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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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bald schoß es in
einer gewaltigen Woge vorwärts, mit spitzen Flammenzungen leckte es über die
Fenster der großen Betonbauten.
    „Sehen Sie“, sagte Miyaji mit schwankender
Stimme, „die Flammenspitzen sind wie Schlangen, erst züngeln sie an den
Fenstern und dann kriechen sie richtig hinein. Sehen Sie das Gebäude, das eben
angefangen hat zu brennen. Das ist doch das Warenhaus Fukuya, nicht?“ Immer
wenn eine der großen Feuerwogen gegen das Warenhaus brandete, gegen die
Elektrizitätsgesellschaft in Chugoku, gegen das Redaktionsgebäude oder das
Rathaus oder sonst ein großes Gebäude, brachen die Flammen aus zahllosen
Fenstern auf einmal hervor und zeigten nach Südwesten. Ein solcher
Feuerausbruch genügte wohl, um ein bis zwei Dutzend gewöhnlicher Holzhäuser zu
verschlingen. Plötzlich mußte sich der Wind doch gedreht haben, denn im Zentrum
bildete sich mit einemmal ein Feuerballon, zuerst spindelförmig, dann eine
Kugel, der wie von selbst in den Himmel schwebte. Vor unseren Augen zerteilte
sich die Kugel und klaffte auseinander. Ein erstaunliches Phänomen. Ich preßte
die Hand gegen die Brust. Vermutlich verspürte ich keine Angst, mein Herzschlag
war normal. Aber mein Geisteszustand war es gewiß nicht. Mir kam es im gleichen
Augenblick vor, als würde ich unerbittlich zurückgedrängt, als zöge es mich in
die Erde hinunter, als wäre mein Hirn keiner Empfindung mehr fähig.
    Miyaji erhob sich. „Herr Shizuma, wir müssen
nach Hause“, sagte er.
    Ich kletterte von der Straßenbahn und sah dabei
noch einmal hinein: Die drei Kinder waren verschwunden.
    Als wir zum Hauptportal des Steueramtes kamen,
wurde auch das Dach unseres Heims zwischen den Häusern sichtbar, die noch
unverbrannt auf der anderen Seite des Flusses standen. Die Qualmwolke, die man
dort sah, war noch ziemlich weit entfernt. Das Haus hatte es überstanden.
Plötzlich verließ mich alle Kraft, und ich sank zu Boden. Miyajis Haus, ein
einstöckiges Gebäude, konnte man nicht sehen. „Herr Shizuma, ich bin in Sorge“,
sagte Miyaji. „Ich möchte mich lieber beeilen. Wie das Feuer sich ausbreitet,
geht früher oder später bestimmt alles in Flammen auf. Er ging los über die
Miyuki-Brücke, auf unsicheren Beinen, und ich verlor ihn aus den Augen. (Es
heißt, er starb am nächsten Tag.) Ich selbst hatte die Brücke schon zur Hälfte
überquert, als mir erst auffiel, daß das Geländer fehlte. Auf der Nordseite lag
es der ganzen Länge nach auf der Brücke, aber auf der anderen Seite mußte es
völlig in den Fluß gestürzt sein. Die Pfosten waren aus Granit — etwa dreißig
Zentimeter im Durchmesser und ein Meter zwanzig hoch. Sie hatten im Abstand von
etwa zwei Metern gestanden, jeder mit einer Deckplatte von doppeltem Umfang wie
der Pfosten. Dutzende von diesen massiven Pfosten gehörten zur Brücke, und alle
waren umgestürzt oder weggefegt. Ein Mann lag am Nordende der Brücke. Miyaji
war es nicht. Mehrere Leichen trieben unten im Wasser. Ich hastete zum
Sportplatz der Universität weiter. Wir hatten das Schwimmbecken als Treffpunkt
ausgemacht. Von der Brücke bis zum Schwimmbecken waren es vier- oder
fünfhundert Meter. Meine Brust krampfte sich zusammen, als näherte ich mich
einer reißenden Bestie, die aus dem Käfig ausgebrochen war. Ich glaube, es kam
nicht nur vom schnellen Laufen.
    Der Sportplatz war ein wildes Durcheinander von
Flüchtlingen. Ich wand mich durch die Menge bis zum Rand des Beckens, und da
auf der anderen Seite saß meine Frau, in der Hocke, den Rucksack auf dem Rücken
und eine Decke über den Knien. Ich schöpfte Wasser mit der Hand aus dem Becken
und trank und drängelte mich dann zur anderen Seite durch. Ich hatte ihr immer
eingeschärft, sie sollte einen Rucksack nehmen, wenn sie bei einem Angriff
flüchten mußte, weil ein Koffer im großen Gedränge nur hinderlich war. Und sie
sollte zum Rand des Beckens gehen, hatte ich ihr gesagt, wo man hineinspringen
konnte, wenn das Feuer zu dicht herankam. Sie hatte haargenau meine Anweisungen
befolgt. Neben ihr stand ein Topf zum Reiskochen und eine kleine Pfanne.
    „Du bist nicht verletzt?“ fragte ich.
    „Nein.“ Sie sah mein Gesicht, blickte nach unten
und sagte nichts mehr.
    „Was ist mit dem Haus?“
    „Es ist schief, aber es steht noch.“
    „Kein Feuer?“
    „Die Kiefer im Garten fing an der Spitze an zu
brennen, aber es war zu hoch, man konnte nicht ran.“
    „Ich nehme an, mit Yasuko wird alles in Ordnung
sein. Sie ist doch in Furue, nicht

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