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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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zusteuerten, stieß ihn Ziegler mit dem Ellbogen an. Er sah in die Richtung, in die sie zeigte: Chaperon war wiederaufgetaucht. Er unterhielt sich mit Cathy d’Humières und anderen Honoratioren. Plötzlich vibrierte das Handy in seiner Tasche. Servaz ging ran. Ein Typ von der Generaldirektion. Servaz bemerkte sofort den hochfahrenden Akzent und den großstädtischen Ton, als gurgelte der Typ jeden Morgen mit Melasse.
    »Was haben Sie über das Pferd herausgefunden?«
    »Wer will das wissen?«
    »Die Generaldirektion verfolgt diese Sache sehr aufmerksam, Commandant.«
    »Weiß man dort, dass ein Mann ermordet wurde?«
    »Ja, der Apotheker Grimm, wir sind auf dem Laufenden«, antwortete der Bürokrat, als würde er die Akte in- und auswendig kennen – was vermutlich nicht der Fall war.
    »Dann können Sie sich also denken, dass das Pferd von Monsieur Lombard nicht meine Priorität ist.«
    »Commandant, Catherine d’Humières hat mir versichert, dass Sie eine ausgezeichnete Kraft sind.«
    Servaz wurde langsam ärgerlich.
Ganz sicher eine bessere Kraft als du,
sagte er sich. Der seine Zeit nicht damit verbringt, anderen auf den Fluren die Flossen zu drücken, seine Kameraden schlechtzumachen und bei den Sitzungen so zu tun, als würde er die Akten kennen.
    »Haben Sie eine Spur?«
    »Nicht die kleinste.«
    »Und die beiden Wachleute?«
    Sieh an, er hatte sich also doch die Mühe gemacht, die Berichte zu lesen. Bestimmt in aller Eile, unmittelbar vor seinem Anruf – wie ein Schüler, der seine Hausaufgaben noch schnell vor der Schule hinschludert.
    »Sie waren es nicht.«
    »Wie können Sie da so sicher sein?«
    Weil ich meine Zeit mit den Opfern und den Mördern verbringe, während du mit deinem Arsch am Stuhl klebst,
dachte er.
    »Sie haben nicht das richtige Profil dafür. Falls Sie sich selbst davon überzeugen wollen, lade ich Sie herzlich ein, hierherzukommen und sich uns anzuschließen.«
    »Schon gut, Commandant, immer mit der Ruhe. Niemand stellte Ihre Kompetenz in Frage«, beschwichtigte sein Gesprächspartner. »Führen Sie die Ermittlungen so, wie es Ihnen passt, aber verlieren Sie nicht aus den Augen, dass wir wissen wollen, wer dieses Pferd getötet hat.«
    Die Botschaft war klar: Einen Apotheker konnte man töten und nackt unter einer Brücke aufhängen – aber das Pferd eines der mächtigsten Männer Frankreichs durfte man nicht enthaupten.
    »In Ordnung«, sagte Servaz.
    »Bis bald, Commandant«, sagte der Mann und legte auf.
    Servaz stellte sich ihn hinter seinem Schreibtisch vor, wie er herablassend über die kleinen Provinzbeamten lächelte, er sah seinen eleganten Anzug und seine geschmackvolle Krawatte vor sich, roch fast sein teures Eau de Toilette, stellte sich vor, wie er irgendeinen belanglosen Vermerk voller hochtrabender Wörter verfasste, um sich anschließend frohgemut die Blase zu erleichtern und sich im Spiegel zu bewundern, ehe er hinunter in die Kantine ging, wo er mit seinesgleichen die Welt wieder in Ordnung brachte.
    »Eine schöne Feier und ein schöner Ort«, sagte jemand neben ihm.
    Er wandte den Kopf um. Gabriel Saint-Cyr lächelte ihn an. Servaz nahm die Hand, die ihm der Ex-Richter hinhielt. Ein ehrlicher Händedruck ohne Getue und ohne Einschüchterungsversuch – was ganz dem Charakter des Mannes entsprach.
    »Ich dachte mir auch gerade, dass dies ein hübscher Ort ist, um hier die ewige Ruhe zu verbringen«, sagte Servaz lächelnd.
    »Genau das beabsichtige ich zu tun. Vielleicht gehe ich Ihnen voran, aber ich bin sicher, dass Sie als Toter ein angenehmer Gesellschafter wären. Mein Platz ist dort.«
    Saint-Cyr zeigte mit dem Finger auf eine Ecke des Friedhofs. Servaz lachte laut auf und zündete sich eine Zigarette an.
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Was?«
    »Dass ich als Toter ein angenehmer Gesellschafter wäre.«
    »In meinem Alter und mit meiner Erfahrung macht man sich schnell ein Bild von den Leuten.«
    »Und man irrt sich nie?«
    »Selten. Und außerdem vertraue ich dem Urteil von Catherine.«
    »Hat sie Sie nicht nach Ihrem Sternzeichen gefragt?«
    Jetzt musste Saint-Cyr lachen.
    »Das hat sie gleich als Erstes getan, als wir uns vorgestellt wurden! Meine Familie besitzt hier eine Gruft«, fügte er hinzu. »Ich habe vor drei Jahren ein Grab am anderen Ende des Friedhofs gekauft, möglichst weit weg.«
    »Warum?«
    »Die Vorstellung, in alle Ewigkeit die Nähe bestimmter Personen erdulden zu müssen, hat mir Angst gemacht.«
    »Kannten Sie Grimm?«,

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