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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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er: »Nein, ich glaube nicht.«
    »Was ist passiert?«
    |143| »Ich weiß es nicht. Eine Explosion. Vielleicht ein Unfall.«
    »Sind wir … die Einzigen, die noch leben?«
    Ben sah zu Niklas hinab, sah die Hoffnung in seinem Gesicht. Er schüttelte den Kopf und lächelte, so gut er konnte. »Nein. Du wirst sehen, wir finden sicher bald Hilfe. Alles wird gut, ganz bestimmt.«
    Der Junge nickte. Schweigend gingen sie weiter.
    Ben wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als sie schließlich das Ende des Parks und den Hauptbahnhof erreichten. Zu seiner Überraschung war der Vorplatz voller Menschen, die aus allen Richtungen zwischen umgestürzten Bussen und Straßenbahnwagen auf das Bahnhofsgebäude zuwankten. Alle waren sie pechschwarz vom Regen. Viele schienen schwer verletzt. Sie bewegten sich langsam, wie Zombies in einem Horrorfilm.
    Die großen Flügeltüren der Bahnhofshalle waren aus ihrer Verankerung gerissen worden. Auch hier war keine einzige Fensterscheibe heil.
    Ben und Niklas folgten dem trägen Strom der Menschen, der sich in den Bahnhof drängte.
    Das Innere war übersät mit Trümmern und Scherben. Feuer loderten in den Kiosken und Bäckereien. Das brennende Wrack eines Taxis lag mitten in der Halle auf der Seite. Die Wucht der Explosion hatte es mehrere Dutzend Meter weit durch die Eingangstür geschleudert. Die große Uhr in der Mitte zeigte drei Minuten nach fünf.
    Der Strom der schwarzen Menschen folgte dem Tunnel, der zu den Gleisen führte, als wollten sie die Pendlerzüge zu den Vorstädten besteigen. Doch es war offensichtlich, dass kein Zug fuhr. Niemand sagte etwas.
    Stumm folgten Ben und Niklas der Menge.
    Am Ausgang auf der anderen Seite der Gleise gab es einen großen Parkplatz. Auch hier standen überall brennende |144| Autowracks herum, doch dazwischen war eine Fläche frei geräumt worden, die von schwarzen Gestalten umringt war. In ihrer Mitte stand mit laufendem Rotor ein großer Militärhubschrauber mit einem Rotkreuz-Zeichen. Mehrere Männer in hellen Schutzanzügen halfen Menschen in die Maschine und hielten die übrige Menge zurück. Einige leisteten den Schwerverletzten Erste Hilfe und betteten sie auf Tragen.
    Der Hubschrauber hob kurz darauf ab. Nur eine halbe Minute später landete die nächste Maschine. Eine Luftbrücke, um diejenigen, die sich bis hierher hatten schleppen können, aus dem Katastrophengebiet auszufliegen. Ben fragte sich, warum es so lange gedauert hatte, sie einzurichten.
    Sie mussten eine Viertelstunde warten, bis sie an der Reihe waren. »Bringen sie uns jetzt zu Mami?«, fragte Niklas.
    Ben nickte. Er brachte es nicht fertig, die Lüge laut auszusprechen. Ihm war speiübel.
    »Kommen Sie«, sagte einer der Männer in Schutzanzügen.
    »Was ist passiert?«, fragte Ben. Doch der Mann hatte sich bereits dem nächsten Verletzten zugewandt.
    Das Innere des Hubschraubers war mit Plastikfolie ausgekleidet. Ein Mann in weißer Arztkleidung wies sie mit ernstem Gesicht an, sich auf die Seitenbänke zu setzen und die Mitte der Ladefläche für die Tragen mit schwerer Verwundeten frei zu halten. »Sind Sie verletzt?«, fragte er Ben.
    »Nein. Es geht schon.«
    »Der Junge?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Haben Sie von dem Regen getrunken?«
    Ben blickte eine Sekunde in die ernsten Augen des Mannes. Er nickte.
    |145| Der Mann sagte nichts, knotete nur ein rotes Stoffband um Bens linken Oberarm. Dann fragte er den Jungen, ob auch er von dem Regen getrunken habe. Niklas verneinte. Der Arzt blickte Ben fragend an. »Nicht, während ich bei ihm war«, sagte Ben. Der Arzt nickte. Niklas erhielt keine Armbinde.
    Der Hubschrauber hob ab. Ben sah durch das Seitenfenster auf die graue, brennende Ebene, die einst Karlsruhe gewesen war. Dann traf plötzlich ein greller Lichtstrahl sein Auge.
    Er zuckte zusammen. Für einen schrecklichen Moment dachte er an eine weitere Explosion. Doch es war nur die Sonne, die plötzlich durch die schwarzen Wolken brach.
    Die Sonne.
    Nur langsam begriff Ben, dass es immer noch heller Tag war. Die Dunkelheit war allein von der riesigen schwarzen Wolkendecke verursacht worden, die über der Stadt lag wie ein Leichentuch. Er war nicht stundenlang bewusstlos gewesen, sondern nur wenige Minuten.
    Er starrte mit offenem Mund auf die gigantische Wolkensäule, die vor ihm aufragte und scheinbar bis in den Weltraum reichte.
    Gerd fiel ihm wieder ein. Er hatte ihn über all das Grauen völlig vergessen. Er stieß den Arzt an und rief über das Dröhnen

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