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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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schoss probehalber ein Foto, doch es war praktisch nichts darauf zu erkennen.
    Sie schätzte, dass sie immer noch mindestens fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt war. Sie konnte sich nur schwer ausmalen, wie es dort aussehen musste. Auf jeden Fall war es hoffnungslos, noch näher ans Zentrum herankommen zu wollen. Sie hatte getan, was sie konnte. Nun musste sie ihr Wissen möglichst gewinnbringend einsetzen. Dazu musste sie vor allem schnell sein.
    Ihr Handy hatte immer noch keinen Empfang – das ganze Netz schien ausgefallen zu sein. Sie brauchte ein Festnetz-Telefon. Genervt stieg sie wieder in den Wagen und fuhr zurück Richtung Norden.
    Ein paar Kilometer nördlich der Stelle, an der sie auf die Bundesstraße eingebogen war, geriet sie in einen Stau. |149| Faller fluchte, hielt auf dem Seitenstreifen und stieg aus. Sie klingelte an der Tür des erstbesten Wohnhauses, doch niemand öffnete. Erst beim vierten Versuch hatte sie Glück. Eine Frau mittleren Alters machte ihr auf. Sie schien bei Fallers Anblick zu erschrecken.
    Die Journalistin blickte an sich hinab. Sie sah aus, als habe sie sich in einem Schlammbad gewälzt. »Ich bin von der Presse«, sagte sie. »Darf ich bitte mal Ihr Telefon benutzen? Mein Handy hat keinen Empfang.«
    »Es tut mir leid, aber wir haben keinen Strom, und das Telefon geht auch nicht«, sagte die Frau.
    Faller fluchte, bedankte sich kurz und kehrte zurück zu ihrem Wagen.
    Es dauerte mehr als zwei Stunden, bis sie endlich eine Gaststätte erreichte, die ein funktionierendes Telefon hatte. Es war inzwischen kurz nach acht. Sie wählte Dirk Brauns Mobilnummer, erreichte jedoch nur eine Ansage, die ihr mitteilte, der Teilnehmer sei zurzeit nicht erreichbar.
    In der Redaktion lief um diese Zeit normalerweise der Anrufbeantworter, doch sie hatte Glück. Elli, die Redaktionsassistentin, nahm ab. »Corinna! Wo bist du? Wir haben uns solche Sorgen gemacht!«
    »Ich bin nördlich von Karlsruhe. Du kannst dir nicht vorstellen, was hier los ist. Es ist eine Sensation! Eine Atombombe ist in der Stadt explodiert!«
    »Ich weiß«, sagte Elli. »Sie bringen es schon die ganze Zeit im Fernsehen.«
    Faller ließ den Hörer sinken und fluchte laut.

|150| 32.
    Lennard saß wie gelähmt vor dem Fernseher und starrte auf das Bild, das seit gut einer Stunde auf allen Kanälen gezeigt wurde: eine gigantische Rauchsäule über Karlsruhe.
    Fast eine Stunde lang hatte er mit Schulze vor seinem batteriebetriebenen Radiowecker gehockt, dann hatte es endlich wieder Strom gegeben. Er war in seine Wohnung zurückgekehrt und hatte den Fernseher eingeschaltet.
    Erst waren nur bruchstückhafte, widersprüchliche Meldungen zu hören gewesen. Eine gewaltige Explosion wurde aus der Umgebung von Karlsruhe gemeldet, über einen Unfall in einer Chemiefabrik wurde spekuliert. Doch nach und nach wurde klar, dass es ein Terroranschlag gewesen sein musste. Ein Terroranschlag, der so verheerend sei, dass die Zerstörung des World Trade Center in New York dagegen wie ein harmloser Kinderstreich anmute, wie der geschmacklose Kommentar eines übereifrigen Sprechers gelautet hatte.
    Das Fernsehen hatte zu Anfang auf allen Kanälen nur Rauschen gezeigt, dann Standbilder mit dem Hinweis auf eine technische Störung. Ein kleiner Privatsender war der erste gewesen, der es geschafft hatte, Bilder zu senden. Bilder von einer Rauchsäule über Karlsruhe, die so gewaltig war, dass man sie selbst aus hundert Kilometern Entfernung vom Hubschrauber aus gut erkennen konnte.
    Die eilig herbeizitierten Experten, oft zweitrangige Physikdozenten von irgendwelchen Universitäten, waren sich schnell einig: Nur eine atomare Explosion konnte eine solche Wirkung haben. Immer wieder wurde die Wolke mit Archivbildern der Hiroshima-Bombe verglichen, die aus |151| dem Heck des B-29 Bombers »Enola Gay« aufgenommen worden waren. Die Ähnlichkeit war unbestreitbar.
    Es war offensichtlich, dass die Ursache der Explosion ein Terroranschlag sein musste. Die Verbindung zu radikalen Islamisten war ebenfalls schnell gezogen. Immerhin hatten Sicherheitsexperten seit langem davor gewarnt, dass Al Qaida eines Tages in den Besitz einer Atombombe gelangen könnte, und erst wenige Tage zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil gefällt, das die gesamte islamische Welt in Aufruhr versetzt hatte.
    Lennard nahm all das kaum wahr. Er starrte nur auf die andauernd wiederholten Bilder der Rauchsäule und versuchte, sich davon zu überzeugen, dass sie die

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