Schwarzer Schwan
ist!«
»Paula Busch, wohnhaft in Berlin«, bestätigte Dominik. »Die mittelgroße Nummer in der Wirtschaft, wie du sie genannt hast. Ela Bachs Lieblinge sind noch nicht weiter, oder?«
»Bis heute Morgen jedenfalls nicht. Mal sehen, was sie hierzu meinen.« Anna nahm ihm das Dossier aus der Hand und blätterte.
Dominik vermutete, dass die Aufnahmen in der Hauptstadt entstanden waren. Paula Busch betrat Häuser, Läden, Cafés. Ab und zu waren andere Leute mit auf dem Bild. Die Banalität dokumentierter Beschattungsroutine, wie Dominik sie selbst von seinen Jobs für Urban Ermittlungen kannte.
Dann eine andere Stadt – eindeutig Düsseldorf.
Und eine zweite Frau im Fokus. Der Text am Seitenrand benannte Orte und Kontaktpersonen, beschrieb in kalter, professioneller Distanz, was die ›Zielperson‹ tat.
Dominik stockte der Atem.
»Muss mal rasch zur Toilette«, murmelte er und hoffte, dass Anna sich nicht über ihn wunderte.
Dominik schloss die Tür hinter sich, riss den Klodeckel hoch und schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich zu setzen. Plötzlicher Durchfall. In seinen Eingeweiden rumorte es. Er war froh, nicht auch noch kotzen zu müssen – Anna und die Wohnungsinhaberin hätten das sicher gehört. Mit einer Atemübung versuchte Dominik, sich zu beruhigen.
Durch die geschlossene Tür vernahm er, wie seine Kollegin Fragen stellte, die Lilly Oppers nur zögerlich beantwortete.
Beim Händewaschen war ihm, als verhöhne ihn der bewaffnete Nackedei auf dem Poster mit seinem Blick.
Dominiks Puls blieb weiterhin beschleunigt, als er zurückkehrte und noch einmal das Dossier zur Hand nahm.
Was zum Teufel hatte das zu bedeuten?
Freitag, 12:35 Uhr: Zielperson steigt aus dem Auto, zieht einen dunkelblauen Blazer über und geht zum Carlsplatz, wo sie einen Bund Schnittblumen kauft. Keine weiteren Kontakte.
Die Frau trug ihr dunkles Haar seitlich gescheitelt, glatt und schulterlang. Jeans und sommerliches Top. Fuhr ein rotes Volvo-Coupé. Vom Typ her ähnelte sie Nelly. Natürlich reifer – die Zielperson war älter, als Nelly hatte werden dürfen. Anfang November würde die Observierte ihren dreiunddreißigsten Geburtstag feiern, wie Dominik wusste. Er kannte auch ihre Adresse, ihren Namen.
Es war die Frau, die er letztes Wochenende selbst beschattet hatte.
Dominik zuckte zusammen, als Anna ihn ansprach.
»Kennst du sie?«
Er schüttelte den Kopf und blätterte weiter. Ein Mädchen im Teenie-Alter. Die Kleine starrte auf ihr Handy, als sage es ihr, was sie tun solle.
Noch ein paarmal das Mädchen in Großaufnahme, herangezoomt.
Dann war wieder die Dunkelhaarige zu sehen. Zielperson mit Nichte Leonie, 15 Jahre.
Auf dem letzten Bild verließ die Frau eine große Drehtür, einen schwarzen Aktenkoffer in der Hand.
»Die RheinBank-Hauptverwaltung«, stellte Dominik fest.
Anna wandte sich an die Zeugin. »Hat Ihr Freund diese Fotos gemacht?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Sie glauben?«
Lilly Oppers kniff die Lippen zusammen. Ihre Kiefermuskulatur arbeitete.
»Was hat Ihr Freund mit Paula Busch und der anderen Frau zu tun?«
»Nichts, ehrlich!«
»Wie kommen dann diese Ausdrucke in Ihre Wohnung?«
»Weil … Scheiße, weil Patrick … Er hat Leute am Flughafen beklaut. Und versucht, von ihnen Geld für die Rückgabe der Sachen zu bekommen.«
»Ach.«
»Ich habe damit nichts zu schaffen.« Die junge Frau knetete den Saum ihres T-Shirts. Die Wangen wieder knallrot.
»Der Laptop gehört also gar nicht Patrick Neidel?«
Oppers schüttelte den Kopf. Ihre Augen schimmerten feucht. Sie schniefte.
»Und diese seltsamen Fotos?«
»Stammen auch nicht von ihm.«
Dominik mischte sich ein: »Der Laptop und die Fotos – hat Patrick sie von ein und demselben Opfer geklaut?«
»Ich weiß nicht … Ich glaube, nein.«
»Geht das vielleicht etwas präziser?«
»Die Sachen stammen von zwei verschiedenen Leuten. Aber das ist alles, was ich Ihnen dazu sagen kann.«
»Sie waren am Diebstahl beteiligt, geben Sie’s zu!«
»Nein, wirklich nicht!«
»Halten Sie sich bereit, Frau Oppers«, sagte Anna ruhig. »Die Kollegen, die den Mord an Paula Busch untersuchen, werden sicher ebenfalls mit Ihnen reden wollen.«
Oppers nickte, ihr Pferdeschwanz tanzte.
Anna und Dominik verabschiedeten sich. Dominik trug den Karton mit Neidels Diebesgut zum Auto. »Wir müssen herauskriegen, wem der Laptop gehört.«
Die Kollegin schloss den Dienstwagen auf. »Die Spezialisten vom KK 42 werden das Ding rasch knacken,
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