Schwarzer Schmetterling
finden?
Genies des Bösen?
Hier gibt es nur unglückliche Psychotiker, Schizophrene, Paranoiker, bedauernswerte Kerle und arme Kranke, Dr. Berg. Und ich erlaube mir, mich selbst auch dazuzuzählen. Der einzige Unterschied zu den Kranken in anderen Einrichtungen ist die Gewalttätigkeit … Und, glauben Sie mir, die findet man nicht nur bei den Patienten …«
Er breitete die Hände aus.
»Oh, ich weiß, dass Dr. Xavier eine … sagen wir
romantische
Sicht auf die Dinge hat … Dass er das Böse selbst in uns sieht, Emanationen der Nemesis und ähnlichen Stuss. Er glaubt, er hat eine Mission. Für ihn ist diese Klinik ein bisschen wie der Heilige Gral der Psychiater. Alles Quatsch!«
Während er sprach, wurde sein Blick düsterer und härter – sie wich auf ihrem Stuhl unwillkürlich zurück.
»Wie überall ist auch hier alles nur Gemeinheit, Mittelmäßigkeit, schlechte Behandlung und hochdosierte Medikamente. Die Psychiatrie ist der größte Schwindel des 20 . Jahrhunderts. Sehen Sie sich nur die Medikamente an, die hier eingesetzt werden: Sie wissen nicht einmal, wieso sie überhaupt wirken! Die meisten Psychopharmaka enthalten Wirkstoffe, die ursprünglich für ganz andere Indikationen entwickelt wurden – die psychischen Effekte hat man nur zufällig entdeckt.«
Sie sah ihn fest an.
»Erzählen Sie mir von Ihren Informationen«, sagte sie. »Stammen sie ausnahmslos aus Zeitungen?«
» SIE HÖREN MIR ÜBERHAUPT NICHT ZU .«
Er hatte diesen Satz mit einer kräftigen, schroffen, autoritären Stimme geäußert. Sie fuhr zusammen. Sie spürte, dass sie ihn verlieren würde. Sie hatte einen Fehler gemacht, etwas verpatzt. Er würde sich wieder verschließen …
»Doch, ich höre Ihnen zu, ich …«
»Sie hören mir nicht zu.«
»Warum sagen Sie das? Ich …«
Plötzlich begriff sie.
»Was meinten Sie damit:
Und die findet man nicht nur bei den Patienten?
«
Ein dünnes, grausames Lächeln breitete sich über sein Gesicht aus.
»Sehen Sie, wenn Sie nur wollen.«
»Was soll das heißen: ›Und die findet man nicht nur bei den Patienten‹? Wovon reden Sie? Von Verrückten? Von armen Schluckern? Von Verbrechern? Von Mördern?
Sondern auch unter den Mitarbeitern –
meinen Sie das?«
»Eigentlich unterhalte ich mich doch gerne mit Ihnen!«
»Von wem sprechen Sie, Julian? Um
wen
handelt es sich?«
»Was wissen Sie, Diane? Was haben Sie herausgefunden?«
»Wenn ich es Ihnen sage, wer garantiert mir dann, dass Sie es nicht weitererzählen?«
Er brach in ein entsetzliches, unangenehmes Lachen aus.
»Ach, Diane! Das hört sich an wie ein missratener Filmdialog! Was glauben Sie denn? Dass mich das wirklich interessiert? Sehen Sie mich an: Ich werde hier nie mehr rauskommen. Wenn es draußen ein Erdbeben gäbe, würde mich das also völlig kaltlassen – zumindest, solange es die Mauern hier nicht zum Einsturz bringt …«
»Ihre DNA wurde an der Stelle gefunden, wo das Pferd getötet wurde«, sagte sie. »Wussten Sie das?«
Er beobachtete sie eine ganze Weile.
»Und Sie, woher wissen Sie das?«
»Das spielt keine Rolle. Also, wussten Sie es oder nicht?«
Er verzog kurz das Gesicht, als wollte er lachen.
»Ich weiß, was Sie suchen«, sagte er. »Aber Sie werden es hier nicht finden. Und die Antwort auf Ihre Frage lautet: ICH WEISS ALLES , DIANE . Alles, was sich draußen und was sich drinnen ereignet. Seien Sie unbesorgt: Ich werde niemandem von Ihrem Besuch erzählen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob Monsieur Monde sich auch daran halten wird. Im Gegensatz zu mir kann er sich nicht frei bewegen. Genau da liegt das Paradox. Und jetzt gehen Sie. In einer Viertelstunde kommt die Oberschwester. Gehen Sie! Fliehen Sie von hier, Diane. Laufen Sie weit weg. Sie sind hier in Gefahr.«
Espérandieu saß an seinem Schreibtisch und dachte nach. Nach Marissas Anruf war ihm eine Idee gekommen. Er musste immer wieder an die Summe denken, die am Morgen am Telefon erwähnt worden war: 135 000 Dollar. Was konnte man mit dieser Summe anstellen? Auf den ersten Blick hatten diese 135 000 Dollar nichts mit seinem Fall zu tun. Auf den ersten Blick … Und dann war ihm diese Idee gekommen.
Eine Idee, die so aberwitzig war, dass er sie zunächst verwarf.
Aber sie hatte sich behauptet. Hartnäckig festgebissen. Was kostete es ihn, sie zu überprüfen? Um elf Uhr hatte er sich entschlossen, und er hatte auf seinem Computer nach einer Information gesucht. Anschließend hatte er zum Telefon
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