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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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Modemutige trugen sogar Turnschuhe, was zu den adretten Vorstadtkostümen nicht so recht passen wollte.
    Die Schlange vor mir geriet in Bewegung, und Schritt für Schritt ging es voran. Was für ein Glück, dass ich auf Jonathan gehört hatte und nicht, wie ursprünglich geplant, erst im Laufe des Vormittags aufgebrochen war!
    Weiter vorne konnte ich bereits die dunkelblauen Uniformen der Sicherheitskräfte erkennen und öffnete meine Handtasche, um meine Eintrittskarte herauszuholen. In dem Moment bemerkte ich aus dem Augenwinkel eine bekannte Gestalt, die quer über die Rasenfläche auf den Sondereingang für Aussteller zustrebte. Ich erkannte ihn sofort, obwohl er heute statt der verblichenen Jeans einen modischen Anzug trug. In diesem Aufzug sah Mark Abernathy einfach unerlaubt gut aus.
    Ohne nachzudenken sprintete ich ihm hinterher und erreichte ihn kurz vor dem Tor. »Hallo«, keuchte ich. Der Rücken unter dem feinen Zwirn versteifte sich. Betont langsam drehte er sich um und begrüßte mich unwillig.
    »Wir haben ganz vergessen, eine Zeit auszumachen«, erinnerte ich ihn und versuchte unauffällig eine Spur des Geruchs zu erschnuppern, der mich gestern so fasziniert hatte. »Ich hätte gerne so schnell wie möglich einen groben Überblick.«
    »Selbstverständlich, so schnell wie möglich.« Seine Stimme klang sarkastisch. »Leider habe ich jetzt eine Verabredung. Aber ab mittags bin ich jederzeit an meinem Stand anzutreffen.« Er nickte mir kurz zu und verschwand hinter dem grün gestrichenen Holztor.
    Die Umstehenden hatten höflich gewartet, dass ich meinen Platz in der Reihe wieder einnahm. Die ältere Dame vor mir nahm sich sichtlich ein Herz und fragte schüchtern: »Entschuldigen Sie, aber kennen Sie diesen jungen Mann gut?«
    »Nicht direkt – nur geschäftlich«, schränkte ich ein. »Wieso?«
    Sie holte tief Luft und sagte bedauernd: »Schade! Sie passen so unglaublich gut zusammen. Wie Sie dort nebeneinander standen … Bitte entschuldigen Sie meine Aufdringlichkeit.« Sie nickte mir entschuldigend zu und wurde gleich darauf von ihrer Nachbarin in ein Gespräch verwickelt. Wir passten also gut zusammen? Ich hatte eben eher den Eindruck gehabt, er würde liebend gerne auf unsere Bekanntschaft verzichten. Und mich reizte seine Arroganz bis aufs Blut. Hatte sie unsere gegenseitige Abneigung mit etwas anderem verwechselt? In Gedanken versunken passierte ich die Sperren und wurde augenblicklich abgelenkt von dem Bemühen, mich im Menschenstrom zu behaupten. Man konnte sich nur treiben lassen und versuchen, im richtigen Moment an den Rand des Gehwegs zu gelangen, um sich an einen Firmenstand zu retten wie auf eine Insel in der Brandung.
    Der Lageplan, den Jonathan mir neben meinen Teller mit Rührei und Schinken gelegt hatte, half mir nicht weiter. Ich vermutete mich in der Allee, die vom Haupteingang zum Themseufer führte. An beiden Seiten reihten sich die Verkaufs- und Präsentationsstände aneinander, hauptsächlich Gartengeräte, Samen, Gärtnerzubehör, aber auch einige Kunstausstellungen von nichts sagend hübschen Aquarellen bis hin zu interessanten Bronzeskulpturen.
    Im Schutz eines lebensgroßen Pferds aus Kunststein zog ich den Plan zu Rate und stellte fest, dass ich am Ende der Allee auf die Straße der Schaugärten für die Prämierung stoßen müsste. Also wieder hinein ins Getümmel. Und richtig: Am unteren Ende teilte sich die Menge in zwei Schlangen, die entweder durch ein Tor mit der Aufschrift Slow Track oder Fast Track gingen.
    Ersteres bedeutete, dass man zwar unmittelbar an den einzelnen Gärten Vorbeigehen durfte, sich dieses Schlendern aber aufgrund der Menschenmassen ewig hinzog. Auf dem Fast Track – der aus drei Laufgängen in drei unterschiedlichen Höhen bestand – schien es tatsächlich eine Spur schneller zu gehen, doch ich merkte bald, dass man auch hier nur schrittweise vorankam. Von der obersten der drei Brücken hatte ich aber immerhin einen guten Blick auf die Gärten – und auf die Ordnungskräfte, die mit Megaphonen versuchten, die Menschen anzufeuern: » You’re on the Fast Track – please move! « Die Gartenflächen von absolut identischer Größe waren nach den unterschiedlichsten Themen gestaltet. Angestellte liefen hin und her und verteilten Beschreibungen, Pflanzpläne, Reklameblätter in die Menge. Man musste nur die Hand ausstrecken.
    Besonders gut gefiel mir ein exotischer Garten, dessen Mittelpunkt ein mit roten und schwarzen Begonien bepflanzter

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