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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Seitentür nach draußen und wanderte den Bedford Place entlang bis zum Russell Square. Es nieselte, und die Straßenlampen hatten gelbe Heiligenscheine.
    Außer einem weiteren Mord konnte ich mir keinen Grund vorstellen, warum Stephanopoulos mich zu so nachtschlafender Zeit anrufen sollte, und die Übernachtungstasche besagte, dass es außerhalb von London passiert war.
    Ich hörte ihn schon, bevor er in Sicht kam, ein schwarzer Jaguar XJ mit Zwanzig-Zoll-Reifen und, dem Geräusch nach, einem Achtzylinder-Turbomotor. So wie er bremste, war offensichtlich, dass der Fahrer all die Kurse absolviert hatte, die mir fehlten, und die Lizenz zum Rasen in der Tasche hatte.
    Die hintere Beifahrertür öffnete sich. Ich zwängte mich hinein, und der Geruch neuer Ledersitze schlug über mirzusammen. Stephanopoulos saß neben mir. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, fuhr der Wagen wieder an, und ich wurde auf dem glatten Sitz hin und her geschleudert, bis es mir gelang, mich anzuschnallen.
    »Wohin geht’s?«, fragte ich.
    »Norwich. Unsere Freundin hat mal wieder zugebissen.«
    »Tot?«
    »Oh ja«, sagte der Mann, der vor mir saß. »Ausnehmend tot.« Stephanopoulos stellte ihn als Detective Chief Inspector Zachary Thompson vor.
    »Die meisten nennen mich Zack«, erklärte er, als er mir die Hand schüttelte.
    Und ich werde Sie Chief Inspector nennen
, dachte ich.
    Thompson war groß, hatte ein schmales Gesicht und eine riesige Habichtsnase. So etwas sein ganzes Leben lang mit sich rumzuschleppen, dazu gehörte einiges   – er musste härter drauf sein, als er klang.
    »Zack«, sagte Stephanopoulos, »ist der Chefermittler in dem Fall.«
    »Und ihr Hetero-Cover«, meinte er vergnügt.
    Also, nicht dass ich etwas mit der berühmten Kantinenkultur der Met am Hut hätte. Ich sehne mich nicht nach den guten alten Zeiten zurück, als ein Bulle noch ein echter Bulle war, nicht zuletzt deshalb, weil ich wenig Lust auf den ständigen Rassismus gehabt hätte. Aber wenn ein Vorgesetzter mir zur Begrüßung anbietet, ihn beim Vornamen zu nennen, werde selbst ich nervös. So was kann nichts Gutes bedeuten. Was sich prompt bestätigt hatte.
    »Ist an dem neuen Fall etwas Ungewöhnliches?«, fragte ich. »Ich meine, ungewöhnlicher als gewöhnlich?«
    »Das Opfer war mal einer von uns«, sagte Stephanopoulos. »Detective Chief Inspector Jerry Johnson, 1979 aus dem Dienst ausgeschieden.«
    »Gibt es irgendwelche Verbindungen zu Jason Dunlop?«
    »In Dunlops Terminkalender gibt es einen Eintrag vom März«, sagte DCI Thompson. »
Treffen J.   J.   Norwich.
Anhand seiner Kreditkartenabrechnungen wissen wir, dass er an diesem Tag eine Fahrkarte von Liverpool Street nach Norwich und zurück gelöst hat. Wir glauben, dass er Johnson wegen einer Story interviewen wollte, an der er arbeitete.«
    »Falls es derselbe J.   J. war«, wandte ich ein.
    »Das überlassen Sie mal uns«, sagte Stephanopoulos. »Sie sind nur dazu da, nach Anzeichen für schwarze Magie zu suchen.«
    Zu meinem Erstaunen setzten sich zwei Motorräder vor uns, und kaum waren wir auf der M11, beschleunigten wir auf 200   Stundenkilometer.

 
    Mein Dad sagt immer, ob du ein Londoner bist, hat nichts damit zu tun, wo du geboren bist. Er meint, es gebe Menschen, die in Heathrow aus dem Flieger steigen, mit einem Pass irgendeiner Nationalität durch die Passkontrolle gehen, sich in die U-Bahn setzen, und wenn der Zug am Piccadilly Circus ankommt, sind sie Londoner. Andere werden in Hörweite der Glocken von St. Maryle-Bow geboren und träumen ihr Leben lang nur davon, rauszukommen. Wenn ihnen das gelingt, gehen sie fast immer nach Norfolk, wo der Himmel weit, das Land flach und die Bevölkerung von milchweißer Unschuld ist, statistisch gesehen. Das Australien des armen Mannes, sagt mein Dad, jetzt, wo Südafrika so multikulti geworden ist.
    Jerry Johnson war einer jener Nicht-Londoner, geboren durch Gottes Gnade 1940 in Finchley und gestorben durch einen abgebissenen Penis in einem Bungalow am Rand von Norwich. Letzteres war ja wohl ein guter Grund dafür, dass die furchteinflößendste Polizeibeamtin der Met, ihr Hetero-Cover, eine Motorradeskorte und ich mit zweihundert Sachen die M11 entlangdonnerten. Als wir von der Autobahn abfuhren, war es zwei Uhr nachts,deshalb brauchten wir auf der Schnellstraße kaum zu verlangsamen. In knapp neunzig Minuten hatten wir den Tatort erreicht   – was ziemlich beeindruckend war. Dort mussten wir feststellen, dass die Polizei von

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