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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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große Wochenzeitungen tätig war. Ein echter Schnüffler. Der gern seine Nase in Dinge steckte, die ihn nichts angingen. Espérandieu hatte ihn unter etwas eigentümlichen Umständen kennengelernt, und er hatte mit niemandem über diesen »Kontakt« gesprochen – nicht einmal mit Martin. Offiziell hielt er es wie die anderen Mitglieder der Mordkommission: Er misstraute der Presse. Insgeheim aber war er der Meinung, dass Polizisten genauso davon profitierten wie Politiker, wenn sie auf einen oder mehrere Journalisten zurückgreifen konnten.
     
    Servaz saß am Lenker seines Jeeps und wählte Irène Zieglers Handynummer. Als er nur ihren Anrufbeantworter erreichte, legte er auf. Dann wählte er die Nummer von Espérandieu.
    »Ich habe bei Grimm ein Foto gefunden«, sagte er. »Ich hätte gern, dass du es bearbeitest.«
    Die Mordkommission verfügte über ein spezielles Bildbearbeitungsprogramm. Espérandieu und Samira waren die Einzigen, die sich damit auskannten.
    »Was für ein Foto? Digital oder analog?«
    »Papier. Ein altes Foto von einer Gruppe von Männern. Einer ist Grimm, ein anderer Chaperon, der Bürgermeister von Saint-Martin. Sieht so aus, als würden sie alle den gleichen Siegelring tragen. Es ist ein wenig verschwommen, aber es ist etwas darin eingraviert. Ich hätte gern, dass du versuchst herauszufinden, was.«
    »Glaubst du, dass es sich um eine Art Klub wie Rotary oder die Freimaurer handelt?«
    »Ich weiß nicht, aber …«
    »… der abgeschnittene Ringfinger …«,
erinnerte sich sein Stellvertreter plötzlich.
    »Ganz genau.«
    »Okay. Kannst du es einscannen und mir von der Gendarmerie aus schicken? Ich schaue es mir an. Aber die Software eignet sich vor allem für digitale Fotos. Bei eingescannten alten Fotos ist sie weniger leistungsfähig.«
    Servaz dankte ihm. Er wollte gerade losfahren, als sein Handy klingelte. Es war Ziegler.
    »Sie haben mich angerufen?«
    »Ich habe etwas gefunden«, sagte er ohne Einleitung. »In einer Hütte, die Grimm gehört …«
    »Eine Hütte?«
    »Seine Witwe hat mir davon erzählt. Ich habe die Schlüssel in Grimms Büro gefunden. Offenbar ist sie nie hier gewesen. Sie müssen sich das ansehen …«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ein Regencape … So ähnlich wie das Cape an Grimms Leiche. Und Stiefel. Es ist schon spät, ich werde die Tür abschließen und Maillard die Schlüssel geben. Ich will, dass ein Team vom Erkennungsdienst die Hütte gleich morgen früh genau unter die Lupe nimmt.«
    Schweigen am anderen Ende. Draußen heulte der Wind.
    »Und Sie, wie weit sind Sie?«, sagte er.
    »Die Riemen sind eine gängige Marke«, antwortete sie. »In großer Stückzahl produziert und im gesamten Westen und Süden Frankreichs vermarktet. Jeder Riemen trägt eine Seriennummer. Sie versuchen, den Herstellungsbetrieb und das Geschäft, in dem sie verkauft wurden, ausfindig zu machen.«
    Servaz dachte nach. Außerhalb des Lichtkegels der Scheinwerfer ließ sich auf einem Ast eine Eule nieder und begann, ihn zu beobachten. Es erinnerte ihn an Hirtmanns Blick.
    »Wenn wir das Geschäft kennen würden, kämen wir vielleicht an die Bänder der Videoüberwachung heran«, sagte er.
    Er spürte die Skepsis in Zieglers Stimme, als sie antwortete.
    »Sofern sie die Bänder aufheben – laut Gesetz müssen sie die Bänder ja innerhalb eines Monats vernichten. Da müssten die Riemen erst vor ganz kurzem gekauft worden sein.«
    Servaz war sich fast sicher, dass Grimms Mörder seine Tat monatelang geplant hatte. Hatte er die Riemen erst im letzten Moment gekauft? Oder hatte er sie schon vorher?
    »Sehr schön«, sagte er. »Bis morgen.«
     
    Er fuhr den Forstweg zurück bis zur Straße. Dunkle Wolken schoben sich vor den Mond. Das Tal war nur noch ein See der Finsternis, und selbst der Himmel verschmolz mit dem schwarzen Gebirge. Servaz hielt an, warf einen Blick nach rechts und nach links und fuhr dann in die Straße hinein.
    Unwillkürlich warf er einen Blick in den Rückspiegel.
    Eine halbe Sekunde lang setzte sein Herz aus:
Hinter ihm leuchtete ein Paar Scheinwerfer auf …
Ein Auto, am Straßenrand geparkt, ohne Licht. Kurz hinter der Stelle, an der er den Forstweg verlassen hatte. Im Rückspiegel sah er, wie sich die Scheinwerfer langsam von dem breiten Randstreifen entfernten und ihm folgten. Nach ihrer Größe und Höhe zu urteilen, musste es sich um einen Geländewagen handeln. Servaz spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Es war

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