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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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sie nicht.
    »Wer sind Sie?«
    »Ich heiße Serge Perrault, ich bin ein Freund von …«
    Perrault!
    »Ich weiß, wer Sie sind!«, fiel er ihm ins Wort.
    Kurzes Schweigen.
    »Ich muss mit Ihnen reden, sofort!«, entfuhr es Perrault.
    Seine Stimme klang hysterisch.
    »Wo?«, schrie Servaz.
»Wo?«
    »Oben auf den Eiern, in einer Viertelstunde. Beeilen Sie sich!«
    Servaz spürte, wie ihn die Panik überkam.
    »Wo?«
    »Oben an der Seilbahn, verdammt! Da oben in Saint-Martin 2000 , bei den Schleppliften! Ich werde dort sein. Halten Sie sich ran, verflucht! Verstehen Sie denn nicht: Ich bin an der Reihe! Kommen Sie allein!«

19
    D er Himmel war dunkel und die Straßen weiß, als Servaz den Motor anließ. Noch immer wirbelte draußen der Schnee. Er schaltete die Scheibenwischer an. Dann rief er Irène Ziegler auf ihrem Handy an.
    »Wo bist du?«, fragte er, sobald sie abgehoben hatte.
    »Bei den Eltern«, antwortete sie, die Stimme senkend – sie war offensichtlich nicht allein.
    »Wo ist das?«
    »Am Ortsausgang, warum?«
    Er schilderte ihr in wenigen Worten Perraults Hilferuf.
    »Du bist näher als ich«, sagte er. »Fahr so schnell wie möglich hin! Es ist keine Minute zu verlieren! Er erwartet uns dort oben.«
    »Weshalb verständigen wir nicht die Gendarmerie?«
    »Keine Zeit! Beeil dich!«
    Servaz legte auf. Er klappte die Sonnenblende mit der Aufschrift » POLICE « herunter, befestigte das magnetische Blaulicht auf dem Dach und schaltete die Sirene ein. Wie lange brauchte man bis dort hinauf? Gaspard Ferrand wohnte nicht in Saint-Martin, sondern in einem fünf Kilometer entfernten Dorf. Die Straßen waren voller Schnee. Servaz rechnete mit einer guten Viertelstunde bis zum Parkplatz der Seilbahn im Stadtzentrum. Wie viele Minuten brauchten die Gondeln für die Strecke? Fünfzehn? Zwanzig?
    Er fuhr mit quietschenden Reifen und heulender Sirene an – Ferrand stand verblüfft vor der Haustür. Die Ampel am Ende der Straße war rot. Er wollte das Rotlicht überfahren, als er plötzlich rechts die Silhouette eines riesigen Lkws auftauchen sah. Er trat voll auf die Bremse. Er spürte sogleich, dass er die Kontrolle über das Fahrzeug verlor. Der Jeep stellte sich mitten auf der Kreuzung quer; der Koloss aus Eisen streifte ihn unter lautem Hupen. Das Geheul dröhnte Servaz in den Ohren, während die Angst ihn wie ein Faustschlag gegen den Solarplexus traf. Es verschlug ihm den Atem. Seine Finger auf dem Lenkrad waren bleich. Dann schaltete er in den ersten Gang und fuhr weiter. Keine Zeit zum Nachdenken! Vielleicht war das im Grunde auch besser. Nicht nur achtunddreißig Tonnen Stahl hatten ihn gestreift, sondern der Tod in einer Stahlkapsel!
    An der nächsten Kreuzung bog er nach rechts ab und ließ die Ortschaft hinter sich. Vor ihm erstreckte sich eine weiße Ebene. Der Himmel war noch genauso bedrohlich, aber es schneite nicht mehr. Er trat aufs Gas.
    Er kam von Osten nach Saint-Martin hinein. Im ersten Kreisverkehr fuhr er in die falsche Richtung. Schimpfend und auf das Lenkrad schlagend, machte er kehrt – andere Autofahrer warfen ihm ungläubige Blicke zu. Zum Glück war wenig los. Zwei weitere Kreisverkehre. Er fuhr an einer Kirche vorbei und fand sich in der Avenue d’Etigny wieder, der Hauptgeschäftsstraße mit den Hotels, schicken Boutiquen, den Platanen, dem Kino und den Caféterrassen. Autos parkten zu beiden Seiten. Der Schnee war in den Wagenspuren, die Dutzende von Fahrzeugen in der Mitte hinterlassen hatten, zu schwärzlichem Matsch geworden. Kurz vor dem Kino bog er nach rechts ab. Ein Pfeil mit der Aufschrift » SEILBAHN «.
    Der große Parkplatz am Ende der Straße. Ein riesiger freier Platz, hinter dem hoch der Berg aufragte, und der langgezogene weiße Streifen der Seilbahn schnitt schnurgerade durch die Tannenwälder am Hang. Er fuhr mit Vollgas zwischen den Reihen der Autos hindurch bis zur Talstation, und beim Bremsen kam er abermals ins Schlittern. Im nächsten Moment war er draußen, lief ein Stück, rannte die Stufen des Gebäudes hinauf, das auf zwei mächtigen Betonpfeilern ruhte, und stürmte zu den Schaltern. Ein Paar kaufte gerade Fahrkarten. Servaz schwenkte seinen Dienstausweis.
    »Polizei! Wie lange dauert die Auffahrt?«
    Der Mann hinter der Scheibe warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
    »Neun Minuten.«
    »Geht das nicht etwas schneller?«
    Der Mann starrte ihn an, als wäre er verrückt.
    »Wozu?«
    Servaz versuchte, ruhig zu bleiben.
    »Ich hab nicht die Zeit, um mit

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