äpfel oben bleiben würden. Er erklärte, das hinge davon ab, wie viel Magie

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