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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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wieder, schrieb sie. Und den Kindern gehe es gut. Sie hatte ein Foto in den Brief gelegt: Margaret und die Kinder vor dem Haus. Die Kinder waren größer geworden. Margaret hatte ein wenig zugenommen. Im Vordergrund sah man den Schatten der Person, die das Bild aufgenommen hatte. Es war ein sehr langer, breiter Schatten. Er fiel auf die Beine der Fotografierten. Lander überlegte, wer wohl das Foto gemacht hatte. Er blickte mehr auf den Schatten als auf seine Frau und seine Kinder.
    Am 15. Februar 1973 wurde Lander in Hanoi an Bord einer C141 der Air Force der Vereinigten Staaten gebracht. Ein Sanitäter schnallte ihn an. Er warf keinen Blick aus dem Fenster.
    Colonel DeJong befand sich auch in der Maschine, aber er war kaum wiederzuerkennen. Sein Nasenbein war gebrochen und die Zähne waren ihm ausgeschlagen worden, als er in den letzten zwei Jahren seinen Leuten ein Beispiel für passiven Widerstand gegeben hatte. Jetzt gab er ihnen wieder ein Beispiel, indem er Lander ignorierte. Wenn Lander es bemerkte, so ließ er es jedenfalls nicht erkennen. Er war ausgemergelt und blaß und mußte in jedem Augenblick auf einen neuen Malariaanfall gefaßt sein. Der Arzt der Air Force an Bord der Maschine hatte ein wachsames Auge auf ihn. Ein Wagen mit Erfrischungen fuhr ständig den Gang auf und ab.
    Mit dem Flugzeug waren einige Offiziere nach Hanoi gekommen, die auf dem Rückflug mit den Kriegsgefangenen reden sollten, falls diese reden wollten. Einer dieser Männer saß neben Lander. Lander wollte nicht reden. Der Offizier machte ihn auf den Wagen mit den Speisen und Getränken aufmerksam. Lander ließ sich ein Sandwich geben und biß hinein. Er kaute ein paarmal, dann spuckte er den Bissen in seine Brechtüte. Er schob das Sandwich in seine Jackentasche. Dann nahm er noch ein Sandwich und schob es auch in die Jackentasche.
    Der Offizier war drauf und dran, Lander zu versichern, daß er reichlich zu essen bekommen werde, beschloß dann aber, es nicht zu tun. Er klopfte Lander auf den Arm. Keine Reaktion.
    Die Air Force-Basis Clark auf den Philippinen. Eine Musikkapelle spielte, und der Kommandant des Luftstützpunkts war erschienen, um die Männer zu begrüßen. Fernsehkameras warteten. Colonel DeJong sollte als erster das Flugzeug verlassen. Er ging durch den Mittelgang zur Kabinentür, sah Lander und blieb stehen. Eine Sekunde lang blitzte Haß aus DeJongs Augen. Lander sah unwillkürlich auf und wandte rasch das Gesicht ab. Er zitterte. DeJong öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, doch dann wurde sein Ausdruck eine Spur milder, und er ging weiter, den Hurrarufen und der Sonne entgegen.
    Lander wurde ins St. Alban’s Hospital, das Navy-Krankenhaus in Queens, gebracht. Dort begann er Tagebuch zu führen
- ein Unternehmen, das er bald wieder aufgeben sollte. Er schrieb sehr langsam und sorgfältig. Er fürchtete, wenn er schneller schriebe, könne ihm die Feder davonlaufen und etwas niederschreiben, was er nicht lesen wollte. Hier die ersten vier Eintragungen:
St. Alban’s, 2. März 1973
    Ich bin frei. Margaret hat mich in der ersten Woche täglich besucht. In dieser Woche ist sie dreimal gekommen. An den anderen Tagen mußte sie die Kinder der Nachbarschaft zur Schule fahren und wieder abholen. Margaret sieht gut aus, aber nicht so, wie ich sie drüben in Erinnerung hatte. Sie macht einen sehr zufriedenen Eindruck. Zweimal hat sie die Kinder mitgebracht. Heute waren sie wieder hier. Sie saßen da und sahen mich an und sahen sich im Zimmer um. Ich behielt meine Hand unter der Decke. Es gibt im Krankenhaus nur wenig Abwechslung für sie. Sie können in den Erfrischungsraum gehen und eine Coke trinken. Ich muß daran denken, mir etwas Kleingeld zu besorgen. Margaret mußte ihnen das Geld für die CocaCola geben. Ich nehme an, ich sehe für die Kinder wie ein Fremder aus. Margaret ist sehr nett und geduldig mit ihnen, und sie gehorchen ihr. Ich habe letzte Nacht wieder vom »Wiesel« geträumt und war etwas abwesend, als ich heute mit ihnen sprach. Margaret hält die Unterhaltung in Gang.
    St. Alban’s, 12. März 1973
    Die Ärzte sagen, ich hätte Malaria tropica (deren Erreger Sporentierchen mit dem Namen Plasmodium falciparum sind), und das sei der Grund, weshalb die Anfälle so unregelmäßig auftreten. Man gibt mir Paludrin, aber es wirkt nicht sofort. Heute hatte ich einen Fieberanfall, während Margaret hier war. Sie trägt ihr Haar jetzt ganz kurz geschnitten. Es paßt nicht unbedingt zu ihr, aber es riecht

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