Schwarzer Nerz auf zarter Haut
bei der Alarmübung.«
»Und da zogen Sie los?«
»Ja. Ich gönnte Sie den Russen nicht.«
Niehoffs Augen wurden vorsichtig und lauernd. »Das klingt merkwürdig, schöne Frau! Was soll das heißen?«
»Überlegen Sie mal.«
Niehoff stützte sich auf den Ellenbogen auf. Es fiel ihm schwer. »Ich kann das nicht verstehen«, sagte er. »Sie wissen doch, Sie wissen es ganz genau. Ich bin der Mann mit der Maske, der Sie über Bord werfen wollte.«
»Ja.« Sybilla sagte es ganz ruhig. »Darum rettete ich Sie vor den Russen. Ich möchte Sie für mich behalten.«
Es war die eiskalteste Drohung, die Niehoff je gehört hatte – und eine Frau, die wie ein Engel aussah, sprach sie aus.
Niehoff brauchte einige Zeit, um diese Drohung Sybilla Odenthals zu verdauen. Dann ließ er sich in die Kissen zurückfallen und seufzte etwas. »Ich hatte also doch recht, als ich sagte, daß weibliche Teufel schrecklicher sind als zehn männliche Beelzebuben! Wenn Sie mich schon umbringen wollen … Sie haben es jetzt ja leicht, wo ich wehrlos vor Ihnen liege … warum dann dieser Umweg? Ich sehe da keine Logik.«
»Ich will Sie nicht töten.« Sybilla erhob sich, ging zum Tisch, goß ein Glas Orangensaft ein, tat zwei Stückchen Eis aus einem Thermokesselchen hinzu und gab es Niehoff zu trinken. An seinen glänzenden Augen sah sie, daß er Fieber hatte. Dankbar lächelte er ihr zu und trank das Glas in hastigen, durstigen Zügen. »Ich brauche Sie als Köder, mein Lieber.«
»Als was?« Niehoff starrte sie ungläubig an.
»Als Lockvogel! Als Wurm an der Angel, um den dicken Fisch zu fangen. Wo Sie sind, wird auch er hinkommen – und dann ziehe ich an der Schnur, und der große Fisch hängt am Haken.«
»Sie wissen doch, wer dahintersteckt. Die Russen.«
»Warum muß der Russe immer der große Gauner sein? Wo irgend etwas Politisches geschieht, gleich ist der Russe der Buhmann. Nein, mein Lieber, hier ist der große Fisch ein anderer. Gut, Sie wurden von den Lakaien Sepkinows gefoltert …«
»Das nennen Sie gut! Ihre Nerven möchte ich haben. Haben Sie schon von der mongolischen Tortur gehört?«
»Gehört schon, aber noch nie gesehen.«
»Dann danken Sie Gott zu jeder Stunde mit zehn Psalmen.«
»Sepkinow ist kein Agent.«
»Ach nein! Hat er mich braten lassen, um zu riechen, wie verbranntes Menschenfleisch duftet?«
»Seine drei Kreaturen, das sind die wahren Teufel. Hinter Sepkinow steht ein Geheimnis, ich bekomme es noch heraus.« Sybilla setzte sich wieder auf die Bettkante. »Zählen wir doch zusammen: Sie erschießen Dubois, dann werden Sie selbst von den Russen aufs Brett geschnallt, ein Unbekannter schlägt dem Kabinensteward Budde den Schädel wie ein Ei ein. Budde war ein Kollege vom CIA, ich wußte es seit Cherbourg, wir sprachen zusammen über die Sicherheit Hergartens, die in unseren Händen liegt … Nun liegt er nebenan bei dem toten Dubois im zweiten Bett.«
Heinz Niehoff war gelbweiß geworden. »Das mit Budde wußte ich noch nicht«, sagte er kaum hörbar. »Hier bringt ja jeder jeden um! Wer hat das getan?«
»Genau das weiß keiner.« Sybilla war sehr ernst geworden. Ihre schöne Stirn wurde jetzt von einer tiefen Falte durchschnitten. Sie sah sehr streng und hart aus und war plötzlich von einer erschreckend kalten Schönheit. »Darum brauche ich Sie, Herr Niehoff. Die Russen waren es nicht; sie haben verzweifelt versucht, den Verdacht, der auf sie fallen sollte, wegzuputzen. Im wahrsten Sinne des Wortes: Sie haben Blut und Hirn aus allen Winkeln ihrer Kabine gewischt. Sie lagen hier außer Gefecht, ich war es nicht, Dubois liegt kalt nebenan … es ist also hier an Bord jemand, der darauf wartet, daß wir uns gegenseitig fressen, der sogar ein bißchen nachhilft, um dann als lachender Dritter an das zu kommen, was ihr alle im Sinn habt: Die Papiere Dr. Hergartens. Herr Niehoff, wollen Sie mir nicht sagen, für wen Sie arbeiten?«
»Nein, schöner schrecklicher Engel! Wie kann eine so wundervolle Frau nur einen so harten Job haben? Wenn man Sie reden hört, könnte man den Glauben an das schwache Geschlecht restlos verlieren.« Heinz Niehoff sah auf die Uhr. Gleich kam Dr. Dahl zurück, um die Unterhaltung zu unterbrechen. Die halbe Stunde war bald um. »Können Sie mir eine Pistole hierlassen, Todesengel?«
»Ich kann, aber ich tue es nicht.«
»Ich verspreche Ihnen, auf jeden, nur nicht auf Sie zu schießen.«
»Auch dann nicht.«
»Sie wollen mich wehrlos hier liegen lassen?«
»Ein Wurm an
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