Schwarzer Regen
Volksschulen untergebracht, aber ob
es im Gemeindeamt jeder Stadt und jedes Dorfes noch ähnliche Berichte gibt,
entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls habe ich gehört, daß mehrere tausend
Verwundete in die Volksschule von Hesaka geschafft wurden, dort aber nicht alle
untergebracht werden konnten und der Schulhof und sogar die Gärten der
Bauernhäuser im Dorf als Verbandplätze dienten.)
Was nun folgt, ist ein weiterer Nachtrag, den
ich erst jetzt dem Tagebuch anfüge. Ich möchte damit fehlerhafte Berichte, die
ich vorn als Tatsache behandelt habe, korrigieren; es gibt auch noch einen
weiteren Grund, den ich aber später erkläre. Der Bergungstrupp setzte sich aus
zwei Gruppen zusammen, aus Mitgliedern der Feuerwehr (16 Mann), die durch einen
Polizeibefehl einberufen wurden, und Mitarbeitern des Gesundheitsamtes (12
Schwestern), die einem Aufruf der Präfektur Folge leisteten. Ich habe das erst
vor kurzem erfahren. Am 6. August versammelte sich gegen 10 Uhr abends auf
einen Aufruf des Gemeindevorstehers die gesamte Feuerwehr des Dorfes Kobatake
vor der Bürgermeisterei. Der Gemeindevorsteher hielt ihnen etwa folgende Rede:
„Es tut mir leid, daß ich Sie so plötzlich in
der Nacht zusammenrufen mußte, aber ein Polizeibefehl hat diese Versammlung
nötig gemacht. Heute früh 8 Uhr ist Hiroshima bombardiert worden, ein Schaden
von riesigem Ausmaß ist entstanden. Einzelheiten sind noch nicht bekannt, aber
man erwartet, daß Sie zusammen mit den Feuerwehren aller anderen Städte und
Dörfer nach Hiroshima gehen. Sie werden Kriegsdienst leisten gemäß den
Anordnungen der Behörden. Gleichzeitig appelliere ich an Sie, durch größte
Vorsicht Unfälle bei eventuell notwendigen Abrißarbeiten zu vermeiden und in
besonderem Maße jedem Angehörigen unseres Dorfes aus der Einheit Nr. 32060,
Mittel-Honshu, der Kojin-Brigade also, Hilfe zu leisten. Ich wünsche Ihnen alles
Gute zu diesem Einsatz.“
Eigentlich hätte noch eine Ansprache des
Feuerwehrhauptmanns folgen müssen. Er wohnte aber zu weit vom Gemeindeamt
entfernt, und wegen der Verdunklungsmaßnahmen gab es keine Straßenbeleuchtung
mehr, daher hatte man ihn nicht benachrichtigt. Ein Mann namens Kaneshige,
Schatzmeister und Stellvertreter des Leiters der Feuerwehr, sprach an seiner
Stelle. „Es sieht so aus, als sei es die Hauptaufgabe des Trupps in dem
bevorstehenden Unternehmen, den Leuten der Kojin-Brigade zu helfen und nicht
nur Häuser einzureißen. Ich kann also nur hoffen, daß Sie so viele retten wie
möglich, besonders unsere Jungen aus Kobatake, und sie gesund hierhergeleiten,
damit wir alle gewappnet sind, unser Dorf zu verteidigen, wenn der Tag kommt — und
kommen wird er, dessen bin ich sicher. Da wir keine Einzelheiten in Erfahrung
bringen konnten, hoffe ich, daß Sie alle Ihr Bestes hergeben, je nachdem, wie
es die Situation in Hiroshima verlangt.“
Die Brigade trug Schutzanzüge und Socken mit
Gummisohlen und abgeteilten Zehen; alle hatten Sägen, Seile, Äxte,
Luftschutzkapuzen und Mäntel für die Nacht bei sich. Transportiert wurden sie
in einem sogenannten Holzgaslastwagen; also mußte noch Holz geholt und klein
gehackt werden, damit es als Treibstoff verwendet werden konnte. Das ganze Dorf
war auf den Beinen, um zu helfen. Die Scheinwerfer des Lastwagens hatte man
abgeblendet, so daß ihr Licht nur in eine Entfernung von drei oder vier Metern
reichte; die Menschen, die da voneinander Abschied nahmen, konnten in der
Dunkelheit nicht einmal ihre Gesichter unterscheiden. Mann und Frau erkannten
sich nur an ihren Stimmen, Hände reckten sich vom Lastwagen herunter, Hände
streckten sich ihnen von unten entgegen, um sie zu drücken...
Der Lastwagen hielt zum erstenmal am Gemeindeamt
von Takafuta. Hier wurden sie von hilfsbereiten Einwohnern mit Mehl, gerollten
Sushi, Zucker und anderen Dingen versorgt. Der Vorsitzende des örtlichen
Kriegervereins sprach ihnen mit ein paar Worten Mut zu. Dann fuhren sie
zusammen mit der Feuerwehrabteilung von Takafuta weiter und holten auch noch
die Feuerwehrleute aus Toyomatsu, Yuki, Fukunaga und vier anderen Dörfern und
Ortschaften ab, bis sie endlich beim Morgengrauen in Shoge ankamen. Von dort
fuhren sie mit dem ersten Zug in der Frühe weiter. Sie kamen in Yaga-machi,
einem Außenbezirk, etwa um 10 Uhr an, zogen zu Fuß in die Stadt und machten
sich an die Arbeit, Überlebende zu retten und Tote zu verbrennen.
Da die ganze Stadt dem Erdboden gleichgemacht
war, nützten ihnen die Seile und
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