Schwarzer Schmetterling
sich.
»Geben Sie mir Maillard! Hier ist Commandant Servaz! Schnell!«
Eine Minute später war Maillard am Apparat.
»Ich bin gerade dem Mörder begegnet! Er fährt mit seinem nächsten Opfer in einer Kabine talwärts! Ich hab die Seilbahn anhalten lassen. Nehmen Sie ein paar Leute und fahren Sie schleunigst zur Talstation! Sobald Sie dort sind, setzen wir die Bahn wieder in Gang.«
Maillard verschlug es kurz die Sprache, ehe er stammelte:
»Sind Sie sicher?«
»Absolut! Das Opfer ist Perrault. Er hat mich vor fünfundzwanzig Minuten angerufen und um Hilfe gebeten. Er hat mich an die Bergstation bestellt. Jetzt ist er gerade in einer Kabine an mir vorbeigefahren. Er hatte ein Seil um den Hals, und neben ihm stand ein maskierter Mann!«
»Mein Gott! Ich löse Alarm aus! Sobald wir bereit sind, ruf ich Sie an!«
»Versuchen Sie auch, Capitaine Ziegler zu verständigen. Ich kann sie mit meinem Handy nicht erreichen!«
Nach zwölf Minuten meldete sich Maillard wieder. Servaz hatte sie damit verbracht, sich auf der Plattform die Füße zu vertreten, während er ständig auf die Uhr sah und eine Zigarette nach der anderen rauchte.
»Wir sind bereit«, erklärte der Gendarm am Telefon.
»Sehr gut! Ich werde die Seilbahn wieder in Gang setzen. Perrault und der Mörder sind in einer der Kabinen! Ich komme nach!«
Er gab dem Maschinisten ein Zeichen und sprang dann in eine Kabine. Als sie losfuhr, fiel ihm plötzlich ein, dass irgendetwas nicht stimmte. Der Mörder hatte geplant, Perrault in die Tiefe zu stürzen und ihn an einem Seil baumeln zu sehen. Aber er hatte bestimmt nicht die Absicht, mit einer so auffälligen Fracht bis zur Talstation mitzufahren. Servaz fragte sich, ob es eine Stelle gab, an der der Mörder aus der fahrenden Kabine springen konnte, und kaum hatte er sich diese Frage gestellt, war er sich auch schon sicher, dass dem so war.
Hatten Maillard und seine Männer diese Möglichkeit bedacht? Überwachten sie sämtliche Zugänge zum Berg?
Wieder versuchte er, die Nummer von Ziegler zu wählen, aber wieder die Meldung: »Kein Netz«. Wie bei der Hinfahrt durchquerte er den Nebel und sah nichts als die verschwommenen Silhouetten der Tannen unter sich und die leeren Kabinen, die ihm entgegenkamen. Plötzlich hörte er das Flapp-Flapp der Rotorblätter eines Hubschraubers, aber der Apparat blieb unsichtbar. Allerdings war ihm, als komme das Geräusch nicht von oben, sondern von unten.
Was war da unten los? Die Nase an die Scheibe gedrückt, versuchte er, den Nebel zu durchdringen. Aber er sah keine zwanzig Meter weit. Plötzlich blieben die Kabinen stehen, und zwar so jäh, dass er das Gleichgewicht verlor. Er stieß mit der Nase gegen die Scheibe – der Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Was trieben sie da unten? Er sah sich um. Die Kabinen schwangen sanft an ihren Seilen hin und her, wie Lampions auf einem Jahrmarkt; der Wind hatte etwas nachgelassen, und die Flocken fielen jetzt fast senkrecht. Die Schneedecke am Fuß der Tannen war sehr dick. Einmal mehr versuchte er, mit seinem Handy durchzukommen. Wieder vergeblich.
Während der folgenden Dreiviertelstunde blieb er in dieser Nussschale gefangen und konnte nichts anderes tun, als die Tannen und den Nebel mit den Augen abzusuchen. Nach einer halben Stunde machte die Kabine plötzlich einen Schlenker, fuhr drei Meter und blieb erneut stehen. Servaz fluchte. Was sollte das? Er stand auf, setzte sich wieder, stand wieder auf … Es gab nicht einmal genügend Platz, um die Beine auszustrecken! Als sich die Kabinen wieder in Bewegung setzten, saß er schon eine geraume Weile und hatte sich mit dem Warten abgefunden.
Als er sich der Talstation näherte, lichtete sich plötzlich der Nebel, und die Dächer der Stadt kamen zum Vorschein. Servaz sah die blinkenden Blaulichter und die zahlreichen Fahrzeuge der Gendarmerie auf dem Parkplatz. Gendarmen in Uniform kamen und gingen. Er erkannte auch die Techniker vom Erkennungsdienst in ihren weißen Overalls und den Leichnam auf der Bahre vor der offenen Hecktür eines Rettungswagens.
Er erstarrte.
Perrault war tot.
Sie hatten die Kabinen angehalten, um die ersten Untersuchungen vornehmen zu können. Dann hatten sie die Leiche abgehängt und die Seilbahn wieder in Gang gesetzt. Er war sich sofort sicher, dass dem Mörder die Flucht gelungen war. Sobald der Schwenkarm die Tür zur Seite gezogen hatte, sprang er aus der Kabine auf den Beton. Am Fuß der Treppe sah er Ziegler, Maillard,
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