Schwarzer Purpur
bereits in der Nacht erledigt, nachdem ich die wenigen Hausordner, die Mutter geführt hatte, für Dr. Heydrich beziehungsweise den Makler auf die Fensterbank in der Küche gestellt hatte. Ohne einen Blick zurück klebte ich den Briefumschlag zu, in dem ich den Hausschlüssel in die Kanzlei schickte, und bat die beiden, kurz am nächsten Briefkasten zu halten.
Die Fahrt zu Monika dauerte über fünf Stunden. Eingeklemmt zwischen dem Fahrer, der nach Bier und gebratener Leber stank, und dem Beifahrer, dessen Kleidung altes Frittierfett und abgestandenen Rauch ausdünstete, kämpfte ich permanent gegen Übelkeit. In einem Anflug von Bösartigkeit hoffte ich inständig, dass ich kräftig in dieser Geruchskakophonie mitmischte.
Monika musterte mich mitleidig, als ich endlich steifbeinig und ungeschickt aus dem Führerhaus kletterte. »Na, als taufrisch kann man deinen Zustand wirklich nicht mehr bezeichnen!«
Ich rollte mit den Augen in Richtung meiner Begleiter. Monika grinste spöttisch und meinte: »Ein Sperling schimpft den anderen Dachhucker! Du duftest auch nicht gerade nach Veilchen und Rosen. Habt ihr bei euch diesen Herbst viel Ärger mit Vampiren?«
Unter ihrer Leitung bugsierten die Männer meine spärliche Einrichtung in das Zimmer im oberen Stock, das Monika für mich frei geräumt hatte. »Viel hast du ja nicht mitgebracht«, stellte sie nach einem Blick fest. »Vielleicht hätte ich dich besser im Gewächshaus untergebracht, das scheint dir mehr zu liegen.«
Alfons’ Gewächshaus, das sie mir als Quartier für meine Sammlung angeboten hatte, ließ sich zur Erleichterung der Packer direkt anfahren. Prüfend schaute ich mich um.
Das relativ kleine Glashaus war, wie früher üblich, halb in den Erdboden eingelassen. Von außen wirkte es sehr niedrig, aber innen konnte auch ein größerer Mann bequem stehen. Die Heizungsrohre glucksten und knackten beunruhigend. Hoffentlich versagten sie nicht plötzlich ihren Dienst. Die Wasserbecken an den Längsseiten unter den Borden müffelten leicht faulig, Alfons schien sich nicht die Mühe zu machen, sie zu säubern. Dass er sein Gewächshaus auch selbst nutzte, davon zeugte eine Unmenge kleiner Tontöpfchen voll Begonien – Blattstecklingen am hinteren Ende. Das beruhigte mich. Blattbegonien verlangen ein Klima, dass für meine Orchideen mehr als ausreichend war.
Für die meisten meiner winterschlafenden Fuchsien war es allerdings zu tropisch. Das musste ich Monika nicht erklären.
»Während du deine Lieblinge auspackst, fahren die Männer und ich schnell hinüber zum großen, temperierten Haus und stellen die Fuchsien da ab«, schlug sie vor. »Sind empfindliche dabei, oder können wir sie erst einmal im Karton lassen?«
»Einfach abstellen – nur kein Frost!«, murmelte ich abwesend, während ich bereits begonnen hatte, meine Cattleyen aus der Folie zu schälen.
Kapitel 3:
Blütenzauber
In den folgenden Tagen bedauerte ich manchmal meine geradezu panische Flucht. Auch wenn man denkt, man könnte sich unbemerkt aus dem Staub machen, sind auf einmal alle möglichen Institutionen am Verbleib interessiert: Die Krankenkasse musste die Chipkarte umschreiben und war erst dazu bereit, wenn sie die alte vorliegen hatte. »Ja, wenn Sie persönlich vorbeigekommen wären …«
Auf Monikas Drängen hin meldete ich mich wie ein braver Bürger auf dem Einwohnermeldeamt an und wurde mit deutlichem Tadel darauf hingewiesen, dass ich mich erst einmal an meinem früheren Wohnort ordnungsgemäß hätte abmelden müssen. Und ein paar Tage später erhielt ich einen förmlichen Brief von Dr. Weydrich, in dem er fragte, ob ich Telefon, Rundfunk und Fernsehen, Strom und Wasser abgemeldet hätte oder ob er das für mich erledigen sollte. Die Grundsteuer sei auch bald fällig. Mutter hatte dies alles mit Abbuchungserlaubnis geregelt, aber die war mit ihrem Tod automatisch erloschen: Wie Sie aus den beigelegten Briefen und Unterlagen ersehen können, müssen Sie einige Entscheidungen treffen.
Die Entscheidung, das Zeitungsabonnement nicht zu übernehmen, war einfach. Schwieriger wurde es bei den Versicherungen. Beschämt musste ich mir eingestehen, dass ich wie ein Kind in den Tag hinein gelebt hatte. Von meinem Gehalt war per Dauerauftrag ein großer Teil auf Mutters Konto gegangen, und weiter hatte ich mich um nichts gekümmert. War ich doch der Ansicht gewesen, dass wir »gerade so über die Runden kamen«, wie sie mir immer wieder gesagt hatte.
Als ich endlich mit Dr.
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