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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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Herzzentrum, dort ist sie in den besten Händen«, sagte der Notarzt beruhigend.
    Marks Blick hing an ihrem Gesicht, als dürfe er keinen Wimpernschlag verpassen. Ohne uns anzusehen, sagte er kurz angebunden: »Ich fahre hinterher und bleibe erst einmal bei ihr im Krankenhaus.«
    »Gibst du mir deine Handynummer?«, bat ich ihn. »Falls irgendetwas ist …«
    Er runzelte ungehalten die Stirn und sagte abweisend: »Ich habe keins. Mag die Dinger nicht. Falls es hier Probleme gibt, ruft ihr am besten Miles an!«
    Der freundliche Arzt schien zu spüren, dass Rosie und ich etwas mehr Zuspruch benötigten. Er lächelte uns professionell beruhigend zu, während er der Prozession nach draußen folgte. »Machen Sie sich nicht zu viele Sorgen! Die alte Dame ist zäh – sie ist bald wieder auf dem Damm.«
    Wie von weither registrierte ich das Blitzlichtgewitter, die sonore Stimme des Arztes, die alle aufforderte, beiseite zu treten, und die beiden Wagen, die mit aufheulendem Motor davonrasten. Ich sah ihnen nach und kam mir verlorener denn je vor.
    »Wollen Sie was essen, Miss?«
    Die Stimme klang so unfreundlich wie Rosies, aber sie war nicht die von Rosie. Überrascht sah ich von dem Buch auf, das ich gerade zu lesen versucht hatte, und blickte genau in die feindselig zusammengekniffenen Augen des Mädchens vom Foto auf Marks Schreibtisch. Was machte Jessica hier?
    Verblüfft sagte ich automatisch: »Nein, danke. – Sie sind Jessica, nicht wahr? Ich bin Verena Naumann …«
    »Ich weiß!«, unterbrach sie meinen Begrüßungsversuch. »Sie sind die Deutsche, die Mark so viel Ärger gemacht hat.« Der schmallippige, grell geschminkte Mund verzog sich boshaft, während wir uns gegenseitig musterten. »Bilden Sie sich bloß nicht ein, dass Sie ihn einwickeln können mit Ihrem ganzen Geld! Sobald Mark Sie nicht mehr bei Laune halten muss, lässt er Sie fallen wie eine heiße Kartoffel.«
    Das Ausmaß ihrer Bösartigkeit überraschte mich, aber ich wollte mir nichts anmerken lassen. »Um danach mit fliegenden Fahnen zu Ihnen zu wechseln?«, gab ich ironisch zurück. Die Spitze traf nicht. Ungerührt nickte Jessica, wobei ihre vor Haarspray steifen Haare auf und nieder hüpften. »Natürlich. Ich gehöre hierher.« Sie leckte sich die Lippen, eine Geste, die fast obszön wirkte. Das schlichte Statement strotzte vor Selbstbewusstsein und etwas an ihrer Überzeugung gefiel mir nicht. Wie konnte sie sich derart sicher sein? Brächte Mark so etwas fertig? Ich glaubte es nicht.
    Aber ein winziger Zweifel blieb.
    Die Behauptung, Mark spiele nur mit mir, hatte einen Nerv tief in meinem Inneren getroffen.
    »Meine Mutter fühlt sich nicht gut«, fuhr Jessica ungerührt fort. »Aber deutsche Frauen sind ja angeblich so tüchtig, da kommen Sie sicher allein zurecht.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und stolzierte aus dem Zimmer, wobei ihre in zu enge Hosen gezwängte Kehrseite aufreizend wackelte.
    Nein, ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Aber wie gut kannte ich Mark schließlich? Meine Erfahrungen mit Männern waren rudimentär. Nach Dieter hatte ich keinen mehr so nahe an mich herangelassen, dass er mir hätte wehtun können – bis jetzt. Ich verspürte plötzlich den brennenden Wunsch, mich bei Jonathan auszusprechen. Jonathan hätte mir geduldig und verständnisvoll zugehört, behutsam alles zurechtgerückt und meine Ängste beschwichtigt.
    Mein Schmerz um Jonathan mischte sich mit der Angst, der unbekannte, neue Mark könnte mich genauso verletzen wie Dieter. Nein, viel schlimmer, denn die Gefühle, die unmerklich in mir gewachsen waren, hatten nichts mit der jugendlichen Vernarrtheit von damals gemein.
    Er hatte mich angefahren, als hätte er sich gerade noch zurückhalten können, mich zu schlagen – mich, nachdem es noch keinen Tag her war, dass er behauptet hatte, ich sei das Beste, was ihm in seinem Leben begegnet wäre. Konnte man so etwas sagen und es nicht ernst meinen? Hatte er es nur so dahingesagt – oder vielleicht doch voller Berechnung? Ich dachte an seine geschickten Händen, seine mitreißende Sinnlichkeit – er hatte Türen in mir aufgestoßen, von denen ich nichts geahnt hatte. Ich liebte ihn mit einer Leidenschaft, die mich selbst erschreckte, weil ich sie nicht in mir vermutet hatte. Aber liebte er mich?
    Es war geradezu unheimlich still im Haus. Man konnte sogar die Wanduhr hören. Sie tickte, also stand sie nicht. Und doch fühlte es sich so an, als würde die Zeit

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