Schwarzer Regen
umgefallen, manche sahen
wie geknickte Regenschirme aus. Nicht ein Stengel war unversehrt. Ehe ich die
Stellung in meiner gegenwärtigen Firma annahm, hatte ich sieben Jahre lang im
Proviantdepot gearbeitet. Damals wohnte ich im Haus eines Polizisten zur
Untermiete. Ich lief zu Fuß zur Arbeit und nahm immer mein Mittagessen mit. Der
breite Streifen der Reisfelder und der Lotosteich, die zwischen Asahi-cho und
Midori-cho lagen, waren mir gute Bekannte. Jedesmal, wenn ich zur Arbeit ging,
freute ich mich am Anblick der Krähen, die auf dem taunassen Pfad zwischen den
Feldern saßen. Das glänzend schwarze Gefieder der Krähen in der Morgensonne
paßte gut zum Grün der Reispflanzen und zu den Reisfeldern, wenn sie reiften
und gelb wurden. Dieser Anblick ist so unbeschreiblich schön, frühmorgens, wenn
der Himmel klar ist, daß einem das Herz höher schlägt.
Aber heute lag sogar im Lotosteich ein Toter.
Neben dem Teich kauerte eine weiße Taube im Gras. Ich ging leise heran und nahm
sie in die Hand. Sie war auf dem rechten Auge blind, und die Federn am rechten
Flügel waren leicht angesengt. Ich spürte ein wildes Verlangen, die Taube
gebraten mit Sojasoße zu verspeisen, ließ sie aber doch los und warf sie in die
Luft. Sie konnte ihre Flügel ganz gut gebrauchen und flog dicht über den
Lotosblättern dahin, wobei sie eine Parabel beschrieb, die sich stetig nach
links krümmte. Doch bald verlor sie an Höhe und plumpste ins Wasser.
Ich entschloß mich, direkt zur Miyuki-Chaussee
zu gehen, und nahm den gleichen Weg, den wir am Sechsten zurückgelegt hatten.
Das Hospital der Gegenseitigen Hilfe, das am anderen Ufer inmitten von
Kirschbäumen stand, hatte alle Fensterscheiben eingebüßt, ich konnte aber Leute
durch die Korridore eilen sehen. Es schien voller Menschen zu sein, die
entweder nach Überlebenden suchten oder selbst ärztliche Hilfe brauchten. Die
Häuser an der Straße standen schief oder waren eingestürzt. Hin und wieder
hatten die Besitzer solcher sich neigender Häuser schon die Trümmer beiseite
geräumt und waren dabei, die Schiebetüren einzusetzen, denen allerdings die
Papierbespannung fehlte. Manchmal hörte ich Leute aus dem Innern sprechen.
Verschiedene Häuser hatten Strebepfeiler aus angekohlten Balken erhalten.
Jemand machte sich im Vorraum seines Hauses an einem angebrannten Stuhl zu
schaffen und kratzte die verkohlte Oberfläche mit einer Tassenscherbe ab. Das
erinnerte mich an den plumpen, mißgestalteten Stuhl, den ich auf einem Gemälde
von van Gogh in einer Zeitschrift gesehen hatte. Plötzlich wurde mir die Kehle
trocken.
In der breiten Hauptstraße am Fuße des
Hiji-Berges begegnete ich einigen Verletzten, die den Flüchtlingen vom 6.
August glichen. Sie wankten auf der Straße nach Ujina und tasteten sich mit der
rechten Hand an der Wand des Tabakmonopolgebäudes entlang. Alle waren halb
nackt, abgemagert und totenbleich. Von der schwarzgelb gefleckten Katze, die
Miyaji am Sechsten nachgelaufen war, gab es weit und breit keine Spur. Die
Toten am Nordende der Miyuki-Brücke hatte man fortgeschafft, doch sah man noch
dunkle, fettig aussehende Silhouetten von Menschen, wo sie gelegen hatten.
Das Gebiet an der Miyuki-Chaussee war eine
Wüstenei versengter Felder und ausgebrannter Grundstücke. Die Stelle, wo unser
Haus gestanden hatte, konnte man nur noch an dem kleinen Teich erkennen, der
allein von unserem Garten übriggeblieben war. Das Grundstück war viel kleiner,
als ich es in Erinnerung hatte. Shigeko und Yasuko waren schon da gewesen und
hatten unsere Sachen aus dem Luftschutzunterstand und dem Teich geholt. Ein
Arbeiter hatte alles auf einen Karren geladen und
machte noch einmal kurze Rast, ehe er losfuhr.
Das einzige Lebenszeichen zwischen den Ruinen
der Häuser unserer Nachbarschaftsvereinigung war eine Hütte, die jemand an der
Stelle errichtet hatte, wo die Nakaos früher wohnten. Alle anderen mußten wohl
bei Verwandten oder Freunden Unterkunft gefunden haben. Der Arbeiter erzählte
mir, daß der Mann aus der Hütte sich mit meiner Frau und meiner Nichte
unterhalten und erzählt hätte, er suche seinen Sohn. Das hieß, Herr Nakao
hauste dort allein mit seiner Tochter. Dach und Wände der Hütte bestanden aus
Wellblechstücken von abgebrannten Gebäuden; sie maß vielleicht fünf
Quadratmeter. Dabei hatte der Hauptbau ihres Hauses — gewissermaßen ein kleines
Palais aus Zypressenholz mit rot glasierten Ziegeln — mehr als hundertfünfzig
Quadratmeter umfaßt. Herr
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