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Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Schwarzer Nerz auf zarter Haut

Titel: Schwarzer Nerz auf zarter Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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heraus, den er auf der nackten Brust getragen hatte, und ging in die Hocke. Mit schnellen Händen rollte er den Bodenteppich etwas auf und steckte den Schlüssel in ein winziges Loch im Fußboden. Als eine Feder schnappte und Hergarten an dem Schlüssel zog, sah man erst, daß eine Tür sich abhob. Eine Platte des Kunststoffbelages war zum Eingang zu einem Tresor umgebaut worden. Kapitän Selbach bot ein seltenes Bild: er staunte mit offenem Mund.
    »Das wußte noch nicht einmal ich«, sagte er leise. Dann schielte er zu seinem Oberzahlmeister. »Aber Sie, Knöpfel?«
    »Ja, Herr Kapitän.«
    »Gibt es noch mehr solche Überraschungen an Bord?«
    »Darauf darf ich Ihnen keine Antwort geben, Herr Kapitän.«
    »Auf meinem Schiff?«
    »Ich wurde von der Reederei unter Eid genommen.«
    Kapitän Selbach war sichtlich beleidigt. Aber er schwieg. Man sah ihm an, daß er nach der Rückkehr nach Hamburg sofort zum Reeder laufen und sich beschweren würde. Ein Kapitän, der sein Schiff nicht hundertprozentig kennt – wo gibt es so etwas?
    Hergarten holte aus dem Tresor seine schwarze Ledertasche, öffnete sie und holte einen dünnen Schnellhefter heraus. Er schlug ihn auf, ein paar Seiten Papier Formeln, Beschreibungen, ein paar Zeichnungen.
    »Dafür werden Menschen umgebracht«, sagte Dr. Dahl bitter. »Werden sie gefoltert, werden Menschen zu Bestien. Ein paar lumpige Blätter Papier mit ein paar Formeln …«
    »… die die Welt verändern können«, fügte Sybilla hinzu. »Auch die Spaltungsformel der Atome besteht nur aus einer Zeile.«
    Hergarten ging mit seinem Schnellhefter zum Schreibtisch. Jetzt sprach niemand ein Wort. Man ließ ihn wie durch eine Gasse gehen, er setzte sich und sah auf sein Lebenswerk.
    Die Summe vieler Jahre Forschung.
    Die Frucht schlafloser Nächte.
    Das Ergebnis einer Intelligenz, die mit anderen Materien zu spielen begonnen hatte.
    Ein Geniestreich.
    »Ich ertrage das nicht länger«, stöhnte Dr Dahl und warf sich auf Hergartens Bett. Er schlug die Hände vor die Augen und zitterte. »Ich kann nicht mehr! Sind diese Blätter Papier mehr wert als Lisa? Ist das überhaupt noch eine Frage?«
    »Ich werde eine Nachricht hinterlassen«, sagte Dr. Hergarten kaum hörbar. »Ich werde um Verständnis bitten.«
    »Diese Schufte kennen keine Moral!« schrie Dr. Dahl. »Sie appellieren an einen Tiger, der Blut gerochen hat!«
    »Warten wir es ab.«
    »Und wenn sie Lisa töten? Hergarten …« Dr. Dahl sprang auf. Ehe man ihn festhalten konnte, war er bei Hergarten und riß ihn mit beiden Händen vom Stuhl. »Wenn Lisa etwas geschieht, bringe ich Sie um! Verstehen Sie mich! Ich – bringe – Sie – um! Ganz gleich, wohin Sie sich verkriechen, ich finde Sie! Ich habe Zeit, Sie zu suchen, ich werde im Leben nichts anderes mehr tun, als Lisas Tod an Ihnen zu rächen! Wissen Sie überhaupt, was Sie mit Ihren dämlichen Formeln da anstellen! Überblicken Sie überhaupt die Folgen Ihrer Forschung?«
    »Ja«, sagte Hergarten knapp.
    »Und Sie können noch ruhig atmen?«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« Hergarten schüttelte Dr. Dahl von sich ab. »Es genügt, daß Sie mir meine Frau genommen haben – das konnte ich nicht verhindern. Hier, Doktor Dahl, hier handle ich jetzt allein! Und ich brauche keine Ratschläge und keine Hilfe mehr! Auch nicht von dir, Sybilla.«
    Sybilla senkte den Kopf und schwieg. Ihre Aufgabe sah sie als beendet an. Sie hatte versagt. Zum erstenmal in ihrem Leben, denn zum erstenmal hatte sie richtig geliebt. Was jetzt kam, war das einfache Leben der Sybilla Odenthal, ein Leben, das keinen mehr interessierte. Ein Leben an der Seite des Mannes, zu dem sie gehörte. Und was dieser Mann tat, das war gut. Sie ordnete sich unter, weil sie liebte.
    »Was wollen Sie schreiben?« fragte Selbach, heiser vor Erregung.
    »Ich lade zu einer Party ein.«
    »Was wollen Sie?« schrie Dahl auf. »Sind Sie total verrückt?!«
    »Ich lade zu einer Party ein, morgen nachmittag nach dem Essen, auf dem Lido-Deck.« Die Stimme Hergartens war ganz ruhig. Er klappte seinen Schnellhefter zu und steckte ihn wieder in die schwarze Aktentasche. »Ich bitte Sie, Herr Kapitän, daß außer unserem Unbekannten, den ich selbst einlade, auch alle Passagiere des Promenadendecks eingeladen werden, durch Sie in meinem Namen. Machen wir es formvollendet. Lassen Sie in der Borddruckerei die Einladungen drucken und beim Frühstück auf die Kabinen verteilen. Ich möchte im kleinen, exklusiven Kreis einen Vortrag über

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