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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und liebe Worte, Beschwörungen für die kommenden Stunden unter Deck.
    »Ich liebe dich«, sagte Lisa. In diesem Augenblick klang es nicht jungmädchenhaft-romantisch, sondern ehrlich. Es gab keine anderen Worte dafür. »Ich muß dir etwas gestehen.«
    »Ich dir auch.« Dr. Dahl sah über das dunkle Meer. »Darum will ich mit dir allein sein. Ich kann jetzt die lustigen Menschen nicht sehen, ich kann es einfach nicht. Kommst du mit zu mir?«
    »Ja.« Sie nickte ihm zu. »Willst du mir sagen, daß du auch verheiratet bist?«
    »Nein! O nein, wie kommst du darauf?« Dr. Dahl schüttelte den Kopf. Das ›auch‹ überhörte er in seiner Erregung.
    Er hat es gewußt, dachte Lisa erlöst, als er nicht darauf reagierte. Er will nicht darüber sprechen. Er hat recht, vergessen wir Franz Hergarten. Es fiel ihm ja auch leicht, mich zu vergessen.
    »Es ist etwas anderes. Berufliches, wenn man so sagen kann.«
    Er umklammerte die Reling und blickte weit über die Unendlichkeit des Meeres. »Wir gehen zu mir«, sagte er leise.
    Aber dazu kam es nicht. Einige Paare erschienen auf Deck und winkten ihm zu. »Hallo, Doktor!« riefen sie.
    »Ich gehe schnell hin und begrüße sie«, sagte Dr. Dahl. »Ich komme sofort zurück.«
    Lisa sah ihm nach, dann ging sie die Reling entlang bis zu den Treppen, die zum Salon-Deck führten. Der Nachtwind spielte in ihren Perückenhaaren und zerrte an ihrem Pelz um ihren Schultern. Plötzlich blieb sie stehen und bückte sich. In der Nische unter der Treppe blinkte etwas. Sie griff hinein und zog eine goldene Abendtasche aus dem Schatten, und als sie sie in der Hand hielt, wußte sie, wo sie diese Tasche schon gesehen hatte und wem sie gehörte. Mit einem Ruck riß sie sie an sich und tastete sie ab. Etwas Hartes, Langes füllte die Tasche fast völlig aus. Es war die gleiche Form, die man fühlte, wenn man Lisas Tasche knetete. Nur hatte der Gegenstand hier einen längeren Lauf.
    Lisa sah sich schnell um. Dr. Dahl begrüßte die lärmenden Passagiere, niemand beachtete sie. Sie steckte die Tasche unter ihren Pelz und ging langsam zurück zum Kabineneingang. Dr. Dahl sah sich um. Sie machte ein schnelles Zeichen – ich komme nach unten –, und Dr. Dahl nickte. Dann war sie im Gang und rannte ihn entlang bis zu ihrer Kabine 136.
    Ihre Mitreisende, die alte Dame, schlief fest. Um ihren Kopf hatte sie ein Tuch gewickelt, als habe man ihr den Kopf eingeschlagen und dann verbunden.
    Lisa knipste die kleine Lampe am Schreibtisch an und öffnete Sybillas Tasche. Schwarz, kalt, feindlich sah die Pistole sie an – kein Spielzeug wie Lisas Waffe, sondern ein Werkzeug zur Tötung, eine automatische Waffe. Lisa ließ den Verschluß wieder zuschnappen, trug die Tasche zu ihrem Bett, steckte sie unter die Matratze und verließ leise wieder ihre Kabine.
    Voller Gedanken fuhr sie hinunter ins Hospital II, wo auch die Suite Dr. Dahls lag. Hier, im A-Deck, war wieder völlige Einsamkeit, die Passagiere tanzten oben im Restaurant.
    Wie kommt die Tasche unter die Treppe?
    Was soll das bedeuten?
    Ist sie dort bewußt versteckt worden?
    Dr. Dahl war schon in seiner Kabine. Stumm zog er Lisa an sich und liebkoste ihren Rücken, während er sie küßte. Und ebenso stumm, als sei es selbstverständlich, zog sich Lisa aus und legte sich in das Bett Dr. Dahls. Sie gehörte zu ihm, in diesen Minuten empfand sie es ganz deutlich.
    Dr. Dahl hatte seinen Offiziersrock ausgezogen und seine Schleife abgebunden. Nun saß er auf der Bettkante, sah auf den nackten Oberkörper Lisas und spürte ihre Hände, die nach ihm tasteten in stummer Aufforderung.
    »Ich habe einen Toten an Bord«, sagte er unvermittelt. Die Hände Lisas blieben auf seinen Knien liegen.
    »Was hast du?« fragte sie.
    »Einen Toten. Du kennst ihn gut … Jerome Dubois …«
    »Er … er ist tot?«
    »Ja. Er wurde gestern erschossen!«
    »Mein Gott.« Lisa riß die Bettdecke hoch und bedeckte sich bis zum Kinn. Ein Kälteschauer durchjagte sie. »Ermordet?«
    »Ja. Ein Schuß mitten in die Stirn. Abgezirkelt. Ein Meisterschuß. Ich habe die Kugel aus dem Gehirn entfernt. Der Mörder schoß mit einer Automatikpistole.«
    »Mit einer Automatik …«, hauchte Lisa.
    Plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen. Sie lehnte den Kopf zurück an die Wand. Die Tasche Sybillas. Die Pistole mit dem langen Lauf. Es paßte so herrlich in dieses Bild … und wenn es nicht paßte, so konnte man es passend machen. Sybilla eine Mörderin! Welch ein Trumpf lag da in ihrer Hand!

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