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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Nachtsichtgeräte und -zielfernrohre angefordert. Und um die Erlaubnis gebeten, die Zahl der Einsatzkräfte vor Ort zu verdoppeln, aber es würde mich wundern, wenn sie dem stattgeben würden. Außerdem bekommen wir zwei Hundestaffeln. Einige der Berge im Umkreis der Klinik sind aber ohne entsprechende Ausrüstung sowieso nicht zu überwinden. Bleiben die Straße und das Tal als der wahrscheinlichste Zugangsweg. Diesmal wird Hirtmann nicht durchkommen, selbst wenn er die Sicherheitssysteme des Instituts überwinden sollte.«
    Jetzt geht es nicht mehr nur um ein Pferd,
sagte er sich,
von nun an ist es viel ernster.
    »Es gibt noch eine andere Frage, auf die wir eine Antwort finden müssen.«
    Sie blickte ihn fragend an.
    »Welche Verbindung besteht zwischen Hirtmann und Lombard? Weshalb hat er sich bloß dieses Pferd ausgesucht?«
     
    Um Mitternacht schlief Servaz immer noch nicht. Er schaltete seinen PC aus – eine uralte Kiste, die noch mit Windows 98 arbeitete und die er nach seiner Scheidung geerbt hatte –, dann die Lampe auf seinem Schreibtisch. Er stand auf und zog die Tür hinter sich zu. Er ging durchs Wohnzimmer, öffnete die Glastür und betrat den Balkon. Die Straße drei Stockwerke tiefer war menschenleer. Abgesehen von einem Auto, das sich einen Weg durch die Doppelreihe der Fahrzeuge bahnte, die Stoßstange an Stoßstange parkten. Wie die meisten Städte hatte auch diese einen ausgeprägten Sinn für die Knappheit freier Flächen. Und wie die meisten Städte schlief auch diese nie ganz, selbst wenn ihre Bewohner schliefen. Zu jeder Stunde brummte und dröhnte sie wie eine Maschine. Von unten drang das Klirren von Geschirr aus einer Restaurantküche. Ein Gespräch – oder vielmehr ein Streit – zwischen einem Mann und einer Frau hallte irgendwo wider. Ein Typ auf der Straße ließ seinen Hund an ein Auto pinkeln. Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, durchstöberte seine CD -Sammlung und legte die Achte von Mahler auf, dirigiert von Bernstein, in dezenter Lautstärke. Zu dieser Stunde waren seine Nachbarn unter ihm, die früh zu Bett gingen, längst tief eingeschlafen: Selbst die schrecklichen Hammerschläge der Sechsten oder der große disharmonische Akkord der Zehnten hätten sie nicht aus dem Schlaf reißen können.
    Julian Hirtmann …
    Wieder war da dieser Name. Seit Irène Ziegler ihn vor ein paar Stunden im Auto ausgesprochen hatte, schwebte er in der Luft. Im Laufe der letzten Stunden hatte Servaz so viel wie möglich über den Insassen des Institut Wargnier herauszufinden versucht. Nicht ohne Verblüffung hatte er festgestellt, dass Julian Hirtmann, wie er selbst, eine Vorliebe für die Musik Mahlers hatte. Das war eine Gemeinsamkeit zwischen ihnen. Er war mehrere Stunden im Internet gesurft und hatte sich dabei Notizen gemacht. Genau wie bei Eric Lombard, aber aus anderen Gründen, hatte er über den Schweizer im Netz Hunderte von Seiten gefunden.
    Die dunklen Vorahnungen, die Servaz von Anfang an hatte, breiteten sich mittlerweile wie eine Giftwolke aus. Bis dahin hatten sie nur eine bizarre Geschichte gehabt – den Tod eines Pferdes unter ungewöhnlichen Umständen –, die niemals solche Ausmaße angenommen hätte, wenn statt eines Milliardärs ein kleiner Landwirt aus der Gegend Eigentümer des Tieres gewesen wäre. Doch jetzt stand diese Geschichte plötzlich in Verbindung mit einem der schrecklichsten Mörder der Gegenwart – auch wenn er nicht wusste, wie oder warum es zu dieser Verbindung gekommen war. Servaz hatte plötzlich das Gefühl, sich in einem langen Flur voller geschlossener Türen zu befinden. Hinter jeder verbarg sich ein unerwarteter, beunruhigender Aspekt des Falls. Er fürchtete sich davor, diesen Flur zu betreten und die Türen aufzustoßen. In seiner Vorstellung wurde der Gang seltsam von einer roten Lampe beleuchtet – rot wie Blut, rot wie der Zorn, rot wie ein schlagendes Herz. Während er sich das Gesicht mit kaltem Wasser besprengte, einen Knoten der Angst in der Magengrube, gelangte er zu der Gewissheit, dass sich bald zahlreiche andere Türen öffnen würden – und den Blick in Zimmer freigäben, von denen eines so dunkel und unheimlich wäre wie das andere.
Dies war erst der Anfang …
    Julian Alois Hirtmann war seit bald sechzehn Monaten in der Station A des Institut Wargnier untergebracht, in der die gefährlichsten Serienmörder verwahrt wurden. Doch Hirtmann unterschied sich von den sechs anderen Insassen in mehr als einer Hinsicht:
     
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