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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Verkrampfungen lösten sich, der Kopf sank zur Seite, nur die grell geschminkten Lippen bewegten sich noch.
    »Komm …«, sagte sie müde. »Komm doch …«
    Dann schlief sie.
    Dr. Dahl erhob sich vom Bett, zog seine Jacke an und räumte die Flasche, die Medizin und die Gläser wieder in seine Tasche. Er deckte Margret zu und sah auf seine Uhr. Nach der Dosis, die er ihr gegeben hatte, mußte sie bis zum Morgen fest durchschlafen. In der Nacht wollte er noch einmal nach ihr sehen. Morgen früh, wenn sie aufwachte, war er wieder bei ihr und lag neben ihr im Bett. Und sie würde glauben, daß die Nacht, die sie nur geträumt hatte, Wirklichkeit gewesen war.
    Dr. Dahl verließ die Kabine Margrets und schloß sie ab. Dann fuhr er hinauf zum Promenadendeck. Dort lagen die unentwegten Naturanbeter in den Deckstühlen, eingemummt in dicke Wolldecken, und erlebten den Sonnenuntergang und einen blutroten Atlantik. Auch Lisa lag an der Reling und sah über das Meer. Neben ihr, wie Mumien eingerollt, unbeweglich, lagen Sir Surtess, Lady Anne und Graf Sepkinow. Frau Michaelsen, in ihrem Rollstuhl, eine Pelzdecke um sich, ließ sich von ihrer Pflegerin auf der Promenade hin und her fahren. Ein Steward folgte ihr mit einem Tablett, auf dem ein Glas dampfenden Arraks stand. In Abständen von fünf Minuten winkte sie wortlos dem Steward, ließ sich das Glas reichen und nahm einen Schluck. Sybilla und Franz Hergarten fehlten an Deck; sie lagen in der Kabine, die Arme unter sich geschoben und sprachen von der Zukunft, die jetzt ganz anders aussah als noch vor einem Tag.
    »Ich bleibe in Amerika«, sagte Hergarten. »Wir werden irgendwo in Florida wohnen. Ich habe seit Jahren ein Angebot der amerikanischen Raumfahrtforschung. Aber Lisa wollte nie nach Amerika …«
    Graf Sepkinow begrüßte Dr. Dahl mit einem Wackeln seines weißen Bartes, der über den Decken hing und im Abendwind wehte. »Ist das nun gesund, Doktor?« rief er. »Sir Surtess behauptet es!«
    »Wenn Sie Asthma haben, Graf … sehr gut!«
    »Ich habe Arthrose, Doktor.«
    »Das schadet auch nicht. Kalk und Salz vertragen sich.«
    Die Herumliegenden lachten laut. Dr. Dahl setzte sich auf einen Hocker zwischen die Eingemummten. Auf der Kommandobrücke stand der II. Offizier und bestimmte mit dem Sextanten den Standort der ›Ozeanic‹. Kapitän Selbach war sauer. Er ließ sich seit der Übung nicht mehr bei den Passagieren um Sepkinow sehen. Dem Kapitänstisch, dem Ehrentisch an Bord, präsidierte der I. Offizier. Kapitän Selbach aß in der Offiziersmesse. Ein stummer, aber deutlicher Protest.
    Graf Sepkinow sagte es zu Dr. Dahl.
    »Es tut mir leid, aber ich bin ein Mensch, der vor den roten Teufeln in die Freiheit flüchtete, um wirklich frei zu sein. Ich hasse die Vokabeln: müssen, sollen, Verfügung, Paragraph, Bestimmung, Befehl, Verordnung und gehorchen. Ich hasse sie wie die Pest! Ich lebe mein eigenes Leben, und das geht keinen etwas an. Ich gliedere mich ein in die Ordnung der Ethik – damit ist aber auch Schluß. Jeden, der Zwang ausüben will, könnte ich umbringen wie meinen ärgsten Feind. So war es auch heute morgen. Wenn meine Diener unter Deck bleiben wollen, so bleiben sie. Doch reden wir nicht mehr darüber.«
    Dr. Dahl sah sich um. Wo waren die drei Lakaien? Nur einer stand stumm und wächsern an den Aufbauten, bereit zur Bedienung seines Herrn. Shura Aitmanow und der andere fehlten.
    »Erzählen Sie, Doktor, was Sie von der Welt schon gesehen haben«, sagte Sir Surtess. »Vorhin war der Herr Bordpfarrer hier und ging von Stuhl zu Stuhl. Er wußte nichts Neues. Er sagte: Gott ist überall.«
    »Er hat mich zu einer Diskussion eingeladen!« rief Sam Hopkins aus seinem Liegestuhl. Er hatte eine Decke um seinen Kopf gelegt und sah aus wie ein riesiges Wickelkind.
    Der Abend sank über das Schiff und das Meer. Tausende Lichter schimmerten auf. In den Salons waren die Tische zum Dinner gedeckt, die Passagiere schälten sich aus den Decken und gingen hinunter zu ihren Kabinen. Die abendliche Toilette begann. Smoking und Cocktailkleid. Die schwimmende Stadt zeigte wieder ihren glitzernden Luxus. Die Millionen, die hier über den Atlantik schwammen, waren nicht zu schätzen.
    Dr. Dahl und Lisa blieben zurück, bis alle vom Promenadendeck verschwunden waren. Dann gingen sie langsam hinauf zum Sonnendeck und waren dort völlig allein unter einem Himmel, an dem die Sterne erschienen, als wurden sie einzeln gegen eine dunkle Wand geworfen.
    »In dreieinhalb

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