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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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lange soll es denn dauern, bis auch nur eine
Kohle in diese Wüstenei gelangt, wenn Sie warten wollen, bis Ihre Beratung
stattgefunden hat und zu dem Beschluß gekommen ist, jemand zur Grube nach Ube
zu schicken. Wir haben keine Ahnung, ob es ein Behelfsbüro der Kohlenbehörde
gibt, und wissen nicht aus noch ein.“
    „Für wieviel Tage reicht denn Ihre Kohle noch?“
wollte er wissen.
    „Für vier bis fünf Tage“, erwiderte ich. „Bei
uns nur noch für zwei Tage, wenn wir normal Weiterarbeiten“, sagte Tashiro.
    „Na, wie wär’s denn damit?“ fragte er, als hätte
er gerade eine neue Idee. „Da Ihre Firmen für die Armee produzieren, kann ich
nicht einsehen, warum Sie nicht nach eigenem Gutdünken vorgehen können, ohne
auf die Militärbehörden zu warten. Versuchen Sie doch, ein bißchen mehr
zusammerizuarbeiten.“
    „Wir sind durchaus bereit zur Zusammenarbeit“,
sagte ich, „aber unter einer Bedingung: Können wir eine Vollmacht von der
Behörde erhalten? Dann würden wir sofort nach Ube fahren und Kohle beschaffen.“
    „Das ist ziemlich schwierig, soweit es die Armee
betrifft. Aber überlegen Sie mal — Ihre Firma stellt Stoff für Armeeuniformen
her. Da sind Sie doch in der Lage, so vorzugehen, wie Sie es für richtig
halten, nicht wahr? Also ich denke, Sie werden schon wissen, wie Sie am besten
mit uns auskommen.“
    Ich wußte genau, daß man sehr viele Arbeiter in
die Kohlengruben bei Ube geschickt hatte, um die Produktion zu steigern. Der
Abbau war so beschleunigt worden, daß es gar nicht genügend Transportmittel
gab, die geförderte Kohle fortzuschaffen. Der Anthrazit lag zu Halden
aufgeschüttet neben der Zeche. Es war nicht einzusehen, warum sie nicht ihre
hochwichtige Konferenz einberufen und inzwischen schon mit dem Kohlentransport
beginnen konnten. Wenn erst ein paar Ladungen Kohle eintrafen, konnte auch die
Erfassungsbehörde umgehend wieder ihre Arbeit’aufnehmen. Aber der Leiter war
bereits in eine Art stummer Meditation versunken, und was wir ihm sonst noch
sagten, perlte an ihm ab wie das Wasser an der Ente. Im Grunde bedeuteten seine
Worte, daß die Produktion von Bekleidung und Konserven bis auf weiteres
einzustellen war.
    Da ich bei soviel Stumpfsinn die Geduld verlor,
verließ ich das Büro. Tashiro blieb noch, denn seine Firma verarbeitete
Frischfleisch und Gemüse, und selbst ein Tag Produktionsausfall würde sich
verheerend auswirken.
    Mir fiel plötzlich auf, daß unsere Firma, die
Regierungsaufträge für das Bekleidungsdepot ausführte, sich in die Lage hatte
bringen lassen, viel zuviel für diesen Kunden zu tun. Zum großen Teil lag das
an der Warenknappheit. Die offiziellen Zuteilungen an Lebensmitteln und anderen
Dingen des täglichen Bedarfs waren unzulänglich, deshalb mußten wir zusehen, wo
wir unter Ausnutzung unserer Beziehungen zum Heeresbekleidungsamt das Nötigste
auftreiben konnten. Das bedeutete aber andererseits, daß wir dem Amt übermäßige
Dienste leisten mußten, um den gleichmäßigen Ablauf unserer Produktion zu
sichern. In dem Bestreben, den Beamten gefällig zu sein, erschöpften wir unsere
Kräfte, während sie behaglich dasaßen, ohne auch nur einen Finger zu rühren.
    In dieser Hinsicht hatte ich schon viele trübe
Erfahrungen gemacht. Ich war noch nicht lange in der Firma, als wir fünfzig
große Kübel Bohnenmus erhielten und uns gezwungen sahen, genau die Hälfte dem
Heeresamt zu überlassen. Dann kauften wir eine Waggonladung Mörser, die wir eigentlich
dem Bergwerk schenken wollten, und wieder mußten wir die Hälfte dem Amt
abgeben. Danach konnten wir zwei Waggonladungen Wasserkrüge erwerben, und
abermals ging ein Waggon an das Bekleidungsdepot. Das gleiche geschah mit einer
Schiffsladung Holzkohlekocher und dreißig Fässern Mandarin-Orangenwein.
Jedesmal hatte uns das Amt an der Kehle.
    Ich kam zu dem Schluß, daß es für uns unter den
gegenwärtigen Umständen günstiger wäre, auf eigene Faust einen Ausweg zu
suchen, anstatt von der Armee abhängig zu bleiben und uns für all unsere Mühen
immer nur verprügeln und ausrauben zu lassen. Ich nahm mir vor, das dem
Geschäftsführer nahezulegen, und schalt mich wegen meiner Dummheit, sechs
Kilometer für nichts und wieder nichts hin- und zurückgelaufen zu sein, aus
Angst, daß uns die Kohlen ausgehen könnten.
    Als ich aus dem Hauptportal des
Heeresbekleidungsamtes kam, fiel mir der verwüstete Lotosteich auf, den ich
immer gern betrachtet hatte. Die Blätter waren alle

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