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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg
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Dank für den Kuchen.«
    Sie lächelte. »Gern geschehen.«
    Etwas hielt ihn fest. Er war doch aufgestanden, um die Wohnung zu verlassen. Doch nun stand er hier, in ihrer Tür, sah sie an und rührte sich nicht. Der Moment zog sich in die Länge.
    »Ich …«, begann er, ohne eine Ahnung zu haben, wie der Satz weitergehen sollte.
    Sie schwieg immer noch. Ihre Augen ließen ihn nicht los. Seine Füße klebten auf ihrer Fußmatte fest. Es war wie eine Verwünschung im Märchen. Und es gab nur eine Möglichkeit, den Bann zu lösen.
    Er musste sich kaum vorbeugen, so dicht standen sie schon beieinander. Die Berührung ihrer Lippen war wie ein Stromschlag.
    Als sie sich voneinander lösten, hatte er das Gefühl, in einer anderen Welt zu stehen. Als sei er durch ein Dimensionstor in ein Paralleluniversum geschleudert worden, in dem das Licht irgendwie anders war, der Boden sich anders anfühlte, die Luft anders schmeckte.
    |256| Sie lächelte nicht.
    »Ich komme wieder«, vollendete er seinen Satz. Seine Beine gehorchten ihm wieder, und so wandte er sich um und ging.
    Schon, als er ins Auto stieg, kamen ihm die ersten Zweifel. Hatte sie seinen Kuss wirklich erwidert, oder war sie nur zu überrascht gewesen, um sich zu wehren? Hatte sie ihn nur nicht verletzen wollen? War es Mitleid, aus dem heraus sie seine Annäherung zugelassen hatte? Eine schreckliche Vorstellung. Und was, wenn es ernst gemeint war? Was, wenn sie dabei waren, sich ineinander zu verlieben? Würde er wirklich noch einmal eine dauerhafte Beziehung eingehen können, nach allem, was geschehen war? Würde er für sie da sein können? Würde er sie nicht am Ende doch enttäuschen, so wie er Martina und Ben enttäuscht hatte?
    Er wischte die Zweifel beiseite und klammerte sich an das neue Gefühl der Hoffnung wie an den Rand einer Klippe. Was hatte er schon zu verlieren? Er hatte nicht damit gerechnet, noch einmal eine solche Chance zu bekommen. Aber er kannte das Leben gut genug, um zu wissen, dass man sie nicht leichtfertig fortwerfen durfte.
    Er erreichte das Hotel und klappte den Laptop auf. Das Gerät hatte alles festgehalten, was während seiner Abwesenheit in Pawlows Wohnung geschehen war: da Pawlow nicht zu Hause war, leider nicht allzu viel. Die Aufzeichnungssoftware zeigte ihm automatisch die Stellen, an denen sich signifikante Veränderungen in der Bild- und Tonaufnahme ergeben hatten. Das Telefon hatte zweimal geklingelt, aber der Anrufer hatte keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen. Das war alles.
    Lennard starrte auf die Vogelperspektive der leeren Wohnung und wünschte sich, dass es nicht Pawlows, sondern Fabiennes wäre. Nein, damit war jetzt Schluss. Er wollte nicht mehr zusehen, er wollte teilhaben. Er würde sie nicht |257| durch eine Kamera betrachten, sondern von Angesicht zu Angesicht. Nicht mehr nur sehen, sondern gesehen werden. Wie sehr hatte er das vermisst!
    Sein Auftrag, die Frage, ob Pawlow seinem Chef treu diente oder nicht, erschien ihm plötzlich unwichtig, so lächerlich wie die Unsicherheit darüber, ob seine letzte Telefonrechnung korrekt war. Was saß er hier herum und glotzte auf einen Laptop, der leere, reglose Wohnungsbilder zeigte? Die Maschine konnte die Überwachung vollautomatisch erledigen. Warum war er also nicht da, wo er eigentlich sein wollte?
    Ein Rest Pflichtbewusstsein hielt ihn davon ab, sofort wieder in den Wagen zu steigen und zu ihr zurückzufahren. Immerhin wurde er für seinen Job bezahlt, und er wollte das Vertrauen seines Chefs nicht missbrauchen. Bei Treidel Security gab es keine Zeiterfassung. Die Mitarbeiter schrieben ihre Einsatzzeiten selbst auf und wurden entsprechend bezahlt. Lennard hatte bisher zumindest noch nicht bemerkt, dass er dabei überprüft wurde.
    Doch da war noch etwas, was ihn zurückhielt: ein Gefühl, dass er nicht zu hastig agieren durfte. Er war innerlich ausgetrocknet wie ein Verdurstender, der nach einem langen Marsch durch die Wüste eine Oase erreichte. So verlockend das kühle Wasser nach all der Dürre auch sein mochte – es zu schnell zu trinken, würde nur heftige Krämpfe bewirken. Besser, man nahm es langsamer auf – Tropfen für Tropfen, vorsichtige kleine Schlucke.
    Pawlow kam gegen halb acht nach Hause. Er aß einen Salat und ein Käsebrot. Dann machte er ein paar Kraftübungen, die seinem durchtrainierten Körper leichtzufallen schienen, und setzte sich schließlich mit einem Glas Rotwein vor den Fernseher, um sich ein Fußballländerspiel

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