Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
erschossen hatte und in Wirklichkeit ein anderer Mensch war, als sie gedacht hatte.
Also blieb nur der direkte Weg der Konfrontation übrig. Sie robbte weiter, hörte das schleifende Geräusch von Brunos totem Körper auf den Fliesen, als ihn Pierre nach hinten zog. Sie sah Brunos Pistole auf den Fliesen liegen und im Licht des kalten Mondes verheißungsvoll leuchten. Mit angehaltenem Atem schob sich Stella langsam vorwärts, streckte ihre Arme aus, konnte die Waffe aber noch nicht erreichen. Pierre hielt für einen kurzen Moment inne, wischte sich den Schweiß von der Stirn, beugte sich dann wieder hinunter, fasste Bruno unter den Achseln, um ihn weiter ins Dunkel der Arkaden zu zerren. Jetzt war der Griff der Pistole nur noch einige Zentimeter entfernt und Stella nahm allen Mut zusammen und packte sie. Sie sprang auf, drehte sich herum und zielte genau auf Pierre, der den toten Bruno zu Boden sinken ließ und Stella belustigt von oben bis unten musterte.
„Halt oder ich schieße!“, rief Stella und bemühte sich, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.
„Bleib stehen, sonst schieß ich dich nieder!“
„Ist ja schon gut, ich rühre mich nicht. Kannst du überhaupt mit einer Waffe umgehen, Stella?“ Pierre lächelte sie charmant an, doch seine tief liegenden schwarzen Augen glommen vor verhaltener Wut. Bei diesem Blick lief Stella ein kalter Schauer über den Rücken, aber sie hielt die Waffe weiterhin auf Pierre gerichtet.
„Bruno hat mir das Schießen beigebracht! Ich würde es nicht darauf ankommen lassen!“, zischte sie und machte mit der Pistole eine Bewegung. „Los, geh zurück, setz dich auf den Brunnenrand.“
„Du kannst mich gar nicht erschießen. Du musst wissen, dass ich unsterblich bin.“ Langsam begann Pierre, den rechten Ärmel seines Hemdes hochzukrempeln und Stella sah das Gitterwerk an Narben, das seinen rechten Unterarm durchzog und im Mondlicht wie ein geometrisches Muster wirkte.
„In meinen Adern fließt schwarzes Blut. Das Gift der Skorpione hat mich unsterblich gemacht, Stella.“ Langsam zog er ein kurzes Messer aus seiner Combathose.
„Leg das Messer hin!“, kreischte Stella und fuchtelte mit der Pistole auf und ab. „Leg das Messer auf den Boden!“
Doch Pierre schien sie nicht zu hören. Wie in Trance schnitt er mit dem Messer über seinen Unterarm und betrachtete verzückt das Blut, das aus der Wunde quoll.
„Schwarzes Blut!“, rief er ekstatisch. „Das schwarze Blut der Skorpione!“ Er ließ das Messer zu Boden fallen und streckte Stella seinen blutenden Arm entgegen. „Das ist das Blut der Unsterblichkeit, das durch meine Adern fließt, ma petite Stella!“ Seine schwarzen Augen waren starr auf sie gerichtet, schienen sie zu hypnotisieren.
„Los, gib mir die Waffe und mach alles nicht noch schlimmer!“, befahl er und hielt ihr auffordernd seine Hand entgegen.
„Setz dich verdammt noch einmal auf den Brunnenrand!“, schrie Stella, die trotz der kühlen Nacht schweißüberströmt war und gleichzeitig mit den Zähnen klapperte. „Sonst drücke ich ab! Ich meine das ernst!“
„Du kannst mich nicht töten. Du hast noch nie einen Menschen getötet. Ich aber habe schon viele Menschen getötet.“ Etwas Lauerndes lag jetzt in der Stimme von Pierre. „Was denkst du, wer von uns beiden als Sieger zurückbleibt. Du oder ich?“
„Setz dich auf den Brunnenrand!“, schrie Stella mit überkippender Stimme, umfasste jetzt die Pistole, die immer schwerer wurde und ihren Arm nach unten zog, mit beiden Händen.
„Es kann immer nur einen Sieger geben, Stella“, seufzte Pierre und machte einen Schritt auf sie zu.
Stella kreischte vor Angst laut auf. Als Pierre auf sie zusprang, kniff sie die Augen zusammen und drückte ab.
7. Marrakesch – Platz Djemaa el Fna
Tag 2, abends
David Stein war erst vor wenigen Stunden mit einem Privatjet in Marrakesch angekommen, hatte sich in einer winzigen Pension in der Medina in der Nähe des zentralen Platzes Djemaa el Fna einquartiert und war sofort zu seiner Kontaktperson aufgebrochen. Davids Verbindungsmann in Marrakesch war ein deutscher Geschäftsmann namens Neumann, der ein kleines Reisebüro, „Morroc Travel“, führte und für Touristen Individualreisen in das Atlasgebirge und die Sahara organisierte. Das Reisebüro diente allerdings nur zur Tarnung, denn Neumann war ein altgedienter Agent der „Abteilung“. Neumann hatte das Gerücht gehört, dass sich der Schwarze Skorpion in den Bergen außerhalb von
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