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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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umarmte sie noch einmal, dann ließ sie sich von Lennard in ihre Wohnung begleiten, während ihre Chefin mit einem der Polizisten redete.
    »Was ist bloß mit den Leuten los!«, sagte sie, als sie in |336| ihrer Küche saßen. »Es scheint, als würde das ganze Land durchdrehen!«
    »Ich glaube, es gibt Leute, denen das ganz recht ist«, sagte Lennard. »Vielleicht haben sie die Bombe in Karlsruhe gezündet, weil sie genau das erreichen wollten, was jetzt passiert: Chaos, Hass und Gewalt. Ich bin einem von ihnen auf der Spur.« Er deutete in Richtung der Reisetasche, die neben dem Küchentisch stand. »Ich muss ein paar Tage weg. Ich weiß noch nicht, ob ich’s schaffe, mich von unterwegs zu melden.«
    Fabienne sah ihn mit großen Augen an. Sie wirkte noch blasser. »Lennard«, sagte sie mit bebender Stimme. »Du bist in großer Gefahr!«
    Etwas in ihrer Stimme jagte ihm einen Schauer über den Rücken. »Wie kommst du darauf?«
    »Du wirst es albern finden, aber … ich kann so etwas spüren.« Sie erzählte ihm von ihrem Traum der letzten Nacht, kurz bevor auf der anderen Straßenseite das Haus in Flammen aufgegangen war. Ein Traum von irgendwelchen Tarotkarten. »Etwas geschieht hier, etwas Böses!« Sie stellte ihren Becher mit Tee zur Seite und nahm seine Hand. »Bitte, Lennard! Was immer du vorhast, tu es nicht! Ich glaube, die Karten wollen mich vor einer großen Gefahr warnen! Und du bist ein Teil davon!«
    Er sah in ihre braunen Augen, die noch leicht gerötet waren. Es hatte keinen Sinn, ihr zu erklären, dass es nur ein Traum war. Ihre Sorge um ihn würde sich nur noch verschlimmern, wenn er sie nicht ernst nahm. »Zeig mir die Karten«, sagte er.
    Sie sah ihn einen Moment verblüfft an. Dann holte sie ein kleines verziertes Holzkästchen aus dem Schlafzimmer. Sie suchte sechs Karten heraus und legte sie so aus, dass sie einen Stern ergaben.
    »Erklär mir, was das bedeutet«, bat er.
    |337| »Hier im Zentrum, das ist der Turm. Eine drastische, manchmal katastrophale Veränderung, der Zusammenbruch bestehender Ordnung.«
    »Karlsruhe.«
    Sie nickte. »Die fünf Karten drumherum haben irgendwie mit dieser Geschichte zu tun. Der Ritter der Stäbe steht für Leidenschaft und Kraft, die Königin der Schwerter symbolisiert die Vernunft. Die beiden könnten Gegenspieler sein. Der Teufel, na ja, du kannst dir ja denken, was der bedeutet. Obwohl es im Tarot eigentlich keine rein negativen oder positiven Karten gibt, verkörpert er alles, was uns hemmt und unsere Weiterentwicklung behindert: Illusionen und Täuschungen, die Bindung an Laster und schlechte Angewohnheiten. Der Narr steht für Naivität, Sorglosigkeit und Lebensfreude.« Sie lächelte schief. »Das ist die Karte, die mich betrifft. Und die hier, der Eremit – ich glaube, das bist du, Lennard.«
    »Okay. Und was bedeutet das jetzt?«
    »Ich weiß es auch nicht. Aber ich habe ein sehr ungutes Gefühl, wenn ich dieses Bild sehe. Hier sind Mächte am Werk, die wir nicht verstehen. Wir sind Teil eines Geschehens, in dem der Teufel eine wichtige Rolle spielt.«
    »Fabienne, du hast diese Karten nicht zufällig gezogen. Du hast sie geträumt. Es sind Botschaften deines Unterbewusstseins, Spiegel der Sorgen, die du dir machst. Und du hast recht: Es besteht Grund genug dazu, das hast du ja gerade erlebt. Aber wir können doch nicht vor unserem Schicksal weglaufen, oder?«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Nein, das können wir nicht.«
    »Wer weiß«, sagte Lennard und versuchte, aufmunternd zu lächeln. »Vielleicht helfen mir ja die Königin der Schwerter und der Ritter der Stäbe bei meinem Kampf gegen den Teufel!«
    |338| Sie erwiderte das Lächeln nicht. »Welche Rolle die beiden Karten spielen, kann ich nicht erkennen. Vielleicht helfen sie dir, vielleicht sind sie aber auch deine Gegner. Sie verfolgen ihre eigenen Interessen, so viel ist sicher.«
    »Wie auch immer, ich muss mich meiner Aufgabe stellen«, sagte Lennard bestimmt. »Ich muss jetzt los. Ich habe noch einiges zu erledigen. Ich melde mich, sobald ich kann!«
    Tränen liefen ihre Wangen herab, als sie die Karten durchblätterte. Sie zog eine heraus und gab sie ihm. »Hier, bitte nimm sie als Talisman! Sie wird dich beschützen!«
    Lennard warf einen kurzen Blick auf die Karte. Sie zeigte einen Engel auf einer Wolke, der die Arme schützend über einen Mann und eine Frau breitete, beide nackt. »Die Liebenden« stand darunter, obwohl die beiden Menschen für ein Liebespaar ziemlich

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