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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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fragte Servaz.
    »Sollen da etwa meine Dienste in Anspruch genommen werden?«
    »Vielleicht.«
    »Ein sehr verschlossener Typ. Sie sollten Chaperon fragen«, sagte Saint-Cyr und deutete auf den Bürgermeister, der eben wegging. »Sie kannten sich gut.«
    Servaz erinnerte sich an Hirtmanns Worte.
    »So kam es mir auch vor«, sagte er. »Grimm, Chaperon und Perrault, nicht wahr? Die Pokerrunde am Samstagabend …«
    »Ja. Und Mourrenx. Dasselbe Quartett seit vierzig Jahren. Unzertrennlich seit dem Gymnasium …«
    Servaz dachte an das Foto in seiner Jackentasche. Er zeigte es dem Richter.
    »Sind sie das?«
    Gabriel Saint-Cyr zog eine Brille heraus und setzte sie auf, ehe er sich über das Foto beugte. Servaz fiel auf, dass sein Zeigefinger durch eine Arthrose deformiert war und dass er zitterte, als er auf die vier Männer zeigte: Parkinson.
    »Ja. Das da ist Grimm … Und das da Chaperon …«
    Der Finger wanderte weiter.
    »Der da, das ist Perrault.« Der hochgewachsene schlanke Typ mit der dichten Mähne und der großen Brille. »Er hat ein Geschäft für Sportausrüstung in Saint-Martin. Außerdem ist er Bergführer.«
    Sein Finger glitt zu dem bärtigen Hünen, der seine Feldflasche Richtung Kamera hielt, während er ins Herbstlicht lachte.
    »Gilbert Mourrenx. Er hat in der Zellulosefabrik in Saint-Gaudens gearbeitet. Vor zwei Jahren ist er an Magenkrebs gestorben.«
    »Und die vier waren unzertrennlich, sagen Sie?«
    »Ja«, antwortete Saint-Cyr und steckte seine Brille weg. »Unzertrennlich, ja … das kann man sagen …«
    Servaz sah den Richter an.
Irgendetwas in der Stimme von Saint-Cyr …
Der alte Richter ließ ihn nicht aus den Augen. Obwohl es gar nicht den Anschein hatte, war er gerade dabei, ihm eine Botschaft zu vermitteln.
    »Gab es über sie …
irgendwelche Geschichten?
«
    Der Blick des Pensionärs hatte die gleiche Intensität wie der von Servaz. Er hielt den Atem an.
    »Eher Gerüchte … Und einmal, vor dreißig Jahren, gab es eine Strafanzeige von einer Familie aus Saint-Martin. Eine Familie aus einfachen Verhältnissen: der Vater Arbeiter im Kraftwerk, die Mutter arbeitslos.«
    Das Kraftwerk –
Servaz war augenblicklich hellwach.
    »Eine Anzeige gegen sie?«
    »Ja, wegen
Erpressung.
Etwas in der Art …« Der alte Richter runzelte die Stirn und versuchte, seine Erinnerungen zu sammeln. »Wenn ich mich recht entsinne, wurden Polaroid-aufnahmen gemacht. Von der Tochter dieser armen Leute, einem Mädchen von siebzehn Jahren. Fotos, auf denen sie nackt und ganz offensichtlich betrunken war. Und auf einem der Fotos war sie … mit mehreren Männern zu sehen, glaube ich. Anscheinend drohten die jungen Männer damit, die Fotos in Umlauf zu bringen, falls das Mädchen ihnen nicht bestimmte Gefälligkeiten erwiese … ihnen und ihren Kumpels. Aber sie hat die Nerven verloren und ihren Eltern alles erzählt.«
    »Und was ist dann passiert?«
    »Nichts. Die Eltern haben ihre Anzeige zurückgezogen, noch bevor die Gendarmerie die vier jungen Leute vernehmen konnte. Wahrscheinlich hatten sie insgeheim eine Vereinbarung getroffen: keine Anzeige und im Gegenzug keine Erpressung. Die Eltern legten bestimmt keinen gesteigerten Wert darauf, dass diese Fotos in Umlauf kamen …«
    Servaz kräuselte die Stirn.
    »Seltsam. Davon hat mir Maillard gar nichts erzählt.«
    »Wahrscheinlich hat er von dieser Geschichte nie gehört. Er war damals noch nicht im Amt.«
    »Sie aber schon.«
    »Ja.«
    »Und Sie, haben Sie die Anschuldigungen geglaubt?«
    Saint-Cyr setzte eine zweifelnde Miene auf.
    »Sie sind Polizist: Sie wissen wie ich, dass jeder seine Geheimnisse hat. Und zwar im Allgemeinen keine besonders erfreulichen. Weshalb sollte diese Familie lügen?«
    »Um von den Familien der vier jungen Männer Geld zu erpressen.«
    »Damit der Ruf ihrer Tochter für immer dahin wäre? Nein. Ich kenne den Vater: Während seiner Arbeitslosigkeit hat er einige Arbeiten bei mir erledigt. Ein aufrechter Kerl, von der alten Schule. Ich würde sagen, das war nicht seine Art.«
    Servaz dachte noch einmal an die Hütte und an das, was er darin gefunden hatte.
    »Sie haben es selbst gesagt: Jeder hat seine Geheimnisse.«
    Saint-Cyr sah ihn aufmerksam an.
    »Ja. Wie lautet Ihres, Commandant?«
    Servaz lächelte ihn unergründlich an.
    »Die Selbstmörder«,
fuhr er fort. »Sagt Ihnen das etwas?«
    Diesmal las er eine echte Überraschung in den Augen des Richters.
    »Wer hat Ihnen davon erzählt?«
    »Sie würden mir

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