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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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die Spitze des Eisbergs.«
    Servaz sah sie an.
    »Wie das?«
    »Nun, vielleicht gibt es noch anderen, ähnlichen ›Mist‹. Vielleicht ist es nicht dabei geblieben. Und einmal hat es vielleicht ein schlimmes Ende genommen.«
    »Das sind ziemlich viele ›vielleicht‹«, bemerkte Servaz. »Da ist noch etwas anderes: Chaperon hat seinen Siegelring abgelegt.«
    »Was?«
    Servaz beschrieb ihr, was er gerade gesehen hatte. Ziegler zog die Brauen hoch.
    »Und was bedeutet das Ihrer Meinung nach?«
    »Keine Ahnung. Inzwischen will ich Ihnen etwas anderes zeigen.«
    »Die Hütte?«
    »Ja. Fahren wir?«
     
    Um fünf Uhr hatte der Wecker auf dem Nachttisch geläutet, und Diane hatte sich fröstelnd in den Waschraum geschleppt. Wie jeden Morgen war das Duschwasser zunächst kochend heiß, dann schließlich eiskalt, so dass sich Diane schnell abtrocknete und anzog. Die nächste Stunde verbrachte sie damit, ihre Aufzeichnungen zu überarbeiten, dann ging sie in die Cafeteria im Erdgeschoss.
    Die Cafeteria war völlig menschenleer. Sie hatte allerdings die Kaffeepad-Maschine entdeckt und schlüpfte hinter die Theke, um sich einen Espresso zu machen. Sie las weiter in ihren Aufzeichnungen, bis sie Schritte im Flur hörte. Dr. Xavier betrat den Raum, nickte ihr kurz zu und ging dann ebenfalls hinter die Theke, um sich einen Kaffee zuzubereiten. Anschließend steuerte er mit der Tasse in der Hand auf sie zu.
    »Guten Morgen, Diane. Sie sind wohl eine Frühaufsteherin.«
    »Guten Morgen, Monsieur. Eine alte Gewohnheit …«
    Ihr fiel auf, dass er gut aufgelegt zu sein schien. Er tauchte die Lippen in seinen Kaffee und sah sie lächelnd an.
    »Sind Sie bereit, Diane? Ich habe eine gute Nachricht. Heute Morgen werden wir die Insassen der Station A besuchen.«
    Sie bemühte sich, ihre Aufregung zu verbergen und einen professionellen Ton zu bewahren.
    »Sehr schön, Monsieur.«
    »Bitte nennen Sie mich doch Francis.«
    »Gern, Francis.«
    »Ich hoffe, ich habe Sie das letzte Mal nicht zu sehr erschreckt. Ich wollte Sie lediglich warnen. Sie werden sehen, alles wird sehr gut laufen.«
    »Ich fühle mich bestens gerüstet.«
    Er warf ihr einen Blick zu, der ganz klar verriet, dass er das bezweifelte.
    »Wen werden wir sehen?«
    »Julian Hirtmann …«
     
    Die White Stripes sangen im Kopfhörer
Seven Nation Army,
als die Bürotür aufging. Espérandieu sah vom Bildschirm seines Rechners auf.
    »Salut«, sagte Samira. »Wie war die Autopsie?«
    »Bäh!«, sagte Espérandieu und setzte den Kopfhörer ab.
    Sie ging um den Schreibtisch von Vincent herum an ihren Arbeitsplatz. Espérandieu roch den frischen, angenehmen Duft ihres Duschgels. Samira Cheung war ihm auf Anhieb sympathisch gewesen. Wie er fing auch sie sich kaum verhüllte sarkastische und anzügliche Bemerkungen von gewissen Mitgliedern der Mordkommission ein. Aber die Kleine war schlagfertig. Sie hatte die alten Idioten bei mehreren Gelegenheiten zusammengestaucht. Weshalb sie sie umso mehr hassten.
    Samira Cheung griff nach einer Flasche Mineralwasser und setzte sie an den Mund. An diesem Morgen trug sie eine Lederjacke über einer Jeansweste und einem Kapuzensweater, eine Drillichhose, Boots mit acht Zentimeter hohen Absätzen und eine Kappe mit Schirm.
    Sie neigte ihr außerordentlich hässliches Gesicht zum Bildschirm ihres Computers. Das Make-up half gar nichts. Selbst Espérandieu hätte, als er sie zum ersten Mal sah, am liebsten laut losgelacht. Aber schließlich hatte er sich daran gewöhnt. Mittlerweile fand er sogar, dass sie einen eigenartigen, paradoxen Charme besaß.
    »Wo warst du?«, fragte er.
    »Beim Richter.«
    Er begriff, dass sie von dem Richter sprach, der für die Ermittlungen über die drei Jugendlichen zuständig war. Er fragte sich schmunzelnd, wie sie wohl auf die Leute in den Fluren des Gerichtsgebäudes gewirkt hatte.
    »Kommst du voran?«
    »Es scheint, als wären die Argumente der gegnerischen Partei beim Richter auf eine gewisse Resonanz gestoßen …«
    »Wie das?«
    »Nun, die Hypothese, dass er ertrunken ist, setzt sich allmählich durch.«
    »Verdammt!«
    »Ist dir nichts aufgefallen, als du gekommen bist?«, fragte sie.
    »Was meinst du?«
    »Pujol und Simeoni.«
    Espérandieu zog ein schiefes Gesicht. Dieses Thema war ihm unangenehm.
    »Offenbar sind sie in Hochform«, sagte er düster.
    »Sie sind seit gestern so«, bekräftigte Samira. »Ich hab den Eindruck, es beflügelt sie, dass Martin nicht da ist. Du solltest dich

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