Schwarzer Purpur
war aber durchaus entgegenkommend, als er merkte, dass ich nur privat züchtete. Wir würden in Verbindung bleiben, und wenn er Überschuss hatte, würde er mir geeignete Samen verkaufen. Wenn ich Glück hatte, konnte ich in einigen Jahren ein ähnliches Exemplar besitzen! Beschwingt von dieser Aussicht bog ich um die Ecke – und sah als Erstes die nahezu schwarze Riesenblüte einer Strauchpäonie. Dahinter nickten tief dunkelrote Cosmeablüten, und aus einer Ampel hingen mitternachtsblaue Lobelien. Das musste Purple Passion sein!
Unwillkürlich hielt ich Ausschau nach meinem unwilligen Geschäftspartner.
»Wieso haben Sie so lange gebraucht? Ich hatte schon fast angefangen zu hoffen, Sie hätten mich vergessen.«
Ich fuhr herum und fühlte peinlich berührt, wie als Reaktion auf seinen Anblick eine verräterische Wärme unaufhaltsam an meinem Hals hinauf und über mein Gesicht zog. Er hatte die Anzugjacke ausgezogen und die Hemdsärmel bis zu den Ellenbogen aufgekrempelt. Seine muskulösen Unterarme, auf Brusthöhe verschränkt, befanden sich genau vor meiner Nase, und ich musste den Impuls unterdrücken, sie anzustarren.
Obwohl ihm das hellblaue Hemd mit der dunkelblauen Krawatte ausgezeichnet stand, schien er sich doch nicht ganz wohl darin zu fühlen. Vielleicht war es auch die stickige Luft hier drinnen, jedenfalls hatte er den Knoten gelöst und sie hing locker herab, ein überflüssiges Requisit seiner morgendlichen Inszenierung. Seine dunklen Haare wirkten freundlich zerzaust, doch die grauen Augen blickten kühl und spöttisch von oben auf mich herab.
»Tut mir leid, dass ich Sie warten ließ«, gab ich zuckersüß zurück. »Aber jetzt können Sie mir ja in aller Ruhe zeigen, was ich gekauft habe.«
Die elegant geschwungenen Brauen hoben sich arrogant. »Sind Sie da nicht etwas voreilig? Bevor Sie nicht mehr ordern, als ich liefern kann, greift der Passus nicht.«
Ich hatte eigentlich gemeint, dass er mir einfach nur seine Züchtungen vorführen sollte, und setzte schon zu einer Richtigstellung an, als er ohne mich anzusehen weitersprach: »Wieso sind Sie eigentlich so versessen auf meine Pflanzen? Ihr deutscher Anwalt muss Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben, mich dermaßen in die Enge zu treiben.«
»Bilden Sie sich da nicht etwas zu viel ein?«, fragte ich spöttisch. »Für mich klang es eher danach, dass sie wie eine reife Pflaume bereithingen: hoher Finanzbedarf, ungenügende Rücklagen, kaum hypothekentaugliche Sicherheiten, und dazu ein Sortiment, dass hohe Rendite verspricht«, zählte ich auf. »Die ersten drei Punkte sind schlecht für Sie – der letzte ist vielversprechend für mich.«
Er knirschte deutlich hörbar mit den Zähnen. Offenbar mochte er es nicht, wenn man ihn auf seine Fehler hinwies.
Insgeheim aber war ich überrascht. Dr. Weydrich hatte keine übermäßige Anstrengung seinerseits erwähnt. Sobald ich zurück in Deutschland wäre, würde ich ihn danach fragen.
»Ihre Ware ist aus kaufmännischer Sicht hochinteressant«, gestand ich ihm zu, wobei ich kaufmännisch betonte. »Die Leute zahlen Wahnsinnspreise, nur weil Schwarz gerade in Mode ist.«
An seiner Schläfe begann gut sichtbar eine Ader unter der Haut zu klopfen. Er bildete sich ganz entschieden zu viel ein auf sein Schickimicki-Zeug. Es wurde Zeit, ihm einen Dämpfer zu versetzen.
»Mir persönlich sind richtige Farben lieber, kräftig bunte«, fügte ich also übertrieben aufrichtig hinzu, »aber damit kommt man auf keinen grünen Zweig.«
»Vermutlich bevorzugen Sie Primeln und Sonnenblumen in Knallgelb, Akelei, Stiefmütterchen und Iris in süßlichem Hellblau und Mohn in Grellrot«, schnaubte er verächtlich. »Ich wette, über ihrem Sofa hängt ein Riesendruck von Monets Seerosen.«
Dummerweise hatte er damit einen Treffer gelandet. Sie hingen zwar nicht über meinem Sofa, sondern im Flur neben der Garderobe, um dort einen Riss im Putz zu verdecken, aber ich mochte sie. Sie waren so beruhigend.
Meine Reaktion war den scharfen Augen nicht entgangen. »Wusste ich es doch«, nickte er zufrieden mit seiner Einschätzung meiner Präferenzen. »Es hätte mich auch gewundert, wenn Sie einen … individuelleren Geschmack hätten.«
Eingebildeter Affe! »Man muss die Dinge nicht mögen, um sie zu verkaufen«, zog ich mich auf sicheres Terrain zurück. »Und ihr schwarzes Zeug ist aus nicht nachvollziehbaren Gründen derart in Mode gekommen, dass die Leute bereitwillig Mondpreise zahlen. Mein
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