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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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denke ich. Und dann brauchen wir noch diese zweite Frau.«
    »Ich kümmere mich darum.«
    »Das hab ich mir schon gedacht.«
    »Warum?«
    Anna verzog die Mundwinkel. »Du hast sie ja mit deinen Blicken regelrecht verschlungen. Meinst du, mir fällt so etwas nicht auf? Immer auf der Suche nach Eroberungen, was?«
    Dominik schluckte und bemühte sich um ein Schürzenjägergrinsen, damit Anna sich in ihrer Meinung bestätigt fühlen konnte.
27.
    Der Kühlschrank springt mit einem kurzen Rattern an. Bis auf eine angebrochene Wasserflasche ist nichts drin. Der Dreckskerl hat ihn ausgeräumt, als Strafe für mein ›widerständiges Verhalten‹, so hat er sich ausgedrückt.
    Ich muss pinkeln. Der Toiletteneimer stinkt. Ich bin am Ende. Kann kaum gehen. Nicht einmal die Anziehsachen hat der Kerl mir gelassen.
    Er war plötzlich wie verwandelt – er hat es einfach getan. Meinen Unterleib mit Schmerzen geimpft. Womöglich auch mit irgendeiner beschissenen Krankheit.
    Diese brutale Visage werde ich nie vergessen. Die Leberflecken auf der Schulter. Das kleine Tattoo auf dem Bauch.
    Die Polizei – sicher sucht sie schon nach mir. Beeilt euch, verdammt! Befreit mich aus diesem Loch, bevor das Dreckschwein wiederkommt!
    Der wird das sonst garantiert wieder tun.
28.
    Die Sonne schien freundlich auf Berlin herab, Mierscheids Leben ging weiter seinen Trott, aber es schien ihm nur noch die Hälfte wert.
    Im Spiegel des Aufzugs überprüfte Mierscheid noch einmal den Sitz von Frisur und Krawatte – auch am heutigen Dienstag würde es nicht zu vermeiden sein, vor die Kameralinsen aller möglichen Sender zu laufen. Die vermutlich entscheidende zweite Sitzung des Untersuchungsausschusses stand bevor. Und Lothar Mierscheid würde erneut seine Pflicht als Obmann seiner Fraktion erfüllen.
    Mach Malte fertig – Paulas Satz klang ihm fast wie ein Vermächtnis in den Ohren. Er hatte Paula am Samstag wieder verloren, und zwar endgültig.
    Der Untersuchungsausschuss war eine Farce, wie vorauszusehen gewesen war. Das Ergebnis stand von Beginn an fest. Die Koalition hielt zusammen, die SPD würde nicht querschießen. Grüne und Linke stellten im Ausschuss nur je einen Vertreter gegen neun Leute der übrigen Parteien.
    Mierscheid musste sich nicht einmal in die Aktenberge einlesen, sondern lediglich das Loblied auf die Kanzlerin und den Staatssekretär in die Mikros und Notizblöcke der Journalisten singen, Anträge der Opposition blockieren, unergiebige Zeugen laden sowie Dokumente, die Privatbanken betrafen, für tabu erklären – das übliche Verfahren, um eine Untersuchung ins Leere laufen zu lassen.
    Alle wichtigen Zeugen würden Malte Lichtenbergs Version bestätigten, denn sie waren selbst Partei: Vertreter des Ministeriums oder nachgeordneter Regierungsbehörden, Manager der Münchner Hypo Estate oder ihrer Gläubigerbanken, die aufgrund des staatlichen Einschreitens ihre eigene Zockerei zum glücklichen Ende hatten bringen können. Allein die fünf größten Privatbanken Deutschlands hätten geschätzte sechzig Milliarden Euro abschreiben müssen, wäre die MHE den Bach hinuntergegangen – natürlich erklärten deren Vertreter das Institut für systemrelevant und damit das schier unbegrenzte Anzapfen von Steuergeldern für alternativlos.
    Gestern hatte die Auftaktsitzung des Untersuchungsausschusses stattgefunden: Gut gelaunte, fast übermütig ge stimmte Bankenbosse verließen nach vierstündiger Anhörung den Europasaal im vierten Stock. Systemrelevanz, alternativlose Rettung – in sorgfältig abgestimmten Erklärungen hatten sie die Kritiker auflaufen lassen. Und wussten Mierscheids Regie zu schätzen.
    Dingendorff und Ackermann hatten ihm verstohlen das Victory – Zeichen zugewinkt.
    Mierscheid spielte seine Rolle perfekt und musste ständig an Paula denken. Was er tat, kam ihm vor wie Verrat. Paula wäre sicher enttäuscht von ihm.
    Mit lautem Rumpeln öffnete sich die Aufzugtür. Mierscheid grüßte die Putzfrau, die den Hausflur wischte. Draußen wartete bereits ein Mercedes der Fahrbereitschaft des Bundestags, den Mierscheid bestellt hatte.
    »Schicke Krawatte«, bemerkte Soltau, der Fraktionsvize, als könnte er es beurteilen.
    Mierscheid bedankte sich brav.
    Sie trugen ihre Tabletts durch den Kasino-Glaskasten im Erdgeschoss des Paul-Löbe-Hauses. Runde Holztische mit Intarsien, darüber schwebten bunte Glasballons wie überdimensional große Schnuller – wer diese Lampen in Auftrag gegeben hatte, war keinem Sparzwang

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