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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Staaten. Um seine Ausreise brauchte man sich keine Gedanken zu machen, denn die Explosion würde ihn zerfetzen. Doch davon wußte Awad nichts. Man hatte ihm nichts weiter gesagt, als daß er sich bei Muhammad Fasil melden und dessen Weisungen ausführen müsse. Und um ihm die Illusion zu geben, daß er mit heiler Haut davonkäme, mußte man ihm einen ausgearbeiteten Fluchtplan sowie die dazu erforderlichen Papiere aushändigen.
Am 31. Dezember, dem Tag nach Awads Entlassung aus dem Gefängnis, wurden sein libyscher Reisepaß, mehrere neue Fotos und Proben seiner Handschrift in einer kleinen Druckerei in Nikosia abgegeben.
Das Zusammenstellen einer ›Szene‹ - eines ganzen Satzes sich gegenseitig bestätigender Papiere wie Reisepaß, Führerschein, neuere Korrespondenz mit entsprechenden Poststempeln, quittierte Rechnungen - ist für die Fälscher im Westen ein relativ neues Verfahren, das eigentlich erst entwickelt wurde, seit der Rauschgifthandel so viel abwirft, daß man sich eine so kostspielige Prozedur leisten kann. Im Nahen Osten statten die Fälscher ihre Kunden bereits seit Generationen mit solchen ›Szenen‹ aus.
Der Fälscher in Nikosia war bekannt dafür, daß er vortreffliche Arbeit leistete. Er belieferte auch die Israelis mit libanesischen Blanko-Pässen - die Einzelheiten trugen die Israelis selber ein. Und er verkaufte Informationen an den israelischen Geheimdienst.
Die Libyer verlangten diesmal allerhand - zwei Reisepässe, einen italienischen mit einem US-Einreisestempel und einen portugiesischen. Dafür feilschten sie aber auch nicht um den Preis. Und was der einen Seite soviel Geld wert ist, ist oft der anderen Seite ebensoviel wert, dachte der Fälscher und zog sich den Mantel an.
Noch war keine Stunde vergangen, da wußte man in Tel Aviv bereits, wer Awad war und wer er werden sollte. Der Prozeß gegen Awad hatte in Bengasi erhebliches Aufsehen erregt. Ein Mossad-Agent brauchte daher bloß in den libyschen Zeitungen nachzulesen, über welche besonderen Qualitäten und Fähigkeiten Awad verfügte.
In Tel Aviv setzte man das Puzzle zusammen. Awad war ein hochqualifizierter Hubschrauberpilot, der unter falschem Namen in die Vereinigten Staaten einreisen und sie unter einem anderen Namen wieder verlassen sollte. Das Ferngespräch mit Washington dauerte 45 Minuten.

22
    A M N ACHMITTAG DES 30. D EZEMBER begann man mit einer gründlichen Durchsuchung des Tulane-Stadions in New Orleans, wo am nächsten Tag das Sugar Bowl-Spiel stattfinden sollte. Ähnliche Durchsuchungen waren für den 31. Dezember in den Stadien in Miami, Dallas, Houston, Pasadena angesetzt - in allen Stadien, wo am Neujahrstag wichtige Footballspiele zwischen College-Mannschaften ausgetragen werden sollten.
    Kabakov war erleichtert, daß die Amerikaner endlich ihren mächtigen Apparat gegen die Terroristen aufboten. Aber er mußte grinsen, wenn er daran dachte, wie es dazu gekommen war. Es war wieder einmal typisch für die Bürokratie. FBI-Direktor Baker hatte am vergangenen Nachmittag sogleich nach seinem Gespräch mit Kabakov und Corley eine Konferenz der führenden Männer des FBI, der National Security Agency und des Secret Service einberufen. Kabakov saß ganz vorn und fühlte so manchen skeptischen Blick auf sich ruhen, als die versammelten Beamten einer nach dem anderen darauf hinwiesen, wie schwach die Indizien seien - nur das Heft einer Zeitschrift, das einen Artikel über das Super Bowl-Spiel des letzten Jahres enthielt. Und darin war nicht einmal etwas unterstrichen.
    Als Corley die Theorie von dem bevorstehenden Anschlag auf das Super Bowl-Spiel in New Orleans vortrug, bemühten sich die führenden Männer von FBI und NSA nach Kräften, einander an Skepsis zu übertreffen.
    Nur die Vertreter vom Secret Service, Earl Biggs und Jack Renfro, schwiegen. Kabakov hielt sie für die humorlosesten Menschen, denen er je begegnet war. Verständlich, dachte er. Sie hatten ja auch wirklich nichts zu lachen.
    Kabakov wußte, daß die hier versammelten Männer alles andere als beschränkt waren. Jeder von ihnen hätte sich einer ausgefallenen Theorie gegenüber aufgeschlossener verhalten, wäre er damit unter vier Augen vertraut gemacht worden. In Gesellschaft Gleichgestellter pflegen Männer zwei unterschiedliche Reaktionen zu haben - eine echte und eine zum vorzeigen. Und da gleich zu Beginn der Konferenz Skepsis herrschte, änderte sich daran auch nichts, als Corley seinen Vortrag hielt.
    Dieses Herdenprinzip wirkt aber auch in

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