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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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war, organisierte eine Razzia, an der die Hälfte der verfügbaren Zauberer Londons und ein Haufen Constables teilnahmen, die der Commissioner ihm geliehen hatte. Türen wurden gewaltsam eingetreten, es folgte lautes Gebrüll »Stillhalten, du gelber Teufel!«, dann eine länger andauernde verblüffte Stille.
    »Der große Manchu der Prächtige«, erzählte Nightingale, »war in Wirklichkeit ein Kanadier namens Henry Speltz. Immerhin war er mit einer Chinesin verheiratet und hatte fünf Töchter, die alle zu irgendeinem Zeitpunkt seine ›wunderschöne Assistentin Li Ping‹ gewesen waren.«
    In dem Haus wurde nichts gefunden außer einem merkwürdigen kleinen Mädchen europäischen Aussehens, dasdort lebte und als Küchenmädchen arbeitete. Bei der offiziellen Vernehmung erklärte Speltz, er habe das Mädchen (niemand hatte es für nötig gehalten, ihr einen Namen zu geben) nach einer Matineevorstellung im Hackney Empire in einem seiner Verschwindibus-Schränke gefunden.
    Ich wischte mit dem letzten Stück Brot meine Zwiebelsoße auf. Nightingale hatte seinen halben Pudding übrig gelassen. »Essen Sie den nicht mehr?«
    »Bedienen Sie sich nur.« Das tat ich, während er den Rest der Geschichte erzählte.
    Manche Dinge ändern sich nie   – bevor ein ranghoher Polizeibeamter, der eine kostspielige Razzia veranstaltet hat, zugeben würde, einen Fehler gemacht oder die Magna Carta verletzt zu haben, bietet er lieber alles auf, um irgendwen wegen irgendwas drankriegen zu können. Wäre Speltz wirklich Chinese gewesen, dann hätte die Sache für ihn böse enden können. Aber so wurde er schließlich nur wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung polizeilich verwarnt.
    »Was das Mädchen betraf: Selbst der alte Murville spürte, dass mit ihr etwas nicht stimmte.« Er warf einen raschen Blick zur Tür. »Sind Sie fertig?«
    Ich nickte. Nightingale ergriff rasch den leeren Teller und stellte ihn wieder vor sich hin, gerade rechtzeitig, bevor Molly mit dem Dessertwagen hereingeglitten kam. Beim Abräumen warf sie Nightingale einen misstrauischen Blick zu. Aber beweisen konnte sie ihm nichts.
    Sie runzelte die Stirn. Wir lächelten zurück.
    »War sehr lecker«, sagte ich.
    Sie stellte uns eine Cremetorte hin und verließ mit einem letzten finsteren Blick auf mich das Speisezimmer.
    »Was ist mit dem Mädchen passiert?«, fragte ich, während ich uns beiden je ein Stück Torte abschnitt.
    »Sie wurde hierhergebracht und untersucht. Man stellte fest, dass sie zu seltsam war, um sie in Pflege zu geben   …«
    »Oder ins Arbeitshaus«, ergänzte ich. Die Englische Creme unter der Muskatschicht stand der in der Patisserie Valerie in nichts nach. Ich fragte mich, ob ich etwas von der Torte für Simone hinausschmuggeln könnte. Oder   – noch besser   – Simone zum nächsten Abendessen hereinschmuggeln.
    »Vielleicht beruhigt es Sie, dass das Folly eine Vereinbarung mit Corum’s Foundling Hospital hatte«, sagte Nightingale. »Dorthin hätte man sie gebracht, aber als sie erst einmal im Folly war, wehrte sie sich mit Händen und Füßen dagegen, es wieder zu verlassen.«
    Unter dem Tisch schnüffelte Toby nach den letzten heruntergefallenen Resten.
    »Wir reden über Molly«, sagte ich.
    »Also schlief sie fortan in der Spülküche und wurde vom Personal großgezogen.«
    Ich nahm mir noch ein Stück Torte.
    »Postmartin hat recht«, sagte Nightingale. »Ich habe es mir zu bequem gemacht. Und während ich hier mit Molly vor mich hinlebte, hat die Welt sich ohne mich weitergedreht.«
     
    Ich war pappsatt. Trotzdem schleppte ich mich in die Remise, um meine Daten aufzuarbeiten. Aber kaum war ich dort, da zog mich eine unaufhaltsame Macht auf das Sofa vor das Spiel Arsenal gegen Tottenham. Es stand überhauptnicht gut um die Spurs, als das Telefon klingelte und eine seltsame Stimme sagte: »Hallo, Peter.«
    Ich warf einen Blick auf die Nummer im Display. »Lesley? Bist du das?«
    Aus der Leitung kam rasselndes Atmen. »Nein. Darth Vader.«
    Ich lachte. Auch wenn ich nicht wollte, ich konnte nicht anders.
    »Ist immerhin besser als Stephen Hawking«, fügte sie hinzu. Es klang, als versuchte sie mit einer Plastikflasche im Mund zu sprechen, und ich hatte den starken Eindruck, dass es auch schmerzhaft war.
    »Du hattest eine OP in London«, sagte ich. »Du hättest mir doch Bescheid sagen können.«
    »Die waren nicht sicher, ob es klappen würde.«
    »Und, hat’s geklappt?«
    »Ich kann reden, hörst du doch. Aber es tut

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