Schwarzer Schwan
sie, um Spaghetti alla Norma zu kochen, eines der wenigen Gerichte, auf deren Zubereitung sie sich halbwegs verstand. Aber heute stellte sie sich ungeschickt an und schnitt sich in den Daumen.
Britta holte ein Pflaster. »Alles wird gut«, sagte sie – an dieses Mantra versuchten sie sich beide zu klammern.
»Ich gäbe gern einen Finger für Leonie.«
Britta lächelte. »Lass ihn dran.«
Hanna hätte am liebsten losgeheult, aber ihre Tränen waren versiegt – die einzige Wirkung der Spritze, wie es schien.
Gerade noch rechtzeitig erinnerte sie sich daran, dass eine Pfanne mit heißem Öl auf der Kochstelle stand. Hanna gab die Auberginenwürfel hinein, briet sie mit gehacktem Knoblauch und einer Chilischote, goss passierte Tomaten dazu und setzte den Deckel auf die Pfanne.
Ihr Handy klingelte.
Es waren die Polizisten, die sich um den Einbruch in ihre Wohnung und um den illegalen Lauschangriff kümmerten. Sie baten darum, dass Hanna sie hineinließ.
»Reibst du schon mal den Parmesan?«, fragte sie ihre Schwester, schaltete die Kochstelle auf die niedrigste Stufe zurück und nahm ihre Tasche von der Eckbank. »Ich bin in einer halben Stunde wieder da.«
Die Beamten warteten vor der Haustür. Mit Kommissar Schmelzer vom KK 14 hatte Hanna bereits gestern gesprochen. Ein brünetter Mann mit kleinem Bäuchlein, der gegen seine Farblosigkeit mit einer schwarz gerahmten Designerbrille ankämpfte. Er stellte seine drei Kollegen vor: Spurensicherung, Männer mit schwarzen Koffern voller Ausrüstung. Hanna schloss auf.
Schmelzer bat sie zu zeigen, wo Dominik die Wanzen gefunden hatte. Daraufhin staubte ein Mann den Heizkörper mit einem Rußpinsel ein. Offenbar suchte er nach Fingerspuren.
Hanna erkundigte sich nach dem Stand der Ermittlungen. Viel hätten die Beamten noch nicht in Erfahrung gebracht, gab Schmelzer zu. Ein Rechtsanwalt habe eine Detektei namens Urban Ermittlungen mit Hannas Überwachung beauftragt. Sie konnte sich denken, wer hinter dem Anwalt steckte.
Ihr fiel ein, wie sie dazu beitragen konnte, ihren obersten Chef an den Pranger zu stellen. Eigentlich brauchte sie nur eine Zahl.
Hanna nahm ihr Handy, ging damit hinaus auf den kleinen Balkon und rief Marita an, die Kollegin, die vor dem Sprung zu RheinBank Premium Invest stand, der geplanten Tochterfirma der RheinBank.
»Wie viel kostet Helios Investments? «, fragte Hanna ohne Umschweife.
»Das ist Betriebsgeheimnis, streng vertraulich. Sorry, Hanna, bei aller Freundschaft …«
»Ich gehöre zur Truppe, Marita. Mit mir darfst du reden.«
»Tatsächlich?«
»Kommunikationsdirektor Frantzen hat mich in den Stab geholt, der das Marketing für die neue Firma aufbauen soll. Es gibt Überlegungen, das Baby nun doch Helios zu nennen. Aber dafür bräuchte ich rasch die Summe. Als Argumentationshilfe, verstehst du? Der Preis ist doch sicher gesalzen, oder?«
Eine freche und sehr wackelige Lüge, aber Hanna fiel so rasch nichts anderes ein. Sie hatte ermittelt, was Helios In vestments in etwa wert war. Die Differenz zum Kaufpreis war die Summe, die Dingendorff für sich abzweigte – davon ging Hanna aus. Selbst wenn er das Geld als Provision rechtfertigte, würde die Staatsanwaltschaft ein solches Vorgehen als Untreue auf Kosten der RheinBank werten.
»Klar«, antwortete Marita, ganz Feuer und Flamme. »Es wäre fahrlässig, den Namen aufzugeben. Ich krieg die Summe raus und ruf dich gleich zurück … Warte – deine Nummer ist nicht auf dem Display.«
Hanna gab die Ziffern durch, beendete das Gespräch und ging wieder in die Wohnung. Ein wenig tat es ihr leid, ihre Freundin angelogen zu haben.
Ein Kriminaltechniker winkte Hanna zum Esstisch und erklärte, dass er ihre Abdrücke als Vergleichsproben bräuchte. Er presste einen Finger nach dem anderen auf ein Farbpolster und rollte die Kuppen auf die dafür vorgesehenen Felder eines Formblatts.
Im Bad schrubbte Hanna die hartnäckige Tinte wieder von den Händen. Als sie zurückkam, fiel ihr auf, dass ein Polizist ein Kästchen bediente, das über eine Antenne verfügte und ein stetes Piepsen von sich gab.
Schmelzer bemerkte Hannas Blick. »Damit spüren wir Wanzen auf«, sagte er.
»Das dachte ich mir. Aber Ihr Kollege, Kommissar Roth, hat sie bereits entfernt.«
»Vollständig?«
Hanna schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Sie meinen …«
Aus dem Piepsen wurde ein einziger langer Warnton. Der Mann mit dem Rußpinsel zog einen Stuhl heran und überprüfte die Deckenlampe. Der
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