Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
weiße Papierchrysantheme in das Knopfloch seines Smokings gesteckt; Sybilla hängte der Obersteward eigenhändig eine lange Kette aus künstlichen Tropenblumen um den Hals. Dann schwangen die Glastüren auf, Musik prallte ihnen entgegen wie eine Sturmwoge, Kapitän Selbach eilte auf sie zu und küßte Sybilla galant die Hand.
    »Wir haben Sie schon vermißt!« sagte er und bewunderte Sybillas schimmernde Haut. »Ein Fest ohne die Königin – wir waren schon alle sehr traurig.«
    Der Kapitänstisch war vollzählig versammelt, bis auf Jerome Dubois, von dem es hieß, er müsse noch im Schiffshospital liegen, wahrscheinlich bis New York. Mit großer Geste begrüßte Graf Sepkinow Sybilla. Er sah aus wie ein Urgroßvater der Hippies. In seinen langen weißen Patriarchenbart hatte man Blüten geflochten. Sam Hopkins trug eine hohe, steife Mütze in Form einer Whiskyflasche, was ihm sehr angenehm war, denn jedes Glas, das er hinunterstürzte, begründete er damit: »Die Bottle muß voll werden. Wenn ich schon Reklame laufe …« Sir Surtess gab sich gemäßigter. Er trug neben der Blume im Knopfloch nur einen roten Fez. Lady Anne dagegen war eine Augenweide; auf dem nur noch schwach gelockten Haar trug sie eine spanische Mantilla mit einem riesengroßen Hornkamm. Der deutsche Architekt Heinz Niehoff, korrekt im Smoking mit einer Nelke, hatte sich für ein arabisches Kopftuch entschieden. Er trug sogar, wie ein echter Wüstenscheich, eine dunkel getönte Brille. Als er Sybilla die Hand küßte, war sein Griff kalt und leblos, als habe seine Hand in einem Kühlschrank gelegen und taue jetzt auf. Die gelähmte Frau Michaelsen in ihrem Rollstuhl wirkte wie ein Schwarzwaldmädel; ihre Pflegerin, die stille, schüchterne, immer verängstigt wirkende Käthe Peine, trug einen Indianerrock und falsche, lange, schwarze Zöpfe. Sie wirkte wie eine Trauernde, von ihrem Indianerstamm Verstoßene.
    Etwas abseits saß Ulrich Renner. Er war in der Kleidung und Maske eines Prinzen gekommen. Als Playboy weiß man, was auf einem Schiff voller Frauen und Mädchen ankommt. Ein Prinz aus dem Märchen, der für eine Nacht greifbar ist: So etwas war noch nie eine Pleite gewesen. Renner hatte darin Erfahrung gesammelt auf vielen Seereisen. Er war auch heute umringt von vier Mädchen und voll damit beschäftigt, bonbonsüße Komplimente zu machen, abwechselnd mit ihnen zu tanzen und jeder ein Beisammensein bis zum Morgen zu versprechen. Wie er aus diesem Dilemma wieder herauskommen konnte, wußte er selbst noch nicht.
    »Es ist ein Jammer, daß unser Freund Dubois nicht mitmachen kann«, sagte Graf Sepkinow und zog Sybilla neben sich auf einen freien Stuhl. Hergarten wurde von Hopkins und Sir Surtess abgelenkt und zur Bar gedrängt.
    »Verzeihen Sie diese Vertraulichkeit«, sagte Surtess an der Bar. »Aber auch Mr. Hopkins leistet mir nur Hilfestellung. Ich mußte einen Grund haben, mich von meiner Frau zu entfernen. Unter Gentlemen die Wahrheit: Ich habe eine Verabredung mit einer Tänzerin des mitreisenden Royal-Balletts.«
    »Sir Surtess … Sir Surtess …« Hergarten drohte lächelnd mit dem Zeigefinger. »Wer hätte das gedacht?«
    »Mein lieber junger Freund.« Der Stahlmagnat blinzelte Hergarten an. »Ich bin fast doppelt so alt wie Sie. Was Sie noch vor sich haben, kann ich nie mehr nachholen. Ich muß mich mit Augenblicken zufriedengeben. Wenn wir jetzt so tun, als gingen wir in den Rauchsalon …« Er sah sich zum Kapitänstisch um. »Ihre Dame, Herr Hergarten, ist bestens versorgt. Der Graf kümmert sich um sie.«
    Hergarten sah zu Sybilla hinüber. Sie hatte den Kopf hochgereckt und blickte zu ihm hin. Ihre Augen waren eine große, stumme Frage. Hergarten schüttelte den Kopf und lächelte beruhigend. Keine Sorge, ich bleibe nicht lange. Und ich bin nie allein. Hopkins ist bei mir. Du brauchst keine Angst zu haben, daß man mich stiehlt.
    »Ein Walzer«, sagte Graf Sepkinow, als die Kapelle einen neuen Tanz aufspielte. »Das ist das einzige, was mir aus Petersburg geblieben ist; die Kunst, mich im Kreise zu drehen. Wollen Sie es wagen, mit einem alten Mann zu tanzen, Madame?«
    »Wer den Bart voller Blüten hat, ist nicht alt.« Sybilla lachte. Ganz alte Schule, führte Graf Sepkinow seine Tänzerin auf das Parkett, machte eine zackige Verbeugung und begann dann den Walzer.
    Er tanzte für sein hohes Alter noch recht gut, in der steifen Offiziershaltung russischer Adeliger. Seine Augen blitzten. »Karascho!« sagte er. »Es geht

Weitere Kostenlose Bücher