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Schwarzer Neckar

Schwarzer Neckar

Titel: Schwarzer Neckar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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vergewissern, ob er Gerlinde Felber trauen konnte. Doch sie hatte sich bereits zum Gehen umgewandt, und so ließ er es dabei bewenden. Mit festen Schritten entfernte sie sich und verschwand im Haus.
    Hoffentlich hatte er keinen Fehler begangen.
    ***
    Gegen elf Uhr suchte Melchior Amstetters Büro auf. Den Papierstapeln auf seinem Schreibtisch nach zu urteilen, saß er bereits seit Dienstbeginn da, um sich durch irgendwelche Unterlagen zu wälzen.
    »Hallo, Frau Kollegin«, begrüßte er sie und blickte auf. Offensichtlich freute er sich über die unerwartete Abwechslung. »Mal wieder auf Spurensuche? Ich habe heute leider keine kyrillischen Texte für Sie.«
    »Morgen, Herr Amstetter«, entgegnete sie und deutete ein Lächeln an. »Aber deswegen bin ich auch nicht hier.«
    »Weswegen dann?«
    »Treidler hat mich gebeten, Ihnen die Datei von der Aufzeichnung eines Geräusches zu geben.«
    »Wolfes?« Amstetter hob zweifelnd die Augenbrauen.
    Melchior nickte. »Gestern auf der Rückfahrt haben wir so ein Geräusch aufgenommen, vom Ventil einer Gasflasche.«
    »Ah …« Er machte einen zerstreuten Eindruck.
    »Eigentlich wollte er heute noch vorbeikommen und Sie bitten, es mit einem anderen Geräusch zu vergleichen.«
    »Mit welchem anderen Geräusch?«
    »Auf dem Notruf seiner Frau ist ein ähnliches Geräusch. Das muss isoliert werden. Anschließend können Sie einen Frequenzvergleich durchführen.«
    »So, so, einen Frequenzvergleich …«, wiederholte er.
    »Ja, natürlich, einen Frequenzvergleich. Oder geht das mit Ihrer Ausrüstung nicht?«
    »Klar geht das.« Amstetter nickte. »Er wollte also noch vorbeikommen. Wann denn?«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    Er hielt den Kopf schief. »Was haben Sie eigentlich mit Lisas Fall zu tun?«
    »Ich wollte Treidler ein wenig unterstützen«, gab sie leise zurück. Nach dem gestrigen Abend würden sich ihr wohl kaum noch viele Chancen bieten, sein Vertrauen zurückzugewinnen. Sie musste ihn davon überzeugen, dass sie alle Ermittlungen eingestellt hatte. »Falls er meine Hilfe überhaupt noch will.«
    »Warum sollte er Ihre Hilfe nicht wollen?«
    »Sagen wir es mal so: Wir hatten gestern Abend eine Meinungsverschiedenheit.«
    »Gestern Abend? Waren Sie da noch im Dienst?«
    »Nein, ich war kurz bei ihm zu Hause.«
    »Ach ja? Bei ihm zu Hause?«, wiederholte er lang gezogen, als hätte sie etwas völlig Abwegiges gesagt.
    Allmählich ging Melchior die phlegmatische Fragerei Amstetters auf die Nerven. »Wollen Sie die Datei nun überspielen oder nicht?«
    »Klar.« Er nickte wie in Zeitlupe. »Aber dazu brauche ich das Notebook und ein Überspielkabel. Warten Sie bitte hier?« Behäbig erhob sich Amstetter von seinem Stuhl und schlurfte davon.
    Melchior schaute ihm nach, wie er im hinteren Teil des Zimmers verschwand. Sie schüttelte den Kopf ob so viel Gemächlichkeit. Schließlich blieb ihr Blick an den Papierstapeln auf seinem Schreibtisch hängen: Eingangsrechnungen.
    Die meisten Menschen waren davon überzeugt, dass die Arbeit von Kriminaltechnikern eine schlecht bezahlte, aber dafür umso spannendere Tätigkeit darstellte. Sie irrten alle. Zumindest was die Spannung anbetraf. Oft bestand selbst die Spurensicherung lediglich aus langweiligen und ermüdenden Verwaltungstätigkeiten, ähnlich dem Tagesgeschäft einer Amtsstube. Und bei dieser Arbeitsgeschwindigkeit benötigte Amstetter gewiss zwei weitere Tage, um sich durchzuarbeiten. Sie konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.
    Unter einem der oberen Blätter schaute ein bunter Briefkopf hervor. Sie hätte nicht sagen können, was sie dazu brachte, aber das Firmenlogo aus den drei Buchstaben › Z t G ‹ weckte mit einem Mal ihr Interesse. »Was ich Sie schon immer fragen wollte«, rief sie Amstetter nach, um in Erfahrung zu bringen, wo er sich im Moment befand.
    »Fragen Sie …«, war weit entfernt seine Stimme zu hören. Es folgte ein Rascheln, das aus einem der Nebenzimmer zu kommen schien. Melchior schob die Blätter beiseite und überflog die Rechnung mit dem bunten Briefkopf, die nur drei Positionen umfasste:
    02 x 80 l FL MED-O
    04 x 40 l FL ARG-CO 2
    12 x 01 l FL HE
    »Wieso nennt Treidler Sie eigentlich ›Ernie‹?« Sie versuchte, gleichgültig zu klingen.
    »Kennen Sie die ›Sesamstraße‹?«
    »Natürlich. Aber der Lange hieß doch Bert.«
    »Genau deswegen.« Die Stimme kam näher, Amstetter befand sich auf dem Rückweg.
    »Klingt nach Treidlers Idee.«
    »Daran kann ich mich nicht

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