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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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Bambusfalle
maß etwa zwei Meter und wirkte nach einem selbsterdachten Prinzip. Das Rohr war
naß und schlüpfrig. Shokichi rieb es gerade mit einem Handtuch trocken, als ein
Blitz aufzuckte, bläulich-weiß wie ein Irrlicht, und ein fürchterlicher Donner
krachte. Das Boot drehte sich um seinen Bug wie um eine Achse und prallte gegen
den danebenliegenden Kahn. Hals über Kopf warfen sie sich lang, wobei sich
Shokichi den Knöchel am Bootsrand aufschlug.
    Sie stellten später fest, daß ein Ende des
Bambusrohrs, das über den Bootsrand geragt hatte, schwarz geworden war — vom
Blitz versengt oder von der Hitze der Explosion. Das andere Ende hatte noch die
natürliche Farbe von grünem Bambus. Als sie das Rohr umkippten, lief ein
bißchen lauwarmes Wasser ins Boot. Der Rand des Bootes, Bug und Heck waren
angekohlt, die Eisenkette, mit der es festgemacht war, unversehrt. Die Plane
aus gelbem Segeltuch hatte sich nicht verändert; gelb schien den Blitz
abzuweisen. Diesem Umstand verdankten sie es, daß sie weder Verbrennungen noch
Blasen auf der Haut hatten, wenn sie den Nachwirkungen der Strahlung auch nicht
entgingen. Shokichi hinkte, denn er hatte sich den Knöchel gebrochen, als er
gegen den Bootsrand flog.
    Eine Zeitlang gaben Shigematsu und die beiden
anderen den Gedanken, im See zu angeln, auf, aber auf Shokichis Vorschlag
beschlossen sie, dort Karpfen zu züchten. „Ich brenne darauf, der Witwe Ikemoto
einen Denkzettel zu verpassen“, sagte Shokichi, „und deshalb hab ich mir das
ausgedacht, bloß um ihr eins auszuwischen.“ Eigentlich war gar nichts
Ungewöhnliches an der Idee. Wenn die Zeit zum Reispflanzen kam, brauchten sie
bloß Karpfenbrut von der Zuchtanstalt im Dorf Tsunekanemaru zu bestellen. Sie
würden sie den ganzen Sommer hindurch im Teich neben Shokichis Grundstück
füttern und dann in den See bei Agiyama setzen, ehe die Taifunzeit begann. Wenn
sie zusammenlegten, könnten sie sich für den Anfang dreitausend Jungfische
schicken lassen. „Das heißt, wir werden Kapital investieren“, sagte er, „und keiner
kann dann sagen, wir fischten bloß zum Vergnügen. Wir haben unser gutes Geld
angelegt und dürfen mit völlig ruhigem Gewissen angeln. Es wäre sogar ganz gut
zu verbreiten, daß wir zwanzig- oder fünfundzwanzigtausend Jungfische gekauft
haben.“ Shigematsu und Asajiro stimmten Shokichis Plan zu. Asajiro ging aufs Gemeindeamt,
um sich eine Erlaubnis zu beschaffen, die Fische im See auszusetzen. Die
Erlaubnis wurde unter der Bedingung gegeben, daß nur diejenigen im See angeln,
die zum Bewässerungsausschuß gehörten. Die Hauptsache war, daß Shigematsu und
seine Freunde dann angeln konnten, ohne sich Sorgen darüber zu machen, was die
anderen Leute dachten. Wie Shokichi sagte, machte man es nicht einfach zum
Spaß, solange jemand auch nur ein bißchen Geld in die Fischerei gesteckt hatte,
sondern es war eine Arbeit wie die eines Geschäftsmannes. Der Arzt hatte ihnen
regelmäßige tägliche Spaziergänge verordnet. Aber da man leider nicht einfach
im Spazierengehen Geld anlegen konnte, sahen die ändern dieses Sich-Bewegung-Verschaffen
als frivol an. Auf der Hauptstraße herumstehen und schwatzen oder sich am
Wegrand zu einem Schläfchen niederlegen, das war etwas anderes. Dazu brauchte
man auch kein Kapital, das waren Bräuche, die durch Jahrhunderte, ja
Jahrtausende geheiligt waren.
    Als sie die Jungfische in der Brutanstalt in
Tsunekanemaru bestellten, kam der junge Besitzer der Anstalt auf seinem
Motorrad hergefahren, um Shokichis Teich persönlich zu inspizieren. Er maß die
Wassertemperatur, die Stärke der Strömung, die Tiefe, die Größe der Oberfläche
und so weiter. Er prüfte, ob irgendwelche landwirtschaftlichen Chemikalien in
den Teich gelangen konnten, und untersuchte sogar, welche natürlichen
Nährstoffe er enthielt. Dann schrieb er auf eine Karte (wobei er verschiedene
eindrucksvolle englische Bezeichnungen verwendete) genaue Angaben über Art und
Menge des zusätzlichen Futters, das für dreitausend Jungfische gebraucht wurde.
„Ich vermute, daß die Temperatur in diesem Teich im Winter 15 Grad und im
Sommer 25 Grad beträgt. Ganz ideale Bedingungen, um junge Karpfen zu halten.
Genau die richtige Temperatur.“ Nachdem er dieses Urteil abgegeben hatte, sah
er sich auch noch den See bei Agiyama an, ehe er nach Hause fuhr. Ein paar Tage
später kam er mit einem LKW wieder, auf dem Behälter mit Jungfischen und
Sauerstoffflaschen standen. In den Behältern waren

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