Schwarzer Regen
deutlich hervor: Ein paar Wochen vor dem Anschlag hat Heiner einen hohen Millionenbetrag nach Russland überwiesen. Nach Russland! Er hat irgendwelche Wertpapiere gekauft. Und dann, vor zwei Wochen, ist Geld zurücküberwiesen worden. Mehr als das Dreifache! Heiner ist jetzt reicher als je zuvor!«
»Hast du die Unterlagen kopiert?«
»Ich hatte nicht die Gelegenheit. Heiner hätte mich fast erwischt.«
»Eva, ich verstehe immer noch nicht, was du mir eigentlich sagen willst! Was ist so schlimm, wenn dein Mann Geld nach Russland überweist, oder wenn er von dort welches zurückbekommt? Du weißt doch, dass er mit diesem Konstantinow in Kontakt steht, der das führende russische Onlineportal aufgebaut hat. Was hat das mit Karlsruhe zu tun?«
»Glaubst du, es war Zufall, dass er das Geld kurz vor dem Anschlag überwiesen hat? Ich habe mich ein bisschen informiert. Mit bestimmten Aktienoptionen kann man |292| sehr viel Geld verdienen, wenn die Börsenkurse fallen. Er hat darauf spekuliert, dass das passieren würde – kurz bevor die Bombe explodierte!«
»Und das soll beweisen, dass er etwas mit dem Anschlag zu tun hat? Mach dich doch nicht lächerlich!«
»Das ist noch nicht alles. Da war noch etwas in dem Safe. Eine Liste.«
»Was für eine Liste?«
»Namen, wie die Decknamen der inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter: Werwolf, Vulkan und so weiter. Und neben jedem eine Telefonnummer. Eine davon war die Nummer von Heiners Privathandy. Die gibt er sonst niemandem. Sein Deckname ist ›Salomon‹.«
Pawlow schüttelte langsam den Kopf. »Eva, das muss doch alles überhaupt nichts bedeuten! Dein Mann mag ein Arschloch sein und dich vernachlässigen, aber zu glauben, er sei an einer Verschwörung beteiligt, die eine deutsche Stadt in die Luft jagt! Also wirklich! Warum sprichst du ihn nicht einfach auf diese ominöse Liste an? Vielleicht gibt es eine ganz harmlose Erklärung dafür. Vielleicht … vielleicht hat er ja auch ein paar kleine Affären am Laufen, und …«
»Glaubst du etwa, Heiner macht um seine Affären ein Geheimnis? Ich weiß genau, mit welchem Flittchen er sich gerade rumtreibt! Mirko, du musst mir glauben! Ich spüre schon länger, dass Heiner sich verändert hat. Er ist mir unheimlich geworden!«
»Und was willst du jetzt machen?«
»Ich weiß nicht. Zu ihm zurück kann ich jedenfalls nicht. Ich … ich habe Angst vor ihm!«
»Eva, du
musst
zu ihm zurück! Wenn er rauskriegt, dass du ihn betrügst, ist alles aus!«
»Auf keinen Fall! Ich werde zur Polizei gehen!«
»Nein!«, entfuhr es Pawlow. »Das darfst du nicht! Was |293| glaubst du denn, was die machen? Du hast doch nicht den geringsten Beweis für deine Verschwörungstheorie!«
»Dann lass uns zusammen weggehen. Irgendwohin, wo uns keiner kennt. Wir beide könnten gemeinsam neu anfangen!«
»Eva, sei bitte nicht so naiv! So einfach ist das nicht. Du weißt doch, wie er ist. Er würde uns finden, ganz egal, wohin wir fliehen. Wenn er jemals rauskriegt, was wir getan haben, dann gnade uns Gott!«
Lennard starrte auf den Monitor seines Laptops. Er konnte nicht glauben, was er da gerade gehört hatte. Es war unfassbar. Unmöglich. Das Internet war voll von absurden Verschwörungstheorien über die angeblichen Hintergründe des Attentats. Das konnte man nicht ernst nehmen. Lennard war immer noch genug Polizist, um zu wissen, dass die einfachste Erklärung eines Verbrechens meistens die richtige war. Und doch wies das, was Eva gehört und gesehen hatte, eindeutig darauf hin, dass Benz irgendwie in die Sache verstrickt war.
Seine Hände begannen zu zittern. Sein Magen fühlte sich an wie ein Eisklumpen. Heiner Benz war einer der Mörder seines Sohnes!
Eva warf sich Pawlow an die Brust. »Bitte, Mirko, lass uns von hier fortgehen! Jetzt gleich! Ich habe ein bisschen Geld auf einem Schweizer Konto. Ein paar Hunderttausend. Damit kommen wir eine Weile aus!«
Pawlow stieß sie von sich. »Sei doch vernünftig!«, sagte er. »Die einzige Chance, die wir haben, ist, die Klappe zu halten! Du musst zu ihm zurück!«
Eva schüttelte den Kopf. Sie barg das Gesicht in den Händen. »Ich kann das nicht!«, schluchzte sie. »Ich kann nicht zu ihm zurück!«
»Doch, du kannst!« Pawlow stand auf und holte aus der Küche ein Medikamentenpäckchen. »Hier, nimm zwei |294| Stück davon. Das macht dich ein bisschen ruhiger. Und dann gehst du nach Hause und sagst ihm, dass du eine Freundin besucht hast und dass ihr ein bisschen zu viel getrunken habt. Aber
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