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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Oberdeck fand sich nichts. Eine Gruppe fröhlicher Menschen kam vom Restaurantdeck herauf und veranstaltete hier einen privaten Beat-Club. Sie hatten Gitarren und eine Klarinette mitgebracht.
    Ergebnislos brach Sybilla die Suche nach ihrer Tasche ab. Sie stieg wieder hinauf zum Salon-Deck und stellte sich an die gleiche Stelle wie vorhin.
    Wo kann sie sein? War sie ins Meer gefallen? Sie bückte sich über die Reling. Unter ihr rauschte der Atlantik, der ihr Tod hätte sein sollen. Nur ein paar Meter … am nächsten Morgen wäre die Frage nach Sybilla Odenthals Verbleib ein unlösbares Rätsel gewesen. Den Körper hätte man nie gefunden; hier war man mitten auf dem Ozean, in dem ein Mensch soviel wie ein Tropfen ist.
    Die Tasche ist ins Meer gefallen, dachte Sybilla. Unter der Reling ist sie weggerutscht. Ein kleiner Verlust … im Koffer Sybilla Odenthals lagen noch zwei Pistolen unter der zarten Unterwäsche.
    Die Tür zur gedeckten Promenade klappte wieder. Sybilla fuhr herum, ihr Gehör war jetzt katzenhaft. Wieder trat ein Mann heraus auf das Deck, im Smoking, die Hände in den Taschen. Noch lag sein Gesicht im Schatten, aber für Sybilla kam eine glückliche Erlösung. Sie breitete die Arme aus, lief dem Mann entgegen, küßte ihn wild, klammerte sich an seinem Hals fest und benahm sich wie ein kleines, durch die Liebe verstörtes Mädchen.
    »Wo bist du gewesen?« stammelte sie. »Ich habe dich überall gesucht … Du sollst doch nicht weggehen, du mußt bei mir bleiben … Was kann alles passieren … was kann alles …« Die Nerven verließen sie … sie weinte, lachte und schluchzte in einem Atemzug.
    »Mein Gott, was ist denn?« Hergarten drückte sie an sich. »Ich war mit Surtess und Hopkins im Hamburg-Salon, und nachher habe ich kurz ins Hauptrestaurant geguckt. Und dann suchte ich dich. Was hast du denn, Sybilla?«
    »O nichts, nicht …« Sie machte sich von ihm los und lehnte sich gegen die Reling. Hinter ihrem Rücken rauschte das Meer. Ein Schauder überflog sie. »Ich habe meine Tasche verloren … sie ist über Bord … ins Meer … mit allem Inhalt … Ach Gott, das ist nicht so schlimm … Komm, wir gehen wieder in den Saal.«
    Sie hakte sich bei Hergarten unter und strich ihre Haare zurecht.
    »Der Wind …« Sie lachte etwas schrill. »Ich muß morgen bestimmt zum Friseur …«
    Sie gingen zurück in den Saal, umrauscht von Musik und Lachen. Kapitän Selbach steuerte auf Sybilla zu. Den ganzen Abend hatte er auf diese Gelegenheit gewartet: Der Ehrentanz des Kapitäns!
    Hergarten setzte sich an die Bar. Dort hockte Sir Surtess wieder und trank einen Kognak.
    »Schon wieder zurück?« fragte Hergarten wie ein alter Vertrauter.
    »Mit siebzig wird man bescheiden, mein Lieber.« Sir Surtess legte die Hände um sein Glas. »Glauben Sie, ich wollte mich blamieren?«
    Das Neptun-Fest ging weiter.
    Über das nächtliche Meer zog eine gleißende, singende, tanzende Stadt.
    Der Mann mit der Maske sah sich um, als er Sybilla entronnen war, und merkte, daß sie ihm nicht folgte. Dann zog er seinen Smoking gerade, kontrollierte den korrekten Sitz seiner Schleife, kämmte sich mit gespreizten Fingern durch das zerwühlte Haar und nahm die Maske ab. Er steckte sie in die Rocktasche und ging dann als luftschnappender Bummler weiter über das Deck zur Backbordtür der anderen Promenade. Dort, an der Reling stehend, sah er zwei rote, livrierte Gestalten, die ihn stumm musterten. Der Mann warf einen Blick zurück zur anderen Seite des Decks. Im schwachen Widerschein des Mondes erkannte er Sybillas Gestalt, ihr goldenes Kleid, es hob sich gegen den Himmel klar ab.
    Der Mann blieb ruckartig stehen und musterte die beiden livrierten Diener. Sein forschender Blick war deutlich: Wie lange standen sie schon hier? Hatten sie alles mit angesehen?
    Die Mienen der beiden Russen waren ausdruckslos. Sie hielten dem Blick stand, als seien sie Wachsfiguren. Der Mann ging weiter, betrat die gedeckte Promenade, griff in die Tasche und nahm eine Zigarette aus seinem Etui. Doch ehe er in die andere Tasche greifen konnte, um das Feuerzeug zu holen, flackerte neben ihm eine Flamme auf. Der Russe, den Graf Sepkinow als Shura Aitmanow bezeichnet hatte, hielt sein Feuerzeug hoch. Der Mann zuckte zusammen. Er hatte nichts gehört, und doch waren ihm die livrierten Diener gefolgt, lautlos wie Schatten.
    »Danke«, sagte der Mann gedehnt. »Sie tragen wohl dicke Gummisohlen, was?«
    »Bitte, gehen Sie geradeaus bis zu den Toiletten

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