Schwarzer Regen
zusteuerten, ganz
plötzlich von den Aonos, der Familie des jungen Mannes, abgebrochen wurden.
Alles ist hinfällig geworden. Jetzt ist es weder möglich noch nötig, weiter
etwas vorzutäuschen. Offensichtlich hat Yasuko dem jungen Mann einen
verzweifelten Brief geschrieben, in dem sie ihm mitteilt, daß sie Symptome der
Krankheit bemerkt hat. Ob es Liebe zu ihm war, die ihr gebot, so ehrlich
vorzugehen? Oder tat sie es aus Verzweiflung, der Regung eines Augenblicks
folgend? Ihr Sehvermögen hat schnell abgenommen, und sie klagt über ständiges
Ohrensausen. Als sie mir das erstemal im Wohnzimmer davon erzählte, verschwand
das Zimmer für einen Moment vor meinen Augen, und ich sah eine große,
pilzförmige Wolke in den blauen Himmel steigen.
Sechzehntes Kapitel
Die letzte Eintragung im „Tagebuch von der
Bombe“ war vom 15. August, dem Tag, an dem der Krieg beendet wurde. Shigematsu
hatte nur noch die Aufzeichnungen von drei Tagen abzuschreiben, aber Yasukos
Krankheit beunruhigte ihn doch so sehr, daß er sich nicht auf eine so
ausführliche Schreibarbeit konzentrieren konnte. Außerdem mußte er dringend
Shokichi und Asajiro bei dem Teich helfen, in dem sie ihre Karpfen züchten
wollten; in den nächsten Tagen würde er sich wohl um den Teich kümmern müssen,
der unten bei Shokichis Haus lag.
Yasukos Krankheit verschlechterte sich
zusehends. Die Schuld lag teilweise bei Shigematsu und seiner Frau, weil sie
sie nicht sorgsam genug beobachtet hatten, teilweise aber auch an ihrer
übertriebenen Scheu, sich ihnen anzuvertrauen. Die Beschwerden hatten
angefangen, kurz bevor die Familie des jungen Mannes die Heirat ablehnte, als
man schon beinahe zu einer Übereinkunft gekommen war. Sie hatte die Symptome
offensichtlich irgendwelchen Erscheinungen des weiblichen Organismus
zugeschrieben, die durch eine Mischung von echtem Glücksgefühl und
Verschämtheit hervorgerufen wurden, und sich nicht getraut, wenigstens mit
ihrer Tante von Frau zu Frau darüber zu sprechen. Auch zog sie keinen Doktor zu
Rate. All das fand man erst später heraus. Als Shigeko mit Yasuko dann in die
Klinik in Kobatake zu einer ersten Untersuchung ging, war die Krankheit schon
weit fortgeschritten. Immer wieder lamentierten sie darüber, daß Yasuko nicht
früher zu ihnen gekommen war. Auch wenn man berücksichtigte, daß sie kurz vor
der Verlobung stand, hatte sie ihre Zurückhaltung doch zu weit getrieben.
„Es war einfach töricht“, sagte Shigeko zu
Shigematsu, der draußen im Garten saß, als sie von der Klinik zurückkamen.
„Alles so für sich zu behalten.“
„Es tut mir leid, Onkel“, sagte Yasuko. Sie ging
mit gesenktem Kopf an ihm vorbei, den Blick auf die Erde gerichtet.
Das war gegen drei Uhr nachmittags. Danach holte
Shigematsu eine Taschenlampe und das Essen, das für ihn eingepackt bereit lag,
und machte sich auf den Weg zum Teich für die Karpfenaufzucht, um Shokichi und
Asajiro bei der Regulierung der Temperatur des Laichteiches zu helfen.
Es war bereits Juli, und die Gewässer in der
Umgebung würden eine Temperatur zwischen 18 und 20 Grad erreichen, ideal für
die Laichablage der Fische. Andrerseits durfte das Wasser aber auch nicht
gleich zu Beginn zu warm sein, und man sollte nicht von Anfang an Männchen und
Weibchen zusammenlassen. Sie mußten durch eine Holzwand getrennt, bei einer
Temperatur zwischen 8 und 10 Grad gehalten werden, bis sie sich eingewöhnt
hatten. Erst dann wurden Männchen und Weibchen zusammen in einen Teich
gelassen, der frisches Wasser mit der richtigen Temperatur zum Laichen
enthielt. Das regte sie sofort an, und in der Zeit von elf oder halb zwölf
nachts bis zur Morgendämmerung konnte man beobachten, wie sie mit ihren
Vorbereitungen zum Laichen beschäftigt waren.
Diese Methode, die Fische zum Laichen zu
bringen, hatten Shokichi und Asajiro in Tsunekanemaru in der
Fischaufzuchtanstalt gelernt. Sie versuchten es selbst das erstemal, und soweit
es um dieses konkrete Vorhaben ging, hatten sie einen Enthusiasmus wie
Schuljungen. Asajiro erklärte, er wolle bis zur Dämmerung bei den Karpfen
wachen, denn es könnten ja Wiesel über sie herfallen, und Shokichi pflichtete
ihm sofort bei. Man vereinbarte, daß Shigematsu früh am nächsten Morgen kommen
sollte, und gegen elf Uhr, als die Karpfen gerade begannen, im Wasser zu
springen, ging er nach Hause.
Es herrschte dichter Nebel, und die oberen
Zweige des Kemponashi-Baumes im Garten schienen im nächtlichen Himmel zu
verschwimmen.
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