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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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hatten sie noch keinen Beweis für Sax’ Täterschaft im Fall Patrick Neidel gefunden. Keine Spuren eines Brandbeschleunigers an der Kleidung des Vertreters. Auch kein Benzinkanister in Auto oder Wohnung. Keine Pistole – aber kein Killer mit Köpfchen bewahrte eine Tatwaffe bei sich auf.
    Jeder Kollege der Mordkommission teilte die These. Man wollte den Fall als gelöst betrachten.
    »Dann bist du also aus dem Schneider und ich muss mir nicht länger vorwerfen, dich in Kalamitäten gebracht zu haben.«
    »Wenn, dann habe ich das allein verschuldet.«
    »Und was ist das für eine Geschichte mit dem verschwundenen Mädchen?«
    »Darf ich?« Dominik griff nach dem gerahmten Foto, das auf dem Schreibtisch stand. Es zeigte Jochen, seine Frau und die gemeinsame Tochter. Das Mädchen, um das Jochen seinen Arm gelegt hatte, richtete einen ernsten Blick in die Kamera. Lisa Urban war groß gewachsen, volle Wangen, kräftige Arme. Das dunkle Haar zum Pferdeschwanz gebunden.
    Nicht mehr Kind, noch nicht Frau.
    Dominik zog die Aufnahme hervor, die er kopiert hatte. Das Licht war anders, Leonie vom Fotografen in der Bewegung eingefangen. Als drehe sie sich im Weglaufen noch einmal um, das offene Haar vom Wind zerzaust. Verglichen mit Lisa wirkte sie vielleicht etwas reifer. Aber die klugen, wachen Augen – Dominik stellte eine gewisse Ähnlichkeit fest. Zwei Mädchen, die nicht ahnten, was die Zukunft bringen würde, aber fest entschlossen waren, alles richtig zu machen.
    »Ich gäbe alles, wenn ich wüsste, wo Lisa jetzt steckt«, sagte Jochen.
    »Hast du mal daran gedacht, dass sie vielleicht entführt wurde?«
    »Natürlich. In vier Jahren geht einem so manches durch den Kopf.«
    »Dass die Geschichte von der Weltumsegelung erfunden war und der Entführer deine Tochter gezwungen hat, diese Karten zu schreiben?«
    »Klar, auch das. Christiane und ich haben immer ausgeblendet, dass es so sein könnte. Aber ich bin mir sicher, dass sie das insgeheim auch für möglich hält. Schaurige Vorstellung, nicht wahr?«
    »Und dann fuhr der Kerl nach Amsterdam und warf die Karten dort in den Briefkasten.«
    »Es reicht jetzt.« Jochen hob abwehrend die Hände. »Nenn mich naiv, aber in meiner Hoffnung lebt sie glücklich mit ihrem Freund zusammen, egal wo sie sich jetzt aufhält.« Er stellte das Bild zurück an seinen Platz.
    »Leonie ist etwa so alt, wie Lisa es damals war«, sagte Dominik.
    »Glaubst du etwa, in dieser Stadt geht ein Mädchensammler um?«
    »Ich krieg’s raus.«
    Dominiks Mobiltelefon klingelte. Er entschuldigte sich bei Jochen, denn das Display zeigte eine Duisburger Nummer. Das Landesamt für zentrale Polizeidienste. Mit einem so raschen Rückruf hatte Dominik nicht gerechnet.
    »Hast du die Funkzellenauswertung?«, fragte er in sein Handy.
    »Ja«, meldete der Kollege. »Das Mobilteil deiner Vermissten ist eingeschaltet. Die Zelle umfasst etwa sechs Häuserblocks und erstreckt sich im Düsseldorfer Stadtteil Bilk beiderseits der Suitbertusstraße zwischen Merkurstraße im Westen und Merowinger im Osten.«
    Dominik notierte die Straßennamen. Das Areal umfasste Hannas Adresse ebenso wie die Stelle, an der er das Fahrrad gefunden hatte.
    »War’s das?«, fragte der Duisburger Kollege.
    Dominik bedankte sich und verstaute das Handy.
    »Seit wann machst du Vermisstenfälle?«, fragte Jochen.
    »Es handelt sich um die Nichte einer Zeugin. Hanna Kaul, du weißt schon.«
    Sein Freund hob die Augenbrauen. »Hat sie dich etwa an den Eiern, die hübsche Bankerin? Vorsicht, mein Junge.«
    »Ich tu’s auch für dich.« Er drückte Jochens Schulter, griff nach dem Wanzensuchgerät und wandte sich zum Gehen.
    »Übrigens, Dominik …«
    »Ja?«
    »Du wirst Minisender bei Hanna Kaul finden. Drei Stück.«
42.
    Mierscheid wischte sich über die Stirn und spürte, wie ihm die Schweißtropfen über Brust und Rücken liefen. Er hatte sich zu Fuß auf den Weg gemacht. Selbst an einem Spätnachmittag im Sommer wirkte die Gegend auf ihn grau und schmuddelig – typisch für diesen Moloch von Stadt, wie er fand.
    Von der Friedrichstraße führten ein paar Stufen zum Spreeufer hinunter. Ein blondes Mädel empfing Mierscheid am Eingang des Grill Royal und fragte, ob er reserviert habe.
    Drinnen gab es dunkles Parkett, Vitrinen voller Weinflaschen, eckige Sitzbänke und anthrazitfarbene Polstersessel – leer bis auf Helmut Frantzen, der an einem Ecktisch Brot in Olivenöl tunkte.
    Mierscheid merkte, wie hungrig er war. Er durchquerte

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